Dinslaken. Erneut wurde der Geldautomat in Dinslaken-Lohberg gesprengt. Das Ledigenheim ist stark beschädigt. Ein scharfer Sprengsatz war noch vor Ort.
Die Schaufensterscheibe der Sparkasse im Ledigenheim Lohberg ist bis auf die Straße geflogen, so gewaltig war die Detonation, die Kriminelle am Freitagmorgen ausgelöst haben: Erneut wurde der Geldautomat der der Filiale an der Steigerstraße gesprengt. Die Anwohner wurden um 4 Uhr durch die Explosion geweckt und sahen drei Täter mit einem dunklen Wagen flüchten.
Zuletzt hatten sich unbekannte Täter im Oktober an dem Geldautomaten zu schaffen gemacht. In etwa um dieselbe Uhrzeit – 4.10 Uhr morgens – hatten sie versucht, den Geldautomaten zu sprengen. Schaden am Gebäude entstand dabei nicht, der Geldautomat war aber einige Wochen außer Betrieb. Ob dieselben Täter zurückgekehrt sind, um ihr Werk zu vollenden, kann die Polizei am Freitag nicht sagen. Es gebe zu viele Tätergruppen, viele reisen aus den Niederlanden an, so die Beamten.
Ledigenheim ist schwer beschädigt
Allerdings sind die Täter diesmal gründlicher vorgegangen als im Oktober: Die Explosion hat nicht nur die Fensterscheiben aus den Rahmen gedrückt, im Keller sind auch Wasserleitungen gerissen und die Fassade des Ledigenheims hat Risse – ebenso wie das Treppenhaus, berichtet Janet Rauch, Geschäftsführerin der Stiftung Ledigenheim, die in der Nacht im Gebäude geschlafen hat. Die Polizei spricht morgens von „erheblichen Schäden“.
Das Ledigenheim muss geräumt werden. Das Gebäude ist aktuell nicht bewohnbar. Statiker der Bauordnung der Stadt Dinslaken sind morgens vor Ort, können die Schäden am Denkmal aber erst nachmittags untersuchen. Denn die Täter haben einen scharfen Sprengsatz zurückgelassen: Ein schwarzer, flacher Kasten, aus dem Drähte ragen. Polizei und Feuerwehr sperren den gesamten Bereich rund ums Ledigenheim ab, die Bewohner der gegenüberliegenden Häuser dürfen diese nicht verlassen oder betreten.
Feuerwehr und Polizei sperren den gesamten Bereich rund ums Ledigenheim ab, die Bewohner der gegenüberliegenden Häuser dürfen diese nicht verlassen oder betreten. 34 Anlieger werden von der Stadt Dinslaken betreut und versorgt, auch Bürgermeisterin Michaela Eislöffel redet mit ihnen.
Andere warten auf dem Johannesplatz, weil sie aufgrund der Sperrung nicht zur Arbeitsstelle konnten oder an anderen Erledigungen gehindert werden. Zwei Schuljungs bleiben auf dem Weg zum Schulbus stehen und bestaunten die Szenerie mit großen Augen. Als sie dann auch noch eine Privataudienz der Feuerwehr bekommen, verpassten sie glatt den Bus. Aber das Gesehene war vermutlich ohnehin deutlich spannender als die erste Stunde Mathe.
Experten in Schutzanzügen
Das LKA aus Düsseldorf rückt mit Experten in Schutzanzügen und einem Spezialroboter an. Das Gerät mit der Anmutung eines kleinen Panzers untersucht und röntgt die verdächtige Kiste vor Ort. Und dann passiert erst einmal sehr lange nichts. Eine Entschärfung vor Ort ist nicht möglich, ein Spezialfahrzeug des LKA muss nachgeordert werden. Als der SUV mit dem äußerlich unscheinbaren blauen Anhänger vorfährt, ist es schon nach 11 Uhr. Unter der blauen Plane legen die LKA-Mitarbeiter eine Kapsel frei.
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Das anschließende Schauspiel haben auch die Einsatzkräfte vor Ort noch nie gesehen. In einer langen Reihe stehen sie hinter der Absperrung und verfolgen, wie sich der Roboter in Zeitlupe dem Sprengsatz nähert, ihn mit seinem Greifer fasst und dann zum Anhänger rollt – Zentimeter für Zentimeter, um ja keine Schwingung auszulösen. Als der Greifer den Sprengsatz in der Kapsel verstaut, ist es mucksmäuschenstill.
Gegen 14 Uhr ist eine weitere Explosion zu hören: Der Sprengsatz wird am Fuß der Halde kontrolliert gezündet. Das Gebäude ist nun freigegeben und kann untersucht werden. Die Standsicherheit des Gebäudes ist gewährleistet, es sind keine tragenden Teile betroffen, das ist zum Glück das Ergebnis, so Stadtsprecher Marcel Sturm: „Das Gebäude kann wieder betreten werden – mit Ausnahme des betroffenen Sparkassenbereichs.“
Nebel behindert Suche nach Tätern
Von den Tätern fehlt am Freitag jede Spur. Ihnen kam wohl auch das Wetter zu Gute, berichtet die Polizei: Ein Hubschrauber konnte wegen Nebels nicht zur Fahndung hinzugezogen werden. Eine Frau berichtet, dass mehrere Anwohner das flüchtende Fahrzeug mit den drei Tätern gefilmt haben.
Ob die Täter Beute gemacht haben, dazu äußern sich Polizei und Sparkasse grundsätzlich nicht. Wie hoch der Sachschaden ist, muss sich nun klären. Im Gegensatz zum letzten Mal wurde der Geldautomat diesmal „komplett zersprengt, davon ist nichts mehr zu gebrauchen“, so Friedrich-Wilhelm Häfemeier, Vorstandsvorsitzender der Niederrheinischen Sparkasse (Nispa). Lohberger, die fürchten, dass nun nicht nur der Edeka schließt, sondern auch die Nispa den Automaten nicht mehr aufbaut, kann Häfemeier beruhigen. „Wir ziehen uns nicht aus Lohberg zurück“. Nur wie und möglicherweise auch wo die Nispa den Stadtteil versorgen will, dass müsse nun auch angesichts der durch die Explosion verursachten Schäden geklärt werden.