Hünxe. In zwei Sitzungen waren die Anliegen von Wolfgang Schulte schon Thema für die Politik. Nach den Einlassungen des Kämmerers übt er weiter Kritik.

Ob Michael Häsel als Kämmerer der Gemeinde Hünxe zu konservativ rechnet, ist in den Augen von Wolfgang Schulte keine Frage. Der Unternehmer aus Drevenack kritisierte den Ansatz von Michael Häsel bei der Gewerbesteuer der Gemeinde. Im Ausschuss im Frühjahr prallten er und der Kämmerer direkt aufeinander. „Das Gespräch war geprägt von gegenseitigem Unverständnis“, kommentiert Wolfgang Schulte heute.

Seine Kritik von damals, dass der Ansatz für die Gewerbesteuer wohl zu gering gewählt sei, findet er in der finalen Abrechnung des Hünxer Haushaltes bestätigt. Statt der erwarteten 8,3 Millionen Euro, die veranschlagt waren, landeten im Jahr 2023 insgesamt rund 11,8 Millionen Euro auf diesem Wege in der Hünxer Gemeindekasse. „Und das war auch in den Vorjahren immer so“, merkt Schulte an. Und hat damit ebenso recht: 2022 landeten statt der angepeilten 8 Millionen Euro etwa 11,4 Millionen Euro Gewerbesteuer in der Kasse. 2021 waren es ebenfalls rund 11,3 Millionen Euro, die von den Firmen in der Kommune in Richtung Gemeindekasse flossen.

Ansatz für Gewerbesteuer - fast 30 Prozent unter Ergebnis

Und hier kann man sich, wie Wolfgang Schulte es macht, fragen, warum der Ansatz für die Gewerbesteuer fast 30 Prozent unter dem Ist-Ergebnis liegt, bei dem es seit Jahren keine riesige Bewegung gegeben hat. Und es ist ja eigentlich auch nicht davon auszugehen, dass die Wirtschaft in Hünxe im kommenden Jahr so enorm schwächelt, dass entsprechend geringere Einnahmen zu erwarten wären.

Kämmerer Michael Häsel diskutiert immer wieder mit Wolfgang Schulte über den Hünxer Haushalt.
Kämmerer Michael Häsel diskutiert immer wieder mit Wolfgang Schulte über den Hünxer Haushalt. © FUNKE Foto Services | Markus Joosten

Kämmerer Michael Häsel begründet das damit, dass er sich nach den Gewerbesteuerbescheiden richte, die an die Betriebe in Hünxe versandt werden. Und die liegen eben bei der angepeilten Höhe. Dass es am Ende zu Mehreinnahmen komme, sei dem Umstand geschuldet, dass es sich bei der Gewerbesteuer um ein rollierendes System handelt. Das heißt: Nachzahlungen aus Vorjahren kommen zum Beispiel erst später an, planen könne der Kämmerer damit aber nicht. Zudem würden auch aktuelle Entwicklungen berücksichtigt. „Die Gewerbesteuer ändert sich quasi wöchentlich“, erklärt der Kämmerer. Dabei nutze er das gleiche System „wie alle Kämmerer im Kreis Wesel“. Auch zu diesen Berechnungen hat Wolfgang Schulte eine klare Meinung: „Ich finde das System, das die Kämmerer im Kreis Wesel haben, einigermaßen seltsam“, kommentiert er die Einlassung des Hünxer Kämmerers. Und sieht sich, mit Verweis auf Landeshaushaltsordnung im Recht.

„Ich finde das System, das die Kämmerer im Kreis Wesel haben, einigermaßen seltsam.“

Wolfgang Schulte
Der Unternehmer ist der Ansicht, im kommunalen Haushalt müssten Ansätze für Einnahmen anders gestaltet und am Ende die Bürger entlastet werden.

Müssten die Kämmerer anders rechnen?

Dort steht nämlich, dass die Steuereinnahmen auf Grundlage der Schätzungen in der Frühjahrs- bzw. Herbstprojektion der Bundesregierung angenommen werden sollen – und sich an den Vorjahren orientieren. Für die Kommunen gilt diese Regelung allerdings nicht – es gibt keine explizite Vorschrift zum Ansatz der Steuereinnahmen. Zudem gilt für die Kommunen das Vorsichtsprinzip, das zu konservativeren Schätzungen anhält, was eher für den Ansatz von Michael Häsel sprechen würde. Der sich, über die Bescheide für die Gewerbesteuer, ja ebenfalls an den Vorjahren orientiert.

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Nun könnte man, so meint Wolfgang Schulte, natürlich annehmen, dass die Einkünfte in diesem Bereich immer ähnlich hoch sein werden. Ginge man so von höheren Steuereinnahmen aus, könnte man, was Wolfgang Schulte anmahnt, die andere Abgabenlast für die Bürger – nämlich zum Beispiel bei den Hebesätzen für die Grundsteuer – senken. „Das haben andere Städte in einer wesentlich schlechteren Haushaltslage als Hünxe auch getan“, erklärt Schulte, darunter die Stadt Duisburg.

