Duisburg. Mit Zuwanderung hat Marxloh seit über 130 Jahren Erfahrung. Die erste erfolgte im Boom. Zur Entwicklung von Marxloh, Obermarxloh und Schwelgern.
Mit Zuwanderung hat Marxloh seit über 130 Jahren Erfahrung. Nur erfolgte sie anfangs in eine Gegend, die sich im rasanten Aufschwung befand. Seit Jahrzehnten aber ist (Nieder-)Marxloh sozialer Brennpunkt. Seine Geschichte wird hier mit der von Obermarxloh und Schwelgern erzählt.
Der Name Marxloh steht für den versumpften Teil eines alten Hochwaldes. Schwelgern hat seinen Namen vom Schwelgernbruch, einem alten Rheinarm. Dort waren die Böden fruchtbar, in Marxloh vereinzelt. Die Bauernhöfe lagen weit verstreut.
Älteste Spuren des Menschen sind in Obermarxloh Feuersteingeräte aus der Zeit vor 10.000 v. Chr.. Keramikscherben dort zeigten: Eine stetige Besiedlung scheint sich erst um 700 n. Chr. ergeben zu haben. Alte Einwohnerzahlen sind nicht bekannt. Heute leben rund 20.000 Menschen in Marxloh und rund 13.000 in Obermarxloh.
Marxloh, Obermarxloh und Schwelgern: Die alten Bauernhöfe wurden für Schule und Autobahn abgerissen
Schwelgern taucht im 10. Jahrhundert beim Kloster Essen auf. Damals war üblich, dass Adlige von ihrem Land für ihr Seelenheil der Kirche abgaben. Der Hoffmannshof in Obermarxloh (Kampstraße), später zur Abtei Hamborn gehörend, war um 800 von einer Wehranlage umgeben. Er wich 1967 für das Clauberg-Gymnasium.
Der Marxlohhof ist um 1000 entstanden, gehörte zum Essener Oberhof in Beeck. Er wurde in den 1960er Jahren bis auf das Haupthaus für die A59 abgerissen. 1458/59 wird erstmals ein Verwalter (Schulte) genannt. Der Posten war erblich. Als das Kloster 1803 aufgehoben wurde, kaufte die Familie Schulte-Marxloh die Ländereien, verkaufte später viele an die Gemeinde. Der Warbruckhof gehörte auch den Essenern. Er wird 1139 erstmals erwähnt, wurde 2022 abgebrochen.
Weltliche Herrscher waren in Schwelgern die Grafen von der Mark, in Marxloh seit 1338 die Fürsten zu Kleve. Sitz der Verwaltungsbeamten und Steuereintreiber war meist Beeck. 1900 erhielt Hamborn mit Marxloh und Schwelgern als Bürgermeisterei eigene Beamten.
Abgase der Grillo-Zinkhütte verhinderte Zusammenwachsen der Stadtteile
Eine neue Zeit kündigte sich an, als im 16. Jahrhundert eisenhaltiges Gestein (Raseneisenerz) im Schwelgernbruch abgebaut und nach Mülheim/Ruhr geliefert wurde.
1879 ließ sich der Schmied und Wirt Arnold Pollmann an der Kreuzung der Weseler Straße, der alten Fernhandelsstraße, mit dem Weg von Bruckhausen nach Sterkrade (Kaiser-Wilhelm-/Kaiser-Friedrich-Straße) nieder. Das Pollmann-Eck sollte (neben dem Hamborner Altmarkt) eines von zwei Zentren der neuen Großstadt Hamborn werden, seit 1898 mit Straßenbahn.
Anlass für den Aufschwung waren die Aktivitäten von August Thyssen in Bruckhausen. Die ersten Arbeiterhäuser entstanden aber 1898 an der Lohstraße für die Grillo-Zinkhütte.
Deren Abgase haben früh ein Zusammenwachsen der Ortsteile verhindert. Erst als das unbedenklich schien, wurde die Lücke ab 1925 durch die Schulen an der August-Thyssen-Straße, die Siedlung am Zinkhüttenplatz (ab 1960) und 1975 durch die Rhein-Ruhr-Halle geschlossen. Seit 1969 bildet die A 59 eine neue Trennlinie.
Schachbrettartig baute Thyssen für Schacht 2/5 bei Fahrn ein Viertel
Schachbrettartig baute Thyssen für Schacht 2/5 bei Fahrn ein Viertel, weitere Arbeiterhäuser im Westen von Marxloh sowie das Dichterviertel in Obermarxloh.
An der Duisburger Straße kamen eine Stadthalle (1909), die Hauptpost (1915) und das Amtsgericht (ab 1921) hinzu. Gehobene Wohnviertel entstanden Am Grillopark und südlich des neuen Parks Jubiläumshain.
Bis 1906 hatte Thyssen alles Land in Schwelgern für den neuen Werkshafen gekauft. 140.000 Quadratmeter schenkte er der Stadt. Die hat dort ab 1923 den Volkspark, das Hamborner Stadion und 1926 das Schwimmstadion angelegt. Es war seit einem Luftangriff von 1944 bis 1951 geschlossen.
