Duisburg. Ein Paar steht ohne Fenster und Wohnungstür da. Die Duisburger beklagen die Zustände im Altbau. Ihr Anwalt macht dem Vermieter schwere Vorwürfe.
An einem wunderschönen Sommertag sitzen Sarah Quabeck (31) und Karim Burian (22) im Dunkeln in ihrer Wohnung an der Veilchenstraße in Duisburg-Neumühl. Seit fast einer Woche ist das schon so, das Paar ist verzweifelt: „Unser Vermieter hat vor einigen Tagen unsere Wohnungstür und die Fenster zum Garten ausgebaut und ist damit verschwunden“, berichtet Burian.
Duisburger Paar berichtet: „Unser Vermieter hat zwei Fenster und unsere Wohnungstür ausgebaut und war weg“
Die Ansage des Vermieters war, dass noch am selben Tag eine Firma kommen würde, um Fenster und Tür neu einzubauen. „Bei uns hat sich aber niemand blicken lassen.“ Auf Anrufe und Mails reagiere der Vermieter nicht. Also haben die Mieter sich notdürftig selbst geholfen. Sie haben die Rollläden in Küche und Wohnzimmer heruntergelassen und sind froh, dass es abends nicht so kalt ist. Aber immerhin können ihre beiden Katzen Puma und Luna nicht das Weite suchen.
Eine provisorische Wohnungstür haben sie sich aus Holzresten, Laminat und einem Riegel zusammengezimmert. Unerwünschte Besuche draußen halten kann die allerdings nicht. „Das war aber schon immer so. Eigentlich hatten wir nie eine richtige Tür. In das Schloss war Pappe eingeklemmt, damit es überhaupt schließt“, so Quabeck. Man habe nur an der Tür rütteln müssen, dann war die auf.
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Nach einem unschönen Zwischenfall mit ihrem Bruder war die Tür dann endgültig kaputt. Deshalb wollte der Vermieter endlich eine neue einbauen. „Und die Fenster sollten wir bekommen, weil unser Vermieter im Garten auf Ständerwerk eine Solaranlage gebaut hat. Es sollten gedämmte Fenster sein“, berichtet Burian. Nun fehlt also beides. Der Vermieter hat im Erdgeschoss des Hauses zur Straße hin ein kleines, verglastes Büro. Durch die Lamellen des Vorhangs kann man in den Raum reinlünkern und entdeckt dort die beiden fehlenden Fenster und die Tür.
Die Wohnung an der Veilchenstraße war von Anfang an in einem schlechten Zustand
Das Paar wohnt sich anderthalb Jahren in der Wohnung. Sie sei damals schon in einem desolaten Zustand gewesen, „aber unser Vermieter hat gesagt, ,wir bekommen das schon hin` und wir haben ihm geglaubt. Wir brauchten halt dringend eine Wohnung.“ Sarah Quabeck und ihr Freund glauben ihm inzwischen aber kein Wort mehr. Sie berichten von Schimmelbefall, einer Ameisenstraße, die quer durchs Wohnzimmer gegangen sei, Wintermonate ohne funktionierende Heizung, Beleidigungen und Lügen. „Wir können das alles beweisen, haben Fotos, Videos, Briefe und Sprachnachrichten.“
So behauptet der Vermieter in einem Schreiben an den Anwalt, den das Paar vor drei Wochen schließlich eingeschaltet hat, die Fenster seien eine Gefahr für andere Mieter gewesen, weil das Glas drohte aus dem Rahmen zu brechen. Dieses Schreiben liegt der Redaktion vor. Völliger Quatsch, sagen die Mieter, die Fenster seien stabil gewesen.
