Duisburg. Verkauf oder Schließung sind die Optionen für die Hüttenwerke Krupp-Mannesmann. Das ist über Gespräche mit einer Hamburger Gesellschaft bekannt.
Der Betriebsrat der Hüttenwerke Krupp-Mannesmann (HKM) sieht in einem Verkauf des Unternehmens eine Chance, die Zukunft von Duisburgs zweitgrößtem Stahl-Standort über die Restlaufzeit der beiden Hochöfen hinaus zu sichern.
„Allerdings müssen die Bedingungen stimmen“, betont der Vorsitzende des Betriebsrats, Marco Gasse. „Wir hoffen jetzt auf einen fairen Verkaufsprozess und eine zügige Entscheidung, die unserer Belegschaft Sicherheit gibt.“
HKM: Hamburger Beteiligungsgesellschaft an Duisburger Hütte interessiert
Vor einem Monat hatte Mehrheitseigner Thyssenkrupp Steel Europe (TKSE) ein Angebot der CE Capital Partners bestätigt. Die Hamburger Beteiligungsgesellschaft habe Interesse an einem Erwerb der HKM bekundet. Dem Präsidium des Aufsichtsrates von TKSE habe der Investor bereits ein industrielles Konzept erläutert, berichtete der stellvertretende Vorsitzende des Gremiums, Detlef Wetzel (IG Metall), dieser Redaktion. Thyssenkrupp Steel, so Wetzel weiter, habe „ein großes Interesse daran, einen Käufer für die HKM zu finden.“
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Mit einem Verkauf hätte Thyssenkrupp, das seine jährliche Produktion von bisher 11,5 Millionen Tonnen um 2 bis 2,5 Millionen Tonnen senken will, gleich zwei Probleme weniger. Weil der Vorstand die Kapazitäten von TKSE und HKM zusammen betrachtet, wäre der Abbau leichter darzustellen, außerdem würde er sich der Verantwortung für die Umstellung der HKM auf eine CO2-arme Produktion entledigen.
Milliardenschwere Investition für Transformation im Duisburger Süden
Zwar hatten die HKM-Gesellschafter (TKSE, Salzgitter und Vallourec) Geld bereitgestellt für die Planung einer Direktreduktionsanlage (DRI), wie sie im Duisburger Norden gebaut wird. Eine Investitionsentscheidung blieb aber aus. Der Technologiewechsel ist entscheidend für die Sicherung der Zukunft der HKM. Denn der Hochofen A erreicht 2028 das Ende seiner Laufzeit, die Reise von Hochofen B endet spätestens Mitte der 2030er Jahre.
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Deshalb sei CE Capital Partners nur bei einem negativen Kaufpreis zu einem Einstieg bereit, heißt es. Das sei angesichts der erforderlichen milliardenschweren Investition nachvollziehbar, findet Marco Gasse: „Außerdem würde ein Käufer weitere finanzielle Verpflichtungen übernehmen.“
Dass Thyssenkrupp weder willens noch in der Lage ist, die Transformation des Hüttenwerks im Stadtsüden zu finanzieren, ist für den Betriebsratsvorsitzenden keine überraschende Erkenntnis: „TKSE hat kein Interesse an uns. Du verkaufst nichts, was du behalten willst.“
Grüner Wasserstoff: Zweifel an Verfügbarkeit und Preis
Dem Vernehmen nach setzen die Hamburger allerdings nicht auf eine DRI-Anlage, wie sie im Duisburger Norden geplant ist, sondern auf den Bau von Elektro-Öfen. Diese Option hatte auch die HKM zu Beginn der Planung geprüft, aber verworfen. Dabei spielt nicht nur das Geld eine Rolle: Auch bei Arcelor Mittal, das bereits über einen Förderbescheid für die Transformation seines Werks in Eisenhüttenstadt hat, sei die Entscheidung für eine DRI-Anlage noch nicht gefallen, bestätigt ein Arcelor-Sprecher auf Anfrage. Der Grund: In der Branche wachsen Zweifel, ob grüner Wasserstoff beizeiten in ausreichender Menge und zu einem Preis zur Verfügung steht, der eine wettbewerbsfähige Produktion von grünem Stahl ermöglicht.
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Eine Umplanung sei möglich, ist Marco Gasse sicher. „Wir haben gute Ingenieure.“ Mehr Sorge macht ihm die Zeit. Anlagen müssen bestellt und gebaut werden. Ob und in welcher Höhe es eine staatliche Förderung gibt, ist zu ungewiss. Die Politik stellt eine Unterstützung über die Klimaschutzverträge in Aussicht. Für die erste Förder-Runde waren nur mittelständische Unternehmen zugelassen.
