Duisburg-Marxloh. Seit drei Monaten kämpfen Duisburger Mieter darum, dass ihr Vermieter die defekte Heizung repariert – bisher erfolglos. Sie sind verzweifelt.

Dick eingemummelt sitzt Waltraud Schiffermeier in ihrer Wohnung an der Brunhildenstraße in Duisburg-Marxloh. Ohne Steppweste, Schal und Handschuhe lässt es sich dort nicht aushalten. „Seit Anfang September ist unsere Heizung kaputt und unser Vermieter unternimmt nichts“, sagt die 84-Jährige. Zwischen 13 und 15 Grad sind die Zimmer kalt. Zwei Heizlüfter in Küche und Wohnzimmer sorgen dafür, dass zumindest diese beiden Räume auf erträgliche Temperaturen kommen. Mit den aktuell sinkenden Temperaturen wird das immer schwieriger, wenn nicht gar unmöglich.

Die Rentnerin ist nicht allein mit diesem Problem. Insgesamt sind acht Mietparteien in zwei Häusern auf der Brunhildenstraße betroffen. „Nicht nur ich habe immer wieder die ZBVV, unsere Wohnungsverwaltung, angerufen. Aber wir werden ja nur vertröstet.“ Bei der ZBVV handelt es sich um die „Zentral Boden Vermietung und Verwaltung GmbH“, ein Tochterunternehmen der ZBI-Gruppe. Die wiederum ist eine Immobiliengesellschaft mit Hauptsitz in Erlangen und hat laut eigener Webseite rund 30 Standorte in Deutschland, Luxemburg und Österreich – einer davon befindet sich in Duisburg.

Defekte Heizung: Mieter an der Brunhildenstraße in Duisburg sitzen seit Wochen in der Kälte

„Wir haben immer wieder Probleme mit unserem Vermieter“, sagt Nina Düzgün, die seit 2018 mit ihrem Mann an der Brunhildenstraße wohnt. „Erst im Sommer hatten wir wochenlang kein warmes Wasser.“ Auch mit der Heizung gebe es regelmäßig Stress. „Deshalb haben die meisten von uns Heizlüfter im Schrank stehen“, so die 32-Jährige.

Acht Parteien leben in den Mietshäusern an der Brunhildenstraße 5 und 7 in Marxloh.
Acht Parteien leben in den Mietshäusern an der Brunhildenstraße 5 und 7 in Marxloh. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Düzgün geht es momentan alles andere als gut: „Ich habe eine Nierenbeckenentzündung, hatte 40 Grad Fieber. Mein Arzt sagt, die Kälte ist meiner Gesundheit nicht zuträglich.“ Hinzu kommt, dass die 32-Jährige in einer Metzgerei arbeitet und ständig ins Kühlhaus muss. „Eigentlich friere ich nonstop.“ Im Augenblick ist sie krankgeschrieben und bibbert in ihrer Wohnung.

Mieterin Marion Alexi hat ebenfalls gesundheitliche Probleme, die sich durch die Kälte in ihrem Zuhause noch verschlimmert haben. „Ich habe Implantate in der Lendenwirbelsäule. Auch mein Arzt hat mir gesagt, dass die Kälte und Feuchtigkeit nicht gut sind.“ Die Schmerzen sind schlimmer geworden, das Aufstehen schwieriger. „Ich ziehe mich schon dick an, trage zum Beispiel Thermosocken. Aber die Kälte kriecht einfach durch. Ich könnte heulen, denn wir werden von unserem Vermieter nur verarscht.“

Jedes Zimmer der Wohnung ist von Schimmel befallen

Nevim Özden (48) kann kaum die Tränen zurückhalten. Ihre Familie kämpft nicht nur gegen Feuchtigkeit und Kälte, sondern leidet auch unter massivem Schimmelbefall. Kein Fenster in der Wohnung, dass nicht von schwarzen Schimmelflecken umrundet ist. „Ich rufe alle zwei Tage bei der ZBVV an, muss mein Anliegen immer wieder neu erzählen und es passiert nichts.“

Jedes Zimmer der Wohnung ist massiv verschimmelt.
Jedes Zimmer der Wohnung ist massiv verschimmelt. © WAZ | Sabine Ring

Eigentlich sollte in diesen Tagen eine neue Küche bei den Özdens eingebaut werden. „Aber das haben wir erst einmal gestoppt. Das bringt doch nichts bei dem Schimmel.“ Nevim Özdens viel größeres Problem: Ihre 15-jährige Tochter leidet unter Mittelmeerfieber. Kälte ist für die Schülerin Gift. „Erst heute musste ich sie wieder aus der Schule holen, weil sie einen Krampf hatte.“ Damit ihre Tochter nicht auch noch im Bett friert, haben die Eltern ihr eine elektrische Wärmedecke gekauft. Ein Messgerät zeigt die Luftfeuchtigkeit im Wohnzimmer an: Sie liegt bei 77 Prozent – normal sind 40 bis 60 Prozent.

In der Wohnung von Nevim Özden herrscht eine Luftfeuchtigkeit von 77 Prozent – viel zu viel.
In der Wohnung von Nevim Özden herrscht eine Luftfeuchtigkeit von 77 Prozent – viel zu viel. © WAZ | Sabine Ring

Natürlich haben die Nachbarn der ZBVV die kaputte Heizung sofort gemeldet. Waltraud Schiffermeier liest die Daten vor, die sie sich auf einem Zettel notiert hat. Seit Anfang September hat sie fast alle paar Tage angerufen. Nicht nur bei der ZBVV, sondern auch bei der Firma B&O, die sich im Auftrag der ZBVV um die Heizung kümmert. „Ich wurde immer wieder vertröstet. Morgen kommen wir, hieß es öfter. Aber niemand hat uns wirklich geholfen“, berichtet die 84-Jährige.

An der Heizungsanlage muss die Pumpe ausgetauscht werden

Schon Mitte Oktober sagte ihr ein Mitarbeiter von B&O, dass die Pumpe der Heizung kaputt sei. „Zwischenzeitlich hat jemand eine neue eingebaut, dann ging die Heizung wieder, dafür hatten wir ein paar Tage kein warmes Wasser mehr.“ Dann ist das warme Wasser wieder da, die Heizung fällt aber nach nur zwei bis drei Tagen erneut und bis heute komplett aus.

Ein Zettel an der Haustür weist die Mieter an der Brunhildenstraße darauf hin, dass sie sich einen Heizlüfter bestellen können.
Ein Zettel an der Haustür weist die Mieter an der Brunhildenstraße darauf hin, dass sie sich einen Heizlüfter bestellen können. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

„Am 9. November bekam ich von B&O die Information, dass die Pumpe bei B&O vorliege, aber noch nicht der Auftrag der ZBVV, sie einzubauen“, sagt Waltraud Schiffermeier, die seit 1976 an der Brunhildenstraße wohnt. Damals waren die Häuser neu und der Vermieter hieß Thyssen: „Da hat es solche Vorfälle nicht gegeben.“

„Bei der ZBVV erreichen wir immer nur das Callcenter. Wenn ich Mails an die für uns zuständige Mitarbeiterin schreibe, bekomme ich nie eine Antwort“, berichtet Nina Düzgün. „Selbst auf Schreiben meines Anwalts gibt es keine Reaktion.“ Den hatte die 32-Jährige schon im Sommer eingeschaltet, als es wochenlang kein warmes Wasser gab. „Da habe ich die Miete gekürzt und die ZBVV hat mit Mahnungen reagiert. Immerhin war damit Schluss, nachdem mein Anwalt geschrieben hat.“

Die verzweifelten Mieter haben sich bei Anwälten oder dem Mieterbund Rhein-Ruhr Hilfe gesucht. „Mein Anwalt hat mir geraten, die Miete um 50 Prozent zu kürzen, in ein Hotel zu ziehen und dem Vermieter die Kosten dafür in Rechnung zu stellen“, sagt Nina Düzgün. Denn ihre Wohnung sei streng genommen nicht mehr bewohnbar. Ihr Heim zu verlassen, kommt für sie aber nicht infrage – und das nicht nur „weil sie ja eigentlich meine Wohlfühlzone ist“. Sie befürchtet auch, auf den Kosten sitzen zu bleiben.

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Der Mieterbund hat geraten, die Heizung auf eigene Kosten reparieren zu lassen und das Geld von der Miete abzuziehen. Doch darauf konnte die Nachbarschaft sich nicht einigen. „Manche wollten nicht mitmachen, alle anderen haben Angst, das Geld nie wiederzusehen“, sagt Waltraud Schiffermeier.

Ersatzvornahme heißt das im Fachjargon. „Ich verstehe die Bedenken der Mieter an dieser Stelle nicht. Eine Pumpe auszutauschen, dauert nur etwa eine Stunde. Sie können die Miete gegenrechnen und hinter der ZBVV steht eine solvente Firma“, ordnet Sonja Herzberg, die Vorsitzende des Mieterbunds Rhein-Ruhr, ein.

Der Mieterbund habe immer wieder mit der ZBVV zu tun, sagt sie. Ihre Einschätzung: „Sie machen den Eindruck, lediglich an Profit interessiert zu sein. Die Mieter sind nur eine Nummer. Es ist der Vermieter, der für uns am schlechtesten zu greifen ist.“ Die Kommunikation sei mehr als dürftig. „Deshalb müssen wir regelmäßig Prozesse führen, von denen wir viele gewonnen haben.“

Auf die Anfrage unserer Redaktion reagiert die ZBVV

Auf die Anfrage unserer Redaktion hat die ZBVV reagiert. „Der Kostenvoranschlag lag vor, die Freigabe der Arbeiten wurde dem zuständigen Kreditor erteilt, sodass die Arbeiten zeitnah ausgeführt werden“, so ein Sprecher der ZBVV. Und: „Die Mieter erhalten für den Zeitraum bis zur vollständigen Behebung eine entsprechende Mietminderung, um die Stromkosten für die Heizöfen aufzufangen. Die Mieter werden nicht mit den Kosten für den unverschuldeten Mangel allein gelassen.“

Einen genauen Zeitpunkt, wann die Mieter endlich wieder in einer warmen Wohnung leben können, nennt er nicht. „Wir schenken den Worten erst Glauben, wenn die Heizung wirklich wieder läuft“, sagt Nina Düzgün. Vertrauen in ihren Vermieter hat sie schon lange nicht mehr.