„Es drängt sich der Verdacht auf, dass der Vermieter unliebsame Mieter möglichst schnell loswerden möchte“, sagt Anwalt Thomas Adam. Er hat sofort Kontakt mit dem Vermieter und dessen Anwältin aufgenommen. Der Vermieter habe ein Gespräch abgelehnt, die Anwältin hat inzwischen schriftlich mitgeteilt, dass sie das Mandat niedergelegt hat. Auch eine schriftliche Anfrage unserer Redaktion blieb vonseiten des Vermieters unbeantwortet. Er will sich zu den Vorwürfen offenbar nicht äußern.
Der Anwalt hatte eine Frist gesetzt, bis Fenster und Tür wieder eingebaut werden müssen
Anwalt Adam hatte dem Vermieter eine Frist gesetzt. Bis dahin musste die Wohnung wieder über Fenster und eine Wohnungstür verfügen. In einem Schreiben an den Anwalt hat der Vermieter angekündigt, die Fenster mit Brettern zu vernageln. „Damit sind wir natürlich nicht einverstanden“, sagt Thomas Adam. „Mieter haben ein Recht auf Tageslicht, also auf Fenster und nicht ein mit Brettern zugenageltes Loch.“
Die Frist hat der Vermieter verstreichen lassen. Nun erwägt der Jurist, bei Gericht im Rahmen eines Eilverfahrens den Erlass zu erwirken, dass der Vermieter verpflichtet wird, Fenster und Tür einzubauen. Aber hier stecke der Teufel im Detail: „Selbst wenn das Gericht binnen 24 Stunden entscheidet: Es kann dauern, bis alle formalen Bedingungen erfüllt sind.“ So müsse der Eigentümer selbst den Beschluss bekommen und nicht eine Verwaltung. Und es müsse möglich sein, den Beschluss zuzustellen: „Dafür braucht man zumindest einen Briefkasten, auf dem der Namen des Eigentümers steht.“
Vermieter: Weder Nottüre noch Fenster seien schnell zu realisieren
Der Vermieter hat auf die Fristsetzung mit einem Schreiben reagiert: Er würde aktuell den „Markt bezüglich neuer Fenster sondieren“. Wörtlich heißt es in dem Brief: „Wunschgemäß, so interpretieren wir ihre Aussage bzgl. der OSB-Platten (Holzplatten, d. Red.), fordern sie eben keinen solchen Ersatz, sondern möchten auf den Fenstereinbau warten, dem stellen wir uns natürlich nicht entgegen.“ Auch eine Nottüre sei nicht so einfach zu realisieren.
Auch wenn das Paar mit der Miete im Rückstand sei, dürfe ein Vermieter sich so natürlich nicht verhalten, sagt der Anwalt. Sarah Quabeck räumt ein, dass noch Mietzahlungen ausstehen. Das läge aber an einer Überschneidung von Arbeitslosigkeit und neuem Job. Die 31-Jährige hat gerade eine Stelle als stellvertretende Filialleiterin bei einem Discounter angetreten. „An der Lösung des Problems wird aber gerade gearbeitet. Er wird sein Geld kriegen“, sagt sie.
Inzwischen hat das Paar die Miete gekürzt. Jetzt hat der Vermieter an Anwalt Adam geschrieben, dass „die Mietpartei Quabeck/Burian ab dem 1. August keine Miete mehr zu bezahlen braucht“.
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Für Sarah Quabeck und Karim Burian ist die ganze Geschichte eine große Belastung. Zumal die Situation immer mehr eskaliert: „Am gestrigen Dienstag hat unser Vermieter unsere provisorische Tür mit einer Mülltonne eingedrückt. Überall in unserem Flur lag der Müll.“ Das Paar hat die Polizei gerufen und den Vermieter wegen Sachbeschädigung angezeigt.
Es sagt: „Wir wollen nur noch raus hier.“ Auf rund 60 freie Wohnungen hätten sie sich schon gemeldet, aber keine davon bekommen. Beide haben einen Schufa-Eintrag, den sie als Ursache vermuten. Sie arbeiten mit Kräften dran, das zu ändern. „Wir wollen endlich in Frieden leben, egal in welchem Stadtteil.“