Düsseldorf. Rechtsruck und Merz-Debatte sind Thema bei den Gewerkschaften. DGB-Vorsitzende Wolf und ihre Partner erklären, welche Politik gegen die AfD hilft.

Der Rechtsruck und die Debatte um das umstrittene Asylgesetz von Friedrich Merz treibt die Menschen um. Auch bei einer Pressekonferenz der Gewerkschaften zur Bundestagswahl im Düsseldorfer DGB-Haus kamen die Themen auf den Tisch. „Ich bin als Studentin von Nazis zusammengeschlagen worden. Damals, 1985, gab es rechte Gewalt gegen ausländische Kinder in einer Schule in Bonn. Ich habe mich für die Kinder eingesetzt, das hat den Tätern gereicht. Dazu gab es noch einen Brandanschlag der rechtsextremen Gruppe in der Schule, das war eigentlich noch schlimmer, zum Glück gab es keine Verletzten.“ So begann die Düsseldorfer DGB-Vorsitzende Sigrid Wolf das Gespräch in großer Runde. Und zeigte sich auch 40 Jahre nach dem Vorfall sehr angefasst. „Das trage ich in mir, aber es hat mich darin bestärkt, meine Ziele zu verfolgen und für eine demokratische Gesellschaft einzutreten.

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Das Vorgehen des CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz, mit AfD-Stimmen ein Asylgesetz durchboxen zu wollen, bezeichnet Wolf als „Angriff auf die parlamentarische Demokratie“. Für sie sei es „sehr fraglich, ob Merz Kanzler kann“. Der DGB setze sich von daher umso mehr für eine menschenwürdige Asylpolitik ein. „Es muss weiter klar sein, dass Menschen, die bei uns Schutz suchen, auch Schutz bekommen.“ Wolfs Appell für die Bundestagswahl an die Düsseldorferinnen und Düsseldorfer: „Wer nicht wählt, lässt andere entscheiden. Wählt gewerkschaftlich, wählt Gerechtigkeit, wählt Zukunft und zeigt den arbeitnehmer- und menschenfeindlichen Populisten von der AfD die Rote Karte!“

Die AfD ist offenbar auch in den Düsseldorfer Schulen längst zum Problem geworden. „Und zwar insofern, dass sich die Lehrkräfte fragen, was sie im Unterricht noch sagen dürfen und was nicht“, berichtet Sylvia Burkert von der Bildungsgewerkschaft GEW. „Wir haben jüngst eine große Veranstaltung dazu gehabt und mussten dafür Juristen einladen. Darf man die AfD im Politikunterricht kritisieren? Da herrscht bei vielen Lehrerinnen und Lehrern eine tiefe Verunsicherung.“ Und dass überall in NRW Lehrkräfte fehlen, mache die Sache nicht besser“, so Burkert. Aktuell seien 8000 Lehrerstellen nicht besetzt. Ein großes Problem hätten auch die Förderschulen. In Düsseldorf gebe es 15 unbesetzte Stellen. „Weil sich niemand auf diese Stellen bewirbt.“

Apropos Fachkräftemangel: Dirk Jehle von Verdi Düsseldorf beklagt vor allem das Fehlen an qualifizierten Kräften in der frühkindlichen Bildung. „Auch in Düsseldorf sind viele Kitas zu regelrechten Verwahrbetrieben geworden. Wenn das nicht mehr funktioniert, werden wir diese Menschen schon früh verlieren.“ Es sei keine auskömmliche Finanzierung mehr da. „Wie sollen wir denn Fachkräfte gewinnen, wenn wir nur das zahlen, was wir momentan zahlen?“ fragt Jehle. „Egal ob Kita, Pflege, Bürgerämter, Gerichte, Nahverkehr, Stadtreinigung oder Kinderschutz - wir brauchen massive Investitionen in die öffentliche Infrastruktur und in die kommunale Daseinsvorsorge.“

Und eben diese Punkte gehen im politischen Diskurs gerade völlig unter, sagt Dinah Trompeter, Geschäftsführerin der IG Metall Düsseldorf-Neuss. „Der Bundestagswahlkampf wird aktuell überschattet vom Thema Migration und von unsägliche Diskursen, beispielsweise über das Bürgergeld. Das alles ist nicht das Problem. Wir brauchen aus meiner Sicht vielmehr eine zukunftsfähige und erfolgreiche Industrie - im Bund aber auch in Düsseldorf.“ Die Beschäftigten hätten Angst, so Trompeter, es ginge in den Betrieben das Narrativ um, Deutschland sei gegen die Wand gefahren.“ Jetzt gelte es, Beschäftigung zu sichern. „Aber es braucht auch ein Sondervermögen, das in die Transformation gesteckt werde. „Das sind alles große Herausforderungen, aber wir müssen aus dieser Negativspirale heraus kommen, die nur der AfD in die Karten spielt.“

Luden zum Pressegespräch ins DGB-Gewerkschaftshaus: (v.l.) Sylvia Burkert (GEW), Dinah Trompeter (IG Metall), Sigrid Wolf (DGB) und Dirk Jehle (Verdi).
Luden zum Pressegespräch ins DGB-Gewerkschaftshaus: (v.l.) Sylvia Burkert (GEW), Dinah Trompeter (IG Metall), Sigrid Wolf (DGB) und Dirk Jehle (Verdi). © NRZ | Stephan Wappner

Die wichtigsten Forderungen der Düsseldorfer Gewerkschaften sind zusammengefasst: ein Ende der Sparpolitik und gezielte Investitionen; die Einhaltung von Klimazielen und Entlastung bei Energiepreisen; eine Reform des Steuersystems, in dem Superreiche stärker zur Finanzierung des Gemeinwesens beitragen; eine stärkere Tarifbindung; Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes und Investitionen in Fachkräfte; mehr Mitbestimmung im Betrieb; Stabilisierung und Erhöhung des Rentenniveaus; Verbesserung in der Gesundheits- und Pflegeversorgung - und eine Politik, die bezahlbare Mieten sichert. „Fehlender bezahlbarer Wohnraum ist gerade in Düsseldorf ein sehr großes Problem“, ergänzt DGB-Chefin Wolf.

Klaus Churt vom DGB Düsseldorf erklärt den Hintergrund dieser umfangreichen Forderungen. „Wir brauchen einen funktionierenden Staat, um die Frustration der Menschen runterzufahren“, sagt er. Die AfD biete keine Lösungen für diesen Frust. Eine vernünftige Betreuung in Kitas müsse gewährleistet sein, genauso, dass Busse und Bahnen pünktlich fahren oder man nicht monatelang auf einen Arzttermin warten muss. „Und da geht es um eine gesamtgesellschaftliche Finanzierung. Die Dinge werden nun einmal im Bund beschlossen und am Ende der Nahrungskette hängen die Kommunen.“

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