Duisburg. Alle Duisburger Bibliotheken haben bald sieben Tage die Woche, (fast) rund um die Uhr geöffnet. So soll das neue System funktionieren.
Ein kleines Gedankenspiel: Sonntag, 14 Uhr, das Mittagessen ist so langsam verdaut und die Langeweile schleicht sich ein. Netflix ist längst leergeguckt und jedes Buch daheim gelesen. Da könnte jetzt natürlich die Duisburger Stadtbibliothek Abhilfe schaffen. Wenn es denn nicht Sonntag wäre.
Doch es winkt die Katharsis in diesem geradezu aristotelischen Drama: Die Duisburger Stadtbibliothek will all ihre Standorte in der ganzen Stadt zu „Open Libraries“ umbauen, zu „offenen Bibliotheken“. Das Konzept ist schnell erklärt, wer einen Bibliotheksausweis hat, kann von montags bis sonntags jede Zweigstelle betreten, Medien zurückbringen und ausleihen, vor Ort lesen oder arbeiten, zwischen 7 und 22 Uhr, ganz gleich, ob Mitarbeiter vor Ort sind. Das Modell hilft auch dann, wenn eigentlich zu wenig Personal wegen Krankheit und Urlaub vor Ort wäre, um die Bibliothek zu öffnen.
Drei bestehende Open Libraries in Duisburg größtenteils gut angenommen
„Die Räumlichkeiten und die Medien sind ja da“, sagt Jan-Pieter Barbian, Direktor der Stadtbibliothek, „warum sollen wir sie den Menschen dann nicht zur Verfügung stellen, auch wenn kein Personal vor Ort ist?“ Barbian kann schon auf gewisse Erfahrungswerte zurückgreifen, die Stadtteilbibliotheken Wanheimerort (seit 2022), Vierlinden (2023) und Beeck (Januar 2024) sind schon Open Libraries.
Aktuelle Zahlen zeigen, dass das Konzept in Wanheimerort und Vierlinden ausgesprochen gut angenommen wird, dort wurden im ersten Halbjahr 2024 31.116 beziehungsweise 16.959 Medien ausgeliehen. In Beeck, vermutet Barbian, hat sich die Open Library noch nicht herumgesprochen, dort waren es im ersten Halbjahr „nur“ 6456 ausgeliehene Medien.
Open Libraries in Duisburg: Diese Technik braucht das Modell
Technisch, sagt Barbian, ist die Aufrüstung aller Standorte gar nicht so schwierig. Automaten zu Selbstausleihe und -rückgabe stehen ohnehin in allen Bibliotheken, ebenso bargeldlose Zahlautomaten. Einzig die Eingangstür muss in Angriff genommen werden, „außen muss das Zugangspanel für den Bibliotheksausweis angebracht werden, außerdem müssen Kabel verlegt werden.“
Unterstützung bekommt die Bibliothek dabei von der Stadttochter Octeo, allerdings muss in jedem Fall mit den Gebäudeigentümern oder den zuständigen Wirtschaftsbetrieben verhandelt werden, „wir greifen mit dem Umbau der Tür ja in die Gebäudesubstanz ein“, erklärt Jan-Pieter Barbian. Ein bisschen komplizierter gestaltet sich die Lage in der Zentralbibliothek im Stadtfenster. „Dort gibt es ja drei Zugänge, und einen vierten von außen. Die müssen alle umgerüstet werden.“
Mit Bildung gegen die AfD in Duisburg-Neumühl
Der Bibliotheksdirektor rechnet damit, dass das Projekt zwei bis drei Jahre in Anspruch nimmt – und freut sich doch jetzt schon auf die Gesamtduisburgerische Open Library. „Wir haben bisher keine Probleme mit Diebstahl oder Sachbeschädigung gehabt“, so Barbian, „zum einen weisen sich die Nutzer am Eingang ja sozusagen mit ihrem Bibliotheksausweis aus, wenn sie die Tür öffnen, zum andern gibt es auch Kameraüberwachung.“
Die Open Library und ihre langen Öffnungszeiten sind im Übrigen ausdrücklich auch für Menschen gedacht, die keine Medien ausleihen oder zurückbringen wollen. „Wenn Menschen hierherkommen, um zum Beispiel zu arbeiten: Genau so ist das gedacht. Die Bibliothek ist ein Lern- und Schreibort. Die Leute können sich ihr Essen und Trinken mitbringen, das ist alles kein Problem.“ Zu Beginn eines jeden Jahres, erzählt Barbian, versammelten sich in der Zentralbibliothek zum Beispiel Schülergruppen, um sich auf ihre Abiturprüfungen vorzubereiten. „Das ist super. Da überprüft auch keiner, ob die Schüler jetzt einen Bibliotheksausweis haben oder nicht.“
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Die nächsten drei Standorte, die zur Open Library werden, sind die Bezirksbibliothek in Rheinhausen, die Bezirksbibliothek Homberg-Hochheide und die Stadtteilbibliothek Neumühl. Gerade letztere ist Barbian ein besonderes Anliegen. „Dort hat die AfD bei der Europawahl über 30 Prozent der Stimmen geholt, das ist erschreckend. Deswegen müssen wir da als Bildungsstätte besonders präsent sein.“