Duisburg. Ungewöhnlich starke Unwetter gefolgt von extremer Hitze: Die Klimakrise verändert Duisburg. Die Stadt will sich anpassen. Aber reichen die Maßnahmen?

Die Klimakrise verändert Duisburg – wie stark, zeigen nicht nur die überfluteten Straßen, Wasserfälle in U-Bahnstationen und Unwetterschäden an Autos in den vergangenen Monaten, sondern auch Daten von Quarks und dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV). Um den absoluten Worst Case zu vermeiden, müssen Stadt und Land jetzt dringend handeln.

Einige Maßnahmen hat Duisburg bereits getroffen, um sich den immer häufiger auftretenden Extremwetterlagen anzupassen. Was noch konkret für die Zukunft geplant ist – und ob das reicht.

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1. Extreme Hitze: Mit diesen Maßnahmen will Duisburg vorsorgen

Hitze

Ab 30 Grad Höchsttemperatur gilt ein Tag als Hitzetag. Die Anzahl solcher Tage ist in den vergangenen 30 Jahren in Duisburg gestiegen – um 60 Prozent. Zwischen 1991 und 2022 gab es 329 Hitzetage, zwischen 1961 und 1990 waren es noch 205. Im Schnitt ist die Anzahl von sieben auf zehn bis elf Tage pro Jahr gestiegen.

Auch die durchschnittliche Lufttemperatur ist angestiegen. Zwischen 1881 und 1910 lag sie bei 9,4 Grad, mittlerweile liegt sie schon bei 11,2 Grad. Zudem waren die letzten beiden Jahre in Duisburg die wärmsten seit 1951. Gleichzeitig gibt es seit den 70ern immer öfter Jahre ohne Eistage.

Als wirksamste Maßnahmen gegen Hitze gelten Beschattung und Entsiegelung. „Im gesamten Stadtgebiet sind zahlreiche Maßnahmen geplant, die das Ziel haben, Flächen zu entsiegeln“, lautet es dazu von Seiten der Stadt. Ein Beispiel dafür sei etwa der Stadtpark Hocheide, der künftig da entstehen soll, wo bereits zwei der Weißen Riesen gesprengt worden sind. Das Problem: Gleichzeitig wird an anderer Stelle weiter versiegelt, beispielsweise im Neubaugebiet Sechs-Seen-Wedau.

Zwar ist es in Neubaugebieten deutlich einfacher, Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen, trotzdem führt die weitere Bebauung zu mehr Wärmeinseln – also Orte in der Stadt, die deutlich wärmer sind als das kühlere Umland. Eine Karte der Stadt Duisburg zeigt, dass es bis 2100 immer mehr Wärmeinseln in Duisburg geben soll. Vor allem die Stadtmitte wird demnach betroffen sein.

Duisburgs Wärmeinselbereiche 2022 (links) vs. 2100: Die Stadt rechnet damit, dass künftig mehr und vor allem intensivere Wärmeinseln entstehen.
Duisburgs Wärmeinselbereiche 2022 (links) vs. 2100: Die Stadt rechnet damit, dass künftig mehr und vor allem intensivere Wärmeinseln entstehen. © Stadt Duisburg

Um dem entgegenzuwirken, hilft neben Entsiegelung auch das Pflanzen von Bäumen. Allerdings haben in erster Linie die alten Bäume eine kühlende Wirkung – deren Fällungen sorgen in Duisburg aber immer wieder für Unmut. Die Stadt achte zwar „auf eine ausgeglichene Baumbilanz“ – für jeden gefällten Baum wird also mindestens ein neuer gepflanzt –, aber bis junge Bäume sich positiv auf das Stadtklima auswirken, bedarf es ausreichend Pflege und vor allem Zeit.

Um außerdem hitzebedingte Todesfälle und Krankheiten zu verringern, entwirft die Stadt aktuell einen Hitzeaktionsplan. Im Fokus: Gezielte Kommunikation mit gefährdeten Gruppen wie Senioren, um diese rechtzeitig auf Hitzewellen vorzubereiten.

2. Starkregen und Hochwasser: Das plant Duisburg

Starkregen und Hochwasser

Zwischen 2001 und 2020 war Duisburg von 33 Starkregenereignissen der Warnstufe 3 (von 4) betroffen. 2023 ist in Duisburg außerdem so viel Niederschlag wie seit 1966 nicht mehr gefallen.

Generell tritt Starkregen in Großstädten nicht im gesamten Stadtgebiet und mit unterschiedlicher Intensität auf. Verzeichnet Duisburg also eine hohe Anzahl Starkregenereignisse, lässt das nicht direkt auf ein hohes Starkregen-Risiko schließen. Nehmen die Ereignisse aber über mehrere Jahre hinweg zu, schon.

Duisburger mit Wohnsitz in Rheinnähe sind dabei besonders gefährdet. Denn kommt es zu Starkregenereignissen während der Schneeschmelze im Frühjahr, besteht Hochwassergefahr. Nach Angaben der Stadt laufen die ersten Keller ab einem Pegelstand von neun Metern voll.