Marco Gasse: Ziel muss „Best fair Owner“-Vereinbarung sein
Zunächst muss aber der Einstieg des Investors erfolgen. Der Betriebsrat erwartet nun eine vertiefte Prüfung des Angebots (Due Diligence). „Ich gehe davon aus, dass es ein industrielles Konzept gibt, dass die Transformation beinhaltet“, sagt Marco Gasse. Ziel müsse eine „Best fair Owner“-Vereinbarung sein, die auch eine Sicherung der rund 3000 Arbeitsplätze der HKM und den Erhalt der Montan-Mitbestimmung beinhaltet.
Der Betriebsrat bereitet seinerseits eine Kommission vor, die den Verkaufsprozess begleiten wird und hat sich die Dienste einer Unternehmensberatung gesichert, um das Angebot zu prüfen und den Betriebsrat in den weiteren Verhandlungen zu unterstützen.
Betriebsrat: Unsere Spezialisierung interessiert Investoren
Durch einen Verkauf an die Hamburger würde die HKM nicht mehr ausschließlich die von seinen Gesellschaftern bestellte Mengen produzieren, sondern als eigenständiges Unternehmen seine Produkte selbst vermarkten. Auf dem Weg dahin sind noch viele Fragen offen. „Angefangen bei der Gesellschaftsform, die wir künftig haben werden“, sagt Marco Gasse.
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Für den Betriebsratsvorsitzenden gibt es gute Gründe, an eine erfolgreiche Zukunft des Hüttenwerks zu glauben. „Die HKM sind wie eine Apotheke mit mehr als drei Millionen Euro Umsatz pro Jahr. Wir können vieles. Hier werden 2000 Stahlgüten produziert, diese Spezialisierung interessiert den Investor.“
„Wichtig ist der Erhalt der Arbeitsplätze im Duisburger Süden“
Die industrielle Transformation biete wirtschaftliche Chancen, sagt Gasse. „Dazu braucht man Rohre, für die wir die Brammen liefern.“ Die Politik tue gut daran, diese Kompetenz zu erhalten und keine Abhängigkeiten zu riskieren. „Es gibt in Europa nur noch zwei Hersteller von Rohren.“ Auch Thyssenkrupp Steel benötige die Produkte der HKM. „Wir machen Dinge, die sie nicht können.“
Es gelte nun, zügig an einer Einigung mit CE Capital Partners zu arbeiten, die dem Hüttenwerk die Transformation ermöglicht, sagt Gasse. „Welcher Name am Ende über dem Tor steht, das ist mir egal. Wichtig ist die Sicherheit für die Belegschaft und der Erhalt der Arbeitsplätze im Duisburger Süden.“
SIGMAR GABRIEL: SCHLIESSUNG, FALLS VERKAUF NICHT GELINGT
- Der Verkauf der Hüttenwerke Krupp Mannesmann sei ein wesentlicher Bestandteil des künftigen industriellen Konzepts von Thyssenkrupp Steel (TKSE), sagte der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Sigmar Gabriel, nach der Sitzung des Gremiums am Freitag, 9. August.
- „Sollte das Verkaufs-Szenario der HKM nicht umsetzbar sein, arbeitet Thyssenkrupp Steel an einer einvernehmlichen ,Close‘-Lösung für die HKM“, so Gabriel weiter. Einen Zeitpunkt nannte der ehemalige SPD-Chef und Vizekanzler nicht.
- Damit bestätigt der Konzern erstmals, dass er eine Schließung erwägt. Bislang hatte TKSE lediglich Gespräche mit CE Capital Partners über einen Verkauf bestätigt. Für beide Optionen ist eine Verständigung mit den beiden weiteren Anteilseignern Salzgitter AG (30%) und Vallourec (20%) erforderlich.
- Nach ihrer Wahrnehmung habe CE Capital Partners ein Eigeninteresse an HKM und sei nicht an einem schnellen Weiterverkauf interessiert, so Gabriel und Wetzel auf Nachfrage. Der Investor sehe wohl in Mengen, die aus Russland und der Ukraine nicht mehr geliefert werden, eine Marktchance für die Duisburger Hütte.
- Die Hamburger schon einmal in der Stahlbranche in Erscheinung: 2021 übernahmen sie die Mülheimer Friedrich-Wilhelms-Hütte, verkauften die Stahlgießerei aber nur ein Jahr später weiter an den Rüstungskpnzern Kraus-Maffei Wegmann (KMW)