Dinslaken. Die Stadt hat den Schulbauberatungsprozess mit der Ernst-Barlach-Gesamtschule aufgekündigt. Dieser fehle es an „Akzeptanz und Offenheit“.
Die Stadt hat den Schulbauberatungsprozess mit der Ernst-Barlach-Gesamtschule einseitig aufgekündigt. Der Schule fehle, so schreibt Schuldezernentin Christa Jahnke-Horstmann an Schulleiter Hans-Ulrich Wangerin, „die Akzeptanz und Offenheit für den angestoßenen Prozess und die darin aufgeworfenen Fragestellungen.“ Schule und Elternpflegschaft sind empört.
Das ist der Hintergrund
Die Sporthalle der EBGS an der Schillerstraße ist seit 2016 nach einem Wasserschaden gesperrt. Mittlerweile gibt es dort offenbar auch ein Problem mit Schimmel. Die Halle ist, so das Urteil der Stadt Dinslaken, ein wirtschaftliche Totalschaden. Statt die Halle abzureißen und neu zu bauen, zog die Stadt es vor, einen Standort an anderer Stelle zu suchen, um für die künftige Entwicklung des Schulstandortes der Ernst-Barlach-Gesamtschule ausreichende Flächen vorzuhalten. Nun wird eine Dreifachturnhalle auf dem Gelände der Hagenschule gebaut, in der künftig auch ein Teil der EBGS-Schüler unterrichtet werden sollen.
Dass Dinslakens größte weiterführende Schule aber dauerhaft ohne eigene Turnhalle auskommen muss und die mehr als 1000 Schüler zum Sport jeweils zu anderen Schulen laufen müssen, gefällt weder der Leitung der Ernst-Barlach-Gesamtschule noch den Eltern. Im vergangenen Jahr hat sich die Bezirksregierung eingeschaltet. Außerdem fehlt der Schule seit Jahren eine Lehrküche. Um den Unterricht überhaupt gewährleisten zu können, werden die Schüler zum Schulzentrum Hiesfeld gefahren.
Das ist passiert
Im Juni 2020 hat der Stadtrat die Verwaltung beauftragt, „sofort“ eine Lehrküche am Standort Goethestraße zu bauen, zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen auf dem Gelände der EBGS eine neue Sporthalle errichtet werden kann und zur Sanierung der beiden Schulstandorte an der Scharnhorst- und Goethestraße in enger Abstimmung mit der Schule eine Bau- und Finanzierungsplanung zu erstellen.
Angestoßen hat die Stadt Dinslaken einen „Schulbauberatungsprozess“, der im Juni 2021 begonnen hat und von einem Architekturbüro geleitet wird. Dabei stimmte offenbar von Beginn an die Atmosphäre nicht. Elternvertreter hatten den Eindruck, dass nicht nur sie nicht erwünscht seien, sondern dass die Architektin auch versuche, einen möglichen Neubau der Turnhalle abzuwenden und Anmerkungen des Kollegiums dazu abzuwürgen. Wenn überhaupt könne die Schule frühestens in fünf Jahren mit dem Bau einer Turnhalle rechnen, so der Eindruck der Eltern, den diese der Verwaltung auch während eines Schulausschusses geschildert haben.
Auch bei Schulleiter Hans-Ulrich Wangerin habe der Einstieg in den Schulbauberatungsprozess „in der Art eines ‘Bau-Wunschkonzertes’ für „große Irritationen“ gesorgt. Immer wieder sei es zudem darum gegangen, dass Räume der EBGS, die damals im bestehenden Schulgebäude des Gymnasiums eingerichtet wurde, zu groß seien. Schließlich gehe es nicht darum, die Schule „auf der grünen Wiese“ neu zu bauen oder neu zu erfinden. „Im Rahmen des Schulbauberatungsprozesses erwarten wir vom Schulträger eine Fokussierung auf die tatsächlichen Modernisierungsbedarfe unserer Schule und keine grundlegenden baulichen Änderungen unserer Schulstruktur“ – und das seien unter anderem der Neubau einer Turnhalle und Lehrküche.
Das schreibt die Stadtverwaltung
Der Schulbauprozess sei mit „ausdrücklicher Zustimmung“ der Schule auf den Weg gebracht worden, antwortete Dezernentin Christa Jahnke-Horstmann. „Im Rahmen einer sogenannten ‘Phase Null’ sollten die Potenziale beider Standorte mit Blick auf eine bauliche Entwicklung unter pädagogischen Gesichtspunkten untersucht werden. In diesem Prozess sollte, wie mit der Schule abgestimmt, auch die Sporthallensituation im Sinne einer ganzheitlichen Sichtweise einbezogen werden“, so die Dezernentin.
Beim jüngsten Workshop geemeinsam mit der Schule sei es um „verschiedene Varianten in Bezug auf die Sporthallensituation am Standort Scharnhorststraße“ gegangen und auch darum, den bestehenden Gymnastikraum „zugunsten einer Zweifachhalle auf dem Gelände aufzugeben und in Schulraumfläche umzuwandeln“. Beim nächsten Termin sollte „die bauliche Entwicklung der beiden Standorte Goethestraße und Scharnhorststraße in den Blick genommen werden“, so die Dezernentin.
Diesen Termin hat die Stadt am Vortag abgesagt. Es sei „offensichtlich nicht gelungen, die Schulgemeinde von den Chancen und Möglichkeiten, die in einem solch umfassenden und ergebnisoffenen Schulentwicklungsprozess liegen, zu überzeugen.“ Es sei nämlich „um weit mehr als die von Ihnen genannten ‘Modernisierungsbedarfe’ der EBGS“ gegangen, beschied Jahnke-Horstmann den Schulleiter. Sie halte die „Fortsetzung des Prozesses“ daher „nicht für zielführend“. Dieser sei unter Einbeziehung der Politik „neu zu bewerten und zu einem späteren Zeitpunkt unter veränderten Prämissen fortzusetzen“.
Das sind die Reaktionen
Bei dem Workshop habe die Schule den Eindruck gewonnen, dass es „der Verwaltung im Wesentlichen eher daran gelegen ist, die EBGS auf einem Standort zusammenzuführen und räumlich zu beschneiden“, schrieb Wangerin nun an Bürgermeisterin Michaela Eislöffel. Dennoch habe man an dem Workshop teilgenommen.
Die Absage der Stadt habe die Teilnehmenden „sehr überrascht und zudem befremdet, rückt doch die unbedingt notwendige Umsetzung des Ratsbeschlusses, also die Planung und der Bau einer Sporthalle auf dem Gelände der Scharnhorststraße, zeitlich wieder in weite Ferne“, so der Schulleiter. Auch Richard Pennings, Elterpflegschaftsvorsitzender, ist verstimmt: „Wir Eltern machen uns große Sorgen, dass unsere Kinder, die seit 2016 in ganz Dinslaken und darüber hinaus zu Sporthallen laufen müssen oder gefahren werden, noch viele weitere Jahre diesen unmöglichen Zustand hinnehmen müssen. Wir kommen hier an unerträgliche Grenzen.“ Die Schule appelliert an Stadt und Politik, die Beschlüsse vom vergangenen Jahr „zeitnah und verlässlich umzusetzen“.
So geht es weiter
Die Stadt will der Politik im Schulausschuss am Mittwoch, 17. November „über den Sachverhalt berichten.“ In der Sitzung geht es außerdem unter anderem um die 57 Millionen Euro teure Sanierung des Schulzentrums Hiesfeld für die neue Gesamtschule Hiesfeld und das Gustav-Heinemann-Gymnasium.