Entsiegelung ist nicht nur wirksam gegen Hitze, sondern auch gegen Starkregen. Kann das Regenwasser einfach im Boden versickern, entlastet das die Kanalisation. Im besten Fall wird das Wasser in unterirdischen Speichern gesammelt, um in Trockenphasen damit Pflanzen zu bewässern – Stichwort: Schwammstadt.

Auf Schwammstadtprinzipien setzt Duisburg bei Neubaugebieten, etwa bei 6-Seen-Wedau und dem künftigen Stadtpark Hochheide – am Alten Angerbach seien entsprechende Maßnahmen bereits umgesetzt worden. In bestehenden Siedlungen ist die Umsetzung aber eher schwierig.

Nach einem heftigen August-Unwetter mit Sturm, Regen und Hagel ist die Karlstraße in Ruhrort überschwemmt. Viele Autos sind dabei stark beschädigt worden.
Nach einem heftigen August-Unwetter mit Sturm, Regen und Hagel ist die Karlstraße in Ruhrort überschwemmt. Viele Autos sind dabei stark beschädigt worden. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Zukünftig will die Stadt außerdem ihr Hochwassermanagement anpassen. Zuvor war das Hauptziel der Ausbau und die Wartung der Deiche. Künftig soll es aber auch darum gehen, Hochwasser generell „möglichst zu vermeiden“. Das gehe mit Aufforstung und Renaturierung in Hochwasserentstehungsgebieten. In Duisburg werde dafür seit einigen Jahren der Rheindeich in Mündelheim zurückverlegt: „Dadurch erhält der Rhein bei Hochwasser mehr Raum, sich auszubreiten.“

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3. Dürre: Duisburgs geringstes Klima-Problem

Dürre

Ein Dürremonat gilt als solcher, wenn mehr als die Hälfte einer Region von Dürre im Gesamtboden – also bis 1,80 Meter Tiefe – betroffen ist. Davon gab es in den letzten 30 Jahren 85 in Duisburg – 2019 galten sogar alle zwölf Monate als Dürremonat. Seit 1991 ist die Anzahl der Dürremonate im Vergleich zu den 30 Jahren davor um 66 Prozent gestiegen.

Dürre gehört zu den Extremwetterlagen, die am schwierigsten mit dem Klimawandel in Verbindung zu bringen sind. Aber: der Leipziger Klimawissenschaftler Dr. Karsten Haustein hält die Dürre von 2018 bis 2020 sowie die im Jahr 2022 für einen Beleg, dass „das Risiko von Dürreperioden drastisch zunehmen wird“.

Bisher stand in Duisburg auch in sehr trockenen Phasen ausreichend Grundwasser zur Verfügung. Regelungen zur Beschränkung der Wassernutzung für den Garten oder Pool seien daher aktuell nicht geplant. Als einzige konkrete Maßnahme nennt die Stadt hier das Anpflanzen von dürre- und hitzeresistenten Pflanzen.

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Fazit: Klimaschutz in Duisburg – reicht das?

„Wir wissen jetzt ziemlich genau, wie sich der Klimawandel in NRW auswirkt“, fasst LANUV-Präsidentin Elke Reichert die Lage zusammen. Die Expertin erklärt, dass vor allem Flächen entsiegelt, der Hochwasserschutz verbessert und Gebäude, Wälder und Grünflächen an die neuen Klimabedingungen angepasst werden müssen. Grundsätzlich hat Duisburg also schon die richtigen Maßnahmen ergriffen. Aber der Umfang reiche lange nicht aus.

Denn die Auswertungen des LANUV zeigen auch, dass die jetzigen Maßnahmen die Erwärmung nicht einmal auf 3,2 Grad begrenzen. Die Zahlen beziehen sich zwar auf ganz NRW, lassen sich aber auch auf Duisburg herunterbrechen: Die Stadt gehört zu den Kommunen, die laut LANUV am stärksten von Klimaänderungen betroffen sein werden. Damit der beste Fall eintritt – eine Erwärmung von höchstens 2,3 Grad –, müsse „umgehend was passieren“, so Reichert. Politische Entscheidungen müssen sich stets am Worst-Case-Szenario orientieren – das sei die beste Vorsorge.

Duisburgs Warming Stripes von 1850 bis 2023: Jeder Streifen steht für die Durchschnittstemperatur eines Jahres. Dunkelblaue Streifen stehen für eine niedrige, rote für hohe Durchschnittstemperaturen. (Grafik erstellt von Professor Ed Hawkins, University of Reading).
Duisburgs Warming Stripes von 1850 bis 2023: Jeder Streifen steht für die Durchschnittstemperatur eines Jahres. Dunkelblaue Streifen stehen für eine niedrige, rote für hohe Durchschnittstemperaturen. (Grafik erstellt von Professor Ed Hawkins, University of Reading). © University of Reading / Show Your Stripes

Fakt ist aber auch: Klimaschutzmaßnahmen „werden viel Geld kosten“. So fasst es das LANUV in seinem aktuellen Klimabericht zusammen. Das stellt nicht nur Duisburg, das jahrelang mit einem Nothaushalt wirtschaften musste, vor Herausforderungen, sondern Kommunen deutschlandweit. Gleichzeitig seien aber langfristig gesehen jene Kosten, die durch die Klimakrise entstehen, deutlich höher als rechtzeitig umgesetzte Maßnahmen.