Stabilität oder vermeintliche Gerechtigkeit

Kämmerer Michael Häsel setzt allerdings auf stabile Hebesätze. Eine jährliche Anpassung nach geschätztem Steueraufkommen mit Bezug auf die Vorjahre würde konsequenterweise ein ständiges auf und ab bei den Hebesätzen nach sich ziehen, erklärte der Kämmerer. In diesem System würde man dann in der Kämmerei nach Schultes Vorstellungen immer versuchen, auf die berühmte „Schwarze Null“ zu kommen. Was Michael Häsel, angesichts der schon beschlossenen Investitionen – wie etwa 20 Millionen Euro in den Schulstandort in Hünxe – allerdings auch für unsinnig hält. „Dann würde man den Menschen jetzt ein Steuergeschenk machen, müsste dann in der Zukunft aber umso mehr erwirtschaften“, erklärt der Kämmerer - mit anderen Worten: die Steuern erhöhen. Häsel merkt dazu an, dass sich ein Unternehmer wie Schulte selbst einer ist, wohl kaum so verhalten würde.

„Dann würde man den Menschen jetzt ein Steuergeschenk machen, müsste dann in der Zukunft aber um so mehr erwirtschaften.“

Michael Häsel
Der Kämmerer der Gemeinde Hünxe hält es für unsinnig, jetzt Steuern zu senken, um sie wegen bereits geplanter Investitionen dann in Zukunft wieder raufzusetzen.

Zumal stünde dann die Frage im Raum, wen man jetzt beschenken solle: Man könnte dann nämlich die Grundsteuer A, Grundsteuer B oder eben die Gewerbesteuer anpassen. Gerechtigkeit käme dabei aber am Ende eher nicht heraus, meint Häsel. Die vom Kämmerer – und anscheinend auch der Politik – geschätzte Stabilität, findet Wolfgang Schulte, sei aber „kein Wert an sich“, sondern ungerecht, weil Bürger dadurch zu viele Steuern zahlen müssten. „Es kann nicht darauf ankommen, was der Kämmerer lieber hat, sondern rationale Regeln sind einzuhalten“, erklärt Schulte dazu. Ob seine Ideen oder die des Kämmerers besser sind, kann man diskutieren. Die Politik hat diese Frage für Hünxe allerdings bereits entschieden.

Haushaltsbesprechungen oft nicht öffentlich

Zudem merkt Wolfgang Schulte kritisch an, dass auf allen anderen politischen Ebenen und in sehr vielen Kommunen die Frage der Haushaltsaufstellung und der Steuersätze „das zentrale politische Thema“ sei, während in Hünxe der Entwurf des Kämmerers seit Jahren einfach durchgewunken werde. Hierzu muss man allerdings sagen, dass Kämmerer Michael Häsel im Vorfeld und quasi ständig Gespräche mit den Parteien zum Haushalt führt. „Das sollte Herr Schulte auch wissen. Er war lange genug als sachkundiger Bürger selbst mit dabei“, sagt der Kämmerer. Und habe auch da schon durchaus kritische Fragen gestellt.

Zwei Probleme

Über den positiven Haushaltsergebnissen der vergangenen Jahre schwebt in Hünxe ein besonderes Damoklesschwert: die isolierten Coronakosten. Rund sechs Millionen Euro stehen hier in Hünxe zu Buche, darunter eine Million aus dem Haushalt 2023. Wie diese abgetragen werden sollen, muss die Politik in der Gemeinde noch entscheiden. Will man sie auf einen Schlag zurückzahlen, hätte man wahrscheinlich ein dickes Minus bei den Rücklagen zu verbuchen. Wenn nicht, müsste man über eine lange Zeit jährlich entsprechende Mittel dafür aufbringen.

Das zweite Problem ist die Grundsteuerreform. Zum kommenden Jahr wird die Gemeinde Hünxe die Hebesätze anpassen müssen. In welche Richtung es gehen soll, hat die Verwaltung bereits nichtöffentlich mit der Politik besprochen. Eine entsprechende Vorlage mit einer Idee dazu, soll zeitnah veröffentlicht und beschlossen werden.

Dass Wolfgang Schulte nun die Ratsfraktionen des öfteren als „Kuschelkoalition“ betitelt, geht Michael Häsel zu weit: „Das sind ehrenamtlich engagierte Menschen, die sowas nicht verdient haben“, sagt der Kämmerer. Zumal im Rat auch durchaus Unternehmer und Selbstständige sitzen – mit Markus Kempmann von der EBH zum Beispiel ein Steuerberater – die sich durchaus mit Zahlenwerken auskennen. Diesen zu unterstellen, sie würden komplett ahnungslos und unkritisch dem Kämmerer folgen, findet Michael Häsel unangemessen. Zumal ja auch im Rat gefällte Beschlüsse Auswirkungen auf den Haushalt haben, die der Kämmerer dann umsetzen muss. Vielleicht, so meint Michael Häsel, wären die Ratsmitglieder eher die richtigen Ansprechpartner für Wolfgang Schulte. „Die müssen schließlich am Ende alles entscheiden.“