Industriell ist Schwelgern durch die Großhochöfen Schwelgern 1 (1972) und 2 (1993) sowie die neue Kokerei von 2003 geprägt.
Trennend wirken seit 1910 der neue Emscher-Kanal (Kleine Emscher) und die Walsumbahn (ab 1912). Der Wohnungsbau war in den 1920er Jahren genossenschaftlich geprägt, so Im Stillen Winkel.
Nach Aus für Schacht 2/5 1976: Familien mit gutem Einkommen zogen fort
Von den Luftangriffen im Zweiten Weltkrieg schwer betroffen waren Thyssen und seine Umgebung. Nachdem 1951 die Demontage des Werks vom Tisch war, setzte ein zügiger Wiederaufbau ein.
Seit den 1970er Jahren hat es nur wenig neue Wohnungen gegeben, so an der Brentanostraße in Obermarxloh oder an der Hildegardstraße in Marxloh. Was bis heute als Strukturwandel bezeichnet wird, begann 1976 mit dem Aus für Schacht 2/5. Seit den 80er Jahren setzte auch Thyssen viele Arbeitskräfte frei.
Vor allem aus Marxloh zogen Familien mit guten Einkommen fort. Wohnungen entsprachen nicht mehr dem Standard. Viele Ausländer mit ihren gering bezahlten Tätigkeiten zogen ein.
Es gab weitere Wellen der Zuwanderung, zuletzt die aus Syrien. Heute haben drei Viertel der Menschen in Marxloh und zwei Drittel in Obermarxloh eine Zuwanderungsgeschichte. Das Pollmann-Eck ist bevorzugte Einkaufsmeile für Brautleute.
Als die Kirchen nach Marxloh kamen
Evangelisches Leben begann in Marxloh 1895 in einem Vereinshaus an der Warbruckstraße und einer Kapelle an der Kaiser-Friedrich-Straße. 1897 war die Friedenskirche an der Duisburger Straße in Obermarxloh fertig, 1905 die Kreuzeskirche an der Kaiser-Friedrich-Straße.
Die Katholische Kirche hielt ab 1898 in einem Saal an der Weseler Straße Gottesdienste ab. 1904 war die Kirche St. Norbert in Obermarxloh erbaut. Als Notkirche entstand 1907 St. Paul am Ende der Bertramstraße in Marxloh. Ab 1909 gab es auch Gottesdienste an der Warbruckstraße, die spätere Notkirche St. Barbara. Die Kirche St. Peter war 1912 fertig. St. Paul wurde 1944 zerstört und wieder hergerichtet, St. Barbara 1951 nach Röttgersbach verlegt. 1970 gab es einen Neubau für St. Paul (2014 abgerissen).
Die Jüdische Gemeinde Holten hielt ab 1899 in einem Saal an der Kaiser-Wilhelm-Straße Gottesdienste ab. 1905 übernahm sie die evangelische Kapelle an der Kaiser-Friedrich-Straße. 1938 wurde ihre Synagoge angezündet und brannte ab.
Folgende Schulen sind in Marxloh (M) und Obermarxloh (O) entstanden:
1873: Ev. Schule Hermannstraße (M), im Zweiten Weltkrieg zerstört;
1891: Kath. Schule Sandstraße (Marienschule, M), im Zweiten Weltkrieg zerstört;
1901: Ev. Schule Bergstraße (heutige Wilfriedstraße, M), heute Herbert-Grillo-Gesamtschule;
1902: Kath. Schule Warbruckstraße (M), heute Grundschule am Park;
1904: a) Kath. Schule an der Kampstraße (O), heute Grundschule im Dichterviertel,
b) Realgymnasium für Jungen, Kaiser-Friedrich-Straße (M), im Zweiten Weltkrieg an der Dahlmannstraße (M) zerstört, danach als Mädchenberufsschule wiederaufgebaut, heute Sophie-Scholl-Berufskolleg,
c) Gemeindemädchenschule am August-Bebel-Platz (M), heute Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium, Am Grillopark;
1905: Kath. Schule Henriettenstraße (M), heute Kath. Grundschule;
1908: Kath. Schule Gertrudenstraße (M), heute Herbert-Grillo-Gesamtschule;
1912: Kath. Schule Grimmstraße (Norbertusschule, O), heute Justus-von-Liebig-Sekundarschule;
1914: Kath. Petrusschule Sandstraße (M), heute Grundschule;
1929: a) Gewerbliche Berufsschule am Zinkhüttenplatz (O), heute Robert-Bosch-Berufskolleg,
b) Kaufmännische Berufsschule, August-Thyssen-Straße (O), heute Kaufmännisches Berufskolleg Walther-Rathenau,
c) Ev. Volksschule mit Mittelschulzweig, August-Thyssen-Straße (O), heute Justus-Liebig-Schule;
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