Dinslaken. Nach Jahrzehnten hat der Bahnhof Dinslaken wieder einen zweiten Bahnsteig. Er ist fertig - steht allerdings leer. Warum hier noch kein Zug hält.

Wer am Bahnsteig in Dinslaken auf den Zug in Richtung Wesel wartet, kann ihn sehen: Der Dinslakener Bahnhof hat seit geraumer Zeit eine Art Geisterbahnsteig. Bis zum Krieg gab es am Bahnhof zwei Bahnsteige - und danach viele Jahre nur einen. Das hat sich in den vergangenen Monaten geändert: Der zweite Bahnsteig am Bahnhof Dinslaken ist fertig. Aber Züge halten dort nicht. Bis er in Betrieb genommen und mit Leben gefüllt wird - das wird noch dauern. Jan Niklas Swart, Bauabschnittsleiter der Bahn, hat der NRZ den neuen Bahnsteig gezeigt.

Unterm Bahnsteigdach - eine Stahl-Glas-Konstruktion - weisen schon Schilder auf die Zugrichtung hin, in Infokästen warten Magnete auf Fahrpläne, gläserne Wartehäuschen und metallene Bänke stehen für Reisende bereit. Eine Treppe, genau wie an Bahnsteig 1, führt in die Tiefe. Es ist stockdunkel. Dann öffnet Jan Niklas Swart eine schwere Holztür - der Zugang zum aktuellen Fußgängertunnel. Und zum Leben.

Aufzugschacht ist fertig

Auch einen Schacht für den zweiten Aufzug hat der neue Bahnsteig bereits - der Lift selbst fehlt allerdings noch. So lange wie an Bahnsteig 1 - etwa 15 Jahre - sollen die Dinslakener aber nicht auf den Einbau warten. Wenn der neue Bahnsteig in Betrieb geht, soll auch der Lift startklar sein - und das wird in etwa einem Jahr sein, so der Abschnittsleiter. Und wenn es so weit ist und der neue Fußgängertunnel an den alten angeschlossen wird, soll auch der alte saniert werden: Die gelbweißen Wandfliesen sollen einem modernen, grauen Anstrich weichen. Auch das alte Bahnsteigdach wird erneuert.

Hinter der Holzwand verbirgt sich der neue Fußgängertunnel.
Hinter der Holzwand verbirgt sich der neue Fußgängertunnel. © FUNKE Foto Services | Rainer Hoheisel

Die Schienen liegen schon bereit

Das dritte und das zusätzliche vierte Gleis, das im Rahmen des Betuwe-Ausbaus im Bereich des Bahnhofs Dinslaken erstellt wird, soll zum neuen Bahnsteig führen. Die Schienen liegen zwar schon - aber wenige Meter neben ihrem Bestimmungsort. 180 Meter lange Schienenstränge warten im Bett von Gleis 3 darauf, umgehoben zu werden. Die Schneise für das vierte Gleis ist schon vorhanden - die Bodenschichten wurden eineinhalb Meter tief erneuert und stabilisiert. „Jetzt können Schotter und Gleise kommen“, so Swart.

Die Brücke fehlt noch

Allerdings würde das vierte Gleis im Moment noch ins Leere laufen: Denn auf der Strecke fehlt die halbe B8-Brücke. Sie wurde im Sommer zurückgebaut. Das Widerlager für die neue Brücke steht auf einer Seite schon. Wenn die Strecke im Januar (6. bis 19. Januar Vollsperrung) gesperrt ist, wird das zweite Widerlager - die aktuell noch blau-bunt bemalte bestehende Brückenwand - abgerissen. Aus statischen Gründen geht das nur, wenn auch über den anderen Teil der Brücke kein Zug fährt. „Das können wir nur in der Sperrpause machen“, so Swart. Zwischen Januar und März wird dann das neue Widerlager aufgebaut.

Die zweite Stützwand der Brücke über die B8 wird im April abgerissen.
Die zweite Stützwand der Brücke über die B8 wird im April abgerissen. © FUNKE Foto Services | Rainer Hoheisel

An einem Wochenende im Mai wird die B8 in dem Bereich gesperrt. Dann wird ein Traggerüst über die Straße gebaut. „Das sieht dann für Laien schon aus wie eine neue Brücke“, sagt Swart. Tatsächlich handelt es sich aber um eine Art Arbeitsgerüst, auf dem die neue Brücke dann gebaut wird. Dieses Traggerüst ist dann tatsächlich so hoch, wie die aktuelle Brücke an ihrem tiefsten Punkt: 3,90 Meter. Immer wieder stoßen Lkws vor die Brücke - der letzte vor eineinhalb Wochen. Damit in einem solchen Fall nicht das Traggerüst zerstört würde, werden vor und hinter der Brücke Durchfahrtschranken gebaut. „Das wäre sonst sehr gefährlich für alle Beteiligten“, so Swart.

Schallschutz nur teilweise transparent

In den kommenden Tagen werden die drei Meter hohen, grünen Schallschutzwände auf der Güterbahnhof-Seite eingehoben. Auf der anderen, der Innenstadt zugewandten Seite des Bahnhofs, werden die Wände vier Meter hoch sein. Bislang war von einer „transparenten Gestaltung im Bereich der Brücken und des Bahnhofs“ die Rede. Allerdings sollen die

Schallschutzwände, die auf dem Wall am Durchgangsweg zwischen Bahnhof und B8 errichtet werden, weniger transparente Elemente enthalten als etwa an der Brücke Dianastraße. Diese dämmen weniger gut und dürfen nach Vorgaben des Schallgutachters nur in begrenztem Maße eingebaut werden. Die Schallschutzwände sollen grün sein und auf Höhe von 1,5 Metern einen einen Meter breiten transparenten Streifen haben. Auf der Innenseite sollen die Wände mit Motiven aus Dinslaken verziert werden.

Wenn die neue Brücke steht, kann die alte auf der anderen Seite abgerissen werden. Das neue Bauwerk soll eine höhere Durchfahrthöhe haben als das aktuelle und die Wände sollen auch wieder bemalt oder besprüht werden, so Swart. Die Bahn führe dazu Gespräche mit der Stadt.

Damit der Bahnsteig bis zu seiner Inbetriebnahme Ende 2024 im Dornrösenchenschlaf nicht demoliert wird, hat die Bahn die Glasbauten mit Holz ummantelt. Denn kaum waren Glasdach und Wände der Unterstände fertig, haben Unbekannte nachts die Scheiben mit Steinen eingeworfen.

Die Sperrpausen im Jahr 2024: 6. bis 19. Januar, 14. Mai bis 14. Juni, 1. November bis 24. November (jeweils Vollsperrung), 25. bis 29. November (eingleisig zwischen Friedrichsfeld und Wesel), 30. November/1. Dezember (Vollsperrung), 2. bis 6. Dezember (eingleisig zwischen Friedrichsfeld und Wesel), 7./8. Dezember (Vollsperrung), 9. bis 31. Dezember (eingleisig zwischen Friedrichsfeld und Wesel).