Dinslaken. Kim Lakomski (19) ist das jüngste Mitglied des Dinslakener Vereins Wunderfinder. Warum sie sich in ihrer Freizeit um Bedürftige kümmert.
Es ist kalt. Kim Lakomski (19) steht draußen, in einem Garagenhof neben dem Bahnhof. Die gelbe Warnweste über ihrer dicken Winterjacke weist sie als Mitglied des Vereins Wunderfinder aus. Während ihre Freundinnen möglicherweise ausgehen, shoppen oder ins Kino gehen, kümmert sie sich um obdachlose Menschen. Ehrenamtlich. Der Verein Wunderfinder besteht seit acht Jahren, gibt warmes Essen und Getränke an Bedürftige aus, unterstützt Alleinerziehende. An diesem kalten Abend ist die 600. Ausgabe und Kim, das jüngste Mitglied der Wunderfinder, backt Waffeln - diesmal mit prominenter Unterstützung: Zur Feier des Tages hilft Bürgermeisterin Michaela Eislöffel den Wunderfindern bei der Ausgabe.
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Es gibt 1000 Gründe, warum Jugendliche sich auf ihren 18. Geburtstag freuen. Bei Kim war es weder die Aussicht auf den Führerschein oder eine dicke Party. Sondern das Recht, endlich Mitglied bei den Wunderfindern werden zu dürfen. Acht Jahre habe sie darauf gewartet, berichtet ihre Mutter Bianka Lakomski. Sie ist die 2. Vorsitzende des Vereins, Kim ist also quasi mit den Wunderfindern aufgewachsen.
„Ich habe ja gesehen wie der Verein aufgebaut wurde. Und den Menschen zu helfen und ihre glücklichen Gesichter zu sehen, ist etwas Schönes“, so erklärt die 19-Jährige, die in diesem Jahr ihr Abitur macht, ihr Engagement. Schon als Jugendliche habe sie manchmal bei den Weihnachtsfeiern der Wunderfinder helfen dürfen, oder beim Stand während der Din-Tage. Nur die Ausgaben selbst, die bis Ende 2023 noch direkt am Bahnhof stattfanden, durfte sie nicht unterstützen: „Aber ich habe die Geschichten von Mama mitbekommen.“
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Geschichten von Menschen, die oftmals das Schicksal in die Bedürftigkeit getrieben hat, die auf dem Lebensweg einmal falsch abgebogen sind. Die kein Dach über dem Kopf haben und Löcher in den Schuhen. Rentner, deren Rente nicht ausreicht, um sich jeden Tag eine warme Mahlzeit zu leisten. Alleinerziehende, die ihre Kinder ohne das Obst- und Gemüse der Wunderfinder nicht gesund ernähren können. Gerade die jungen Mütter waren Kim immer besonders nah: Der Altersunterschied zu deren Kindern sei nie groß gewesen. „Ich habe auch von Anfang an meine Sachen gespendet“, sagt Kim.
Der Umgang mit den Bedürftigen hat Kim geprägt
Der Umgang mit den Bedürftigen, „mitzubekommen, was andere Menschen haben oder eben nicht haben und wie viele davon betroffen sind“, das habe sie „definitiv geprägt“, sagt die 19-Jährge. „Es ist schon ein Unterschied, ob man etwas hört - oder selber sieht.“ Sie selbst sei „nicht der Mensch, der immer etwas Neues haben muss. Das kam für mich nie in Frage.“ Zwar hat sie neue Kopfhörer zu Weihnachten bekommen - aber nur, weil die alten kaputt waren, sagt die Mutter.
Zweimal in der Woche hilft Kim bei der Essensausgabe mit. Das bedeutet, dass Pavillons aufgebaut, Kaffee gekocht, Essen warmgehalten und ausgegeben werden muss. Auch bekommen die Menschen nach Bedarf Kleidung, Schuhe, Schlafsack, Sanitärartikel. Von 16 bis 20 Uhr sind die Wunderfinder mit der Ausgabe und deren Vorbereitung und Abbau beschäftigt. Von 80 Vereinsmitgliedern sind etwa 30 aktiv. Wenn sie nicht gerade in der Klausurphase stecke, sei sie immer dabei, sagt Kim. „Ich empfinde das nicht als anstrengend, es macht Spaß.“
„Man bekommt total viel Dankbarkeit mit“
Dampfschwaden steigen in den kalten Abendhimmel, als sie das Eisen öffnet und eine duftende Waffel herausnimmt. Erika Flicka, ebenfalls Mitglied der Wunderfinder, reicht sie einem jungen Mann, der sich freundlich bedankt. Die Kunden der Wunderfinder seien „supernett“, findet Kim. „Man bekommt total viel Dankbarkeit mit“, sagt sie. Gerade bei der Kleiderausgabe, wenn „da etwas bei ist, was wirklich gebraucht wird, steht den Leuten die Dankbarkeit ins Gesicht geschrieben“. Und das sei „Geschenk genug.“
Das sind die Wunderfinder
Der Verein Wunderfinder wurde am 12. März 2017 gegründet. Zunächst ging es vor allem darum, die Obdachlosen am Bahnhof mit warmem Essen zu versorgen. Aktuell kommen etwa 40 Bedürftige zu den Ausgaben des Vereins - immer mehr Rentner und Alleinerziehende sind darunter.
Vorsitzender des Vereins ist seit Jahren Ludger Krey, die zweite Vorsitzende, Bianka Lakomski, ist das einzige noch aktive Gründungsmitglied. Mittlerweile hat der Verein 80 Mitglieder, etwa 30 sind aktiv. Infos auch zu Kleiderspenden gibt es auf https://wunderfinder-dinslaken.de.
Ansonsten geht sie gern ins Fitnessstudio, trifft sich mit Freunden. Und die finden ihr Engagement nicht nur „super“, sondern es ist auch ansteckend: Oftmals kämen Freunde dazu, wenn sie selbst etwas spenden wollen, erzählt Kim. Im Sommer macht die 19-Jährige Abi. Und danach? Möchte sie ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) machen. Um ihren Führerschein zu finanzieren. Und um sich zu engagieren. Am liebsten wäre ihr ein FSJ-Platz im öffentlichen Wohnzimmer „Dein Treff“ der Diakonie Dinslaken. Auch hier kümmert man sich um Obdachlose.