Mülheim/Bochum. Wie schützt man sein Haustier für den Fall, dass man nicht mehr da ist? Tipps vom Anwalt. Und die berührende Geschichte von Katze Molly.
Als ihr Lieblingsmensch verstirbt, ist Molly plötzlich ganz alleine. Würde sie wie andere Katzen im Tierheim landen, wenn sich keiner ihrer erbarmt? Zum Glück hat Mollys Lieblingsmensch für die Zukunft der Katze vorgesorgt. Molly kann sich daher weiterhin sorgenfrei die Pfoten lecken.
Aber wie sichert man am besten die Zukunft seiner Katze oder seines Hundes? „Der entscheidende Punkt ist, dass ich mir rechtzeitig Gedanken darüber mache, was möchte ich eigentlich, wenn ich versterbe, und welche Möglichkeiten habe ich?“, betont Alexander Neuhaus (41). Der Anwalt, der auf dem Pferdegestüt Niedener Hof in Mülheim-Mintard aufgewachsen ist, hat sich auf Erbrecht spezialisiert.
Wer sich einen Hund oder eine Katze anschafft, sollte sofort über einen Plan B nachdenken
Menschen, die einen großen Familien- und Freundeskreis haben, werden Molly oder Charlie gut versorgt wissen. Aber auch das ist kein Selbstläufer. „Wenn man sich ein Tier anschafft, sollte man sich direkt mit Freunden und Familie absprechen, damit man einen Plan B hat, also dass sich jemand um das Tier kümmert, wenn einem etwas zustößt“, sagt Sophie Reifer, Katzen-Tierpflegerin im Tierheim in Bochum. Einsamen Menschen empfiehlt die 29-Jährige, zum Beispiel Kontakt zu Nachbarn aufzunehmen. Vielleicht findet der Vierbeiner dort im Notfall ein liebevolles Zuhause?
Man kann also zu Lebzeiten einen Paten für seine Katze oder seinen Hund suchen, einen Menschen, der für das Tier da ist, wenn man selbst verstirbt. Das kann man zum Beispiel im komplett handschriftlich verfassten Testament festhalten, den Namen des Paten und seine Kontaktdaten. „Ich habe einen relativ großen Spielraum, was ich in meinem Testament festlege“, so Neuhaus. Wobei es ratsam ist, den Paten eine Kopie des Testaments zukommen zu lassen. Schließlich muss eine Molly sofort versorgt werden. Sie kann nicht Wochen bis zur Testamentseröffnung warten.
Kann man seinem Hund sein Vermögen vermachen?
Für alleinstehende Menschen mag es verlockend sein, den besten Gefährten als Alleinerben im Testament zu bedenken. „Hiermit vermache ich meiner Molