Duisburg. Der Standort für Duisburgs neues Tierheim ist umstritten. Der OB wird aufgefordert, die Pläne zu stoppen. Die Stadt mauert bei den Alternativen.
Die Diskussionen um den geplanten Bau eines neuen Duisburger Tierheims gehen weiter an. Nach massiver Kritik von Anwohnern hatten zuletzt auch Naturschützer im Umweltausschuss den geplanten Neubau im Außenbereich gegenüber dem Businesspark Asterlagen auf der anderen Seite der Essenberger Straße abgelehnt und für nicht alternativlos erklärt. Dr. Randolph Kricke, Leiter der unteren Umweltbehörde bei der Stadt, entgegnete daraufhin, dass mehr als 20 Standorte im Stadtgebiet „intensiv geprüft“ worden seien.
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Um welche Flächen es sich dabei aber im Einzelnen konkret gehandelt hat, will die Stadt trotz mehrmaliger Nachfrage der Redaktion nicht verraten. Zuerst beantwortet sie die Frage gar nicht, dann lässt Stadtsprecher Falko Firlus Folgendes mitteilen: „Leider sind aus Gründen des Vertrauensschutzes gegenüber den Flächeneigentümern keine Auskünfte über Flächen und deren Eigenschaften, welche die Stadt Duisburg im Zusammenhang mit dem Bau des neuen Tierheims geprüft hat, möglich.“
Umstrittener Standort für neues Duisburger Tierheim: Stadt mauert bei alternativen Flächen
Dies ist bemerkenswert, denn im Ausschuss hatte Kricke darauf keine Rücksicht genommen und sich zumindest zu einzelnen Alternativ-Standorten geäußert. So teilte er auf die konkrete Nachfrage der Duisburger BUND-Vorsitzenden Kerstin Ciesla mit, dass etwa die ehemalige Bergbaufläche der Zeche Walsum ins Visier genommen worden sei und auch Schacht 2/5 zwischen Marxloh und Fahrn. Hier will Thyssenkrupp Steel als Eigentümerin des Geländes allerdings zunächst ein vorübergehendes „Containerdorf“ im Zuge des Baus der ersten wasserstoffbetriebenen Direktreduktionsanlage realisieren und Jahre später einen Gewerbepark fertigstellen (wir berichteten).
Kein Geheimnis ist auch, dass die Stadt eine Fläche an der Wilhelmallee in Homberg mehrmals für einen Tierheim-Neubau ins Auge gefasst hatte (wir berichteten). Wer wollte, konnte und kann dies problemlos im Quartalsbericht des Immobilien-Managements Duisburg (IMD) vom 1. Januar bis 31. März 2022 nachlesen. Die Verhandlungen zum Kauf des Grundstücks am Rheinufer scheiterten allerdings.
Die Stadt war daraufhin fest entschlossen, ein neues Tierheim mitten im Businesspark Asterlagen zu bauen – diesmal auf eigenem Grund. Die Nachricht wurde im März 2023 per Pressemitteilung verkündet. Der Rat gab kurz darauf grünes Licht. Doch ein Jahr später folgte der Rückzieher. Der offizielle Grund: der gestiegene Flächenbedarf.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Anlieger dort von Anfang an mit einer Klage gedroht hatten – so wie jetzt wieder Anwohner aus der Bergmannssiedlung Diergardt, die nicht weit von der aktuell für den Tierheim-Neubau vorgesehenen 25.000 Quadratmeter großen Fläche leben und sich ebenfalls wehren wollen.
Forderung: OB Link soll aktuelle Tierheim-Pläne stoppen
Ein Bewohner Asterlagens, der nicht öffentlich genannt werden will, hat passend dazu nun eine ausführliche Stellungnahme verfasst und an Oberbürgermeister Sören Link geschickt. Darin fordert er den OB auf, den Ratsbeschluss vom 15. April 2024 zu beanstanden. Damals hatten alle Fraktionen einstimmig grünes Licht für die derzeitigen Pläne zum neuen Tierheim auf der städtischen Fläche gegeben.
Der Duisburger, der allerdings nicht unmittelbar vom Neubau betroffen ist, hat sein zwölfseitiges Schreiben auch an die Bezirksregierung Düsseldorf als Kommunalaufsicht adressiert. Es liegt der Redaktion vor. Darin führt er mehrere Punkte auf, um seine erheblichen rechtlichen Bedenken zu untermauern. So erinnert er unter anderem an die gescheiterten Pläne, auf der von der Stadt auserkorenen und aktuell noch als landwirtschaftlich ausgewiesenen Fläche den Businesspark zu erweitern.
„Wenn die Fläche für eine verträgliche Gewerbenutzung planungsrechtlich schon ungeeignet war, ist sie sicherlich für ein Tierheim mit unvermeidbaren 24/7-verursachenden Emissionen und entsprechenden Immissionen in der Nachbarschaft ebenfalls unverträglich und folglich nicht genehmigungsfähig“, so der Duisburger.
Zum Tierheim-Bau im Außenbereich gibt es kein Grundsatzurteil
Außerdem verweist er auf mehrere Entscheidungen von Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichten, die in anderen Städten den Bau von Tierheimen als privilegiertes Vorhaben im Außenbereich verhindert hätten. Auf Nachfrage der Redaktion teilt eine Sprecherin des Oberverwaltungsgerichts Münster allerdings mit, dass es dazu kein Grundsatzurteil gebe. Jeder Fall müsse einzeln betrachtet werden.
Der Tierheim-Neubau bleibt also wegen des aktuellen Standortes ein äußerst brisantes und umstrittenes Thema. Mauert die Stadt auch deshalb so bei der Frage nach den geprüften Alternativen? Es seien Flächen innerhalb Duisburgs untersucht worden, die innerhalb eines Bebauungsplans oder eines bebauten Innenbereichs liegen und die Anforderungen an ein Tierheim erfüllen könnten, sagt Sprecher Firlus lediglich.
Wichtige Kriterien seien dabei das geltende Planungsrecht, die Flächengröße und die Verfügbarkeit gewesen. „Die Untersuchung ergab, dass keine der gewerblichen Flächen innerhalb eines Bebauungsplans oder eines bebauten Innenbereichs geeignet war“, erklärt Firlus. Mit Blick auf das aktuelle Vorhaben betont er, „dass das nunmehr erforderliche Baugenehmigungsverfahren nicht bedingt, dass etwaige Alternativflächen geprüft werden“.
Platz für 80 Hunde, 185 Katzen sowie 130 Kleintiere und Vögel
Die Stadt bleibe zudem bei ihrer planungsrechtlichen Einschätzung, ein Tierheim mit Platz für 80 Hunde, 185 Katzen sowie ungefähr 130 Kleintiere und Vögel als privilegiertes Vorhaben im Außenbereich bauen zu dürfen. Es gebe deshalb derzeit keinen Anlass, den entsprechenden Ratsbeschluss zu beanstanden. Auf der vorgesehenen Fläche lassen sich demnach „alle inhaltlichen und tierschutzrechtlich gebotenen Tierheimanlagen realisieren“.
Die Stadt verweist zudem auf die „zentrale Lage im Stadtgebiet, die Erschließung sowie eine gute Erreichbarkeit über den ÖPNV und den motorisierten Individualverkehr“. Außerdem gebe es „wenige sensible Nutzungen im unmittelbaren Umfeld“. Das sehen die Anwohner ganz anders. Sie befürchten vor allem dauerhafte Lärmbelästigungen und die Zerstörung des Naherholungsgebiets.
Infrastrukturgesellschaft: Bauantrag ist noch nicht gestellt
Die Fragen und Befürchtungen werden nach Angaben der Stadt im Baugenehmigungsverfahren durch die zuständigen Stellen geprüft – allerdings erst nach dem Bauantrag, den die beauftragte Duisburger Infrastrukturgesellschaft aber weiterhin noch nicht gestellt habe. Wann dies sein wird, sagt die Stadt noch nicht.
Klar ist: Ein neues Tierheim wird nach jahrelanger Standortsuche dringend benötigt. Das alte ist völlig marode und eine „Schande für Duisburg“, wie es OB Link zuletzt formulierte.
>> NEUES DUISBURGER TIERHEIM: 86.000 EURO FÜR MACHBARKEITSTUDIE
- Für die gescheiterten Pläne, das Tierheim mitten im Businesspark Asterlagen zu realisieren, hat die Stadt nach eigenen Angaben 86.000 Euro für eine Machbarkeitsstudie ausgegeben. Damit war das Oberhausener Architektenbüro unter Leitung von Peter Rasbach beauftragt worden.
- Immerhin: Die Resultate aus der Studie sollen auch auf den neuen Standort übertragbar sein. Ob dort allerdings tatsächlich ein Tierheim mit einem veranschlagten Investitionsvolumen von 20 Millionen Euro gebaut wird, muss sich erst noch zeigen.