Duisburg. Ein Paar hat nach einer Hausräumung sein Zuhause verloren. Hund Luke muss in der Not ins Tierheim. Wie die Familie um seine Rückkehr kämpft.

„Luke bedeutet mir alles“, sagt Heike Assenkamp, „er fängt mich auf, wenn es mir schlecht geht.“ Seit einem Monat ist die Duisburgerin nun schon von ihrem Hund getrennt. Nach einer Wohnungsräumung musste sie den Ridgeback-Mix im Tierheim abgeben – jetzt fehlt ihr das Geld, ihren Liebling wieder auszulösen.

Nach der Räumung ihres Hauses mussten Duisburger ihren Hund Luke ins Tierheim geben

Das Drama hat Anfang Juli begonnen. Die Taskforce Problemimmobilien hat das Gebäude an der Gertrudenstraße in Marxloh geräumt, in dem Heike Assenkamp mit ihrem Freund und Luke gewohnt hat: „Das Haus hatte Brandschutzmängel und der Vermieter hat unser Wassergeld nicht an die Stadtwerke weitergegeben. Deshalb hatten wir kein Wasser mehr.“

Die Mieter mussten also Hals über Kopf ihr Zuhause verlassen. Der Vermieter konnte keine Ausweichwohnungen zur Verfügung stellen. Das bedeutet: Sich selbst eine Unterkunft suchen oder in eine Notunterkunft der Stadt ziehen. Die 50-Jährige und ihr Partner hatten Glück im Unglück: „Ein Freund hat uns aufgenommen.“ Doch Luke konnte nicht mit, denn der Freund hat eine Katze und Katzen kann Luke überhaupt nicht leiden.

Notgedrungen gab das Paar den Hund, mit dem es seit elf Jahren durchs Leben geht, im Tierheim ab. „Wir hatten keine andere Wahl, wir hätten sonst auf der Straße gestanden.“ Inzwischen haben die beiden eine neue Wohnung gefunden. Also alles wieder gut? Leider nicht. „Bis wir einziehen können, ist Luke ein Monat im Tierheim und wir müssen über 700 Euro für die Zeit bezahlen. Das Geld haben wir aber nicht.“

Laut Tierheim landen jede Woche ein bis zwei Tiere in der Einrichtung, deren Besitzer ins Gefängnis müssen oder ihre Wohnung verlieren.
Laut Tierheim landen jede Woche ein bis zwei Tiere in der Einrichtung, deren Besitzer ins Gefängnis müssen oder ihre Wohnung verlieren. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Das Paar lebt von Bürgergeld, kann die Summe nicht in einem Schwung auf den Tisch legen. „Deshalb habe ich das Tierheim gefragt, ob ich in Raten zahlen kann. Doch das ist nicht möglich. Ich könnte die ganze Zeit nur heulen. Ich sehe Luke vielleicht nie mehr wieder“, erzählt Heike Assenkamp.

Sie findet es völlig in Ordnung, dass sie für die Pflege ihres Vierbeiners einen Tagessatz von etwa 25 Euro bezahlen muss. Warum eine Ratenzahlung nicht möglich ist, kann sie nicht verstehen. Auch bei den Stadtwerken stottert sie gerade 500 Euro für Strom ab. Die Heizung in ihrem Haus war letzten Winter kaputt, deshalb hat sie sich einen Heizlüfter gekauft. Der hat natürlich Unmengen zusätzlichen Strom gefressen.

Lutz Kaczmarsch, Leiter des Duisburger Tierheims, erklärt das Vorgehen: „Früher haben wir Ratenzahlung gemacht, sind aber ganz oft auf den Kosten sitzengeblieben. Das bringt einen Verein wie den unsrigen an den Rand des Ruins.“ Bleibt jemand die Zahlungen schuldig, müsse das Tierheim ein Mahnverfahren einleiten: „Das wären wieder neue Kosten für uns und wir wären personell auch nicht imstande, die ganze Verwaltung zu stemmen.“

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Welche Chancen hat ein zwölf Jahre alter Hund, in ein neues Zuhause vermittelt zu werden?

Das Argument, der zwölf Jahre alte Hund würde das Tierheim doch immer weiter Geld kosten, wenn er nicht zurück zu Herrchen und Frauchen dürfe, lässt Kaczmarsch nicht gelten. „Ich will nicht als Unmensch dastehen, aber wir müssen auch klarkommen. Es ist ein Problem, für das es einfach keine Lösung gibt.“ Und es ist auch kein seltenes – im Gegenteil: Laut Tierheim-Chef landen jede Woche ein bis zwei Tiere im Heim, weil die Besitzer ins Gefängnis oder Krankenhaus müssen oder ihre Wohnung verlieren.

Tierheim-Chef Lutz Kaczmarsch: „Für das Problem gibt es einfach keine Lösung.“
Tierheim-Chef Lutz Kaczmarsch: „Für das Problem gibt es einfach keine Lösung.“ © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Im Dachverband der Tierheime wird längst diskutiert, wie man den Betroffenen helfen kann: „Warum richten Städte und Kommunen nicht einen Fonds für solche Härtefälle ein? Dafür könnte ein Teil der Hundesteuer verwendet werden“, so Kaczmarsch. Diese sei nicht zweckgebunden und würde dann endlich Sinn für den Tierschutz machen. Der Tierheim-Chef ist sich sicher, „dass uns das Problem in Zukunft wegen zunehmender Armut noch öfter begegnen wird“.

Heike Assenkamp hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, ihren Luke bald wieder bei sich zu haben. Sie hat bis zu einer Knie-Operation im November 2023 als Pferdepflegerin auf einem Hof gearbeitet. „Das kann ich wegen einer starken Arthrose nicht mehr, aber nach dem Umzug will ich mir einen neuen Job suchen.“

Das bedeutet natürlich auch, dass die Rechnung beim Tierheim noch massiv steigen wird, wenn die Jobsuche länger dauert. Die 50-Jährige hat mit ihrem Freund schon darüber gesprochen, woran sie eigentlich nicht denken mag: „Im Notfall müssen wir ganz schweren Herzens sagen, Luke bleibt im Tierheim und kann vermittelt werden.“

>> Update: Inzwischen gibt es eine Spendenaktion für Luke

  • Bei uns haben sich einige Duisburger und Duisburgerinnen gemeldet, die helfen wollen, Luke aus dem Tierheim zu holen.
  • Heike Assenkamp hat inzwischen eine Spendenaktion auf der Plattform Gofundme gestartet. Sie ist hier zu finden: https://gofund.me/3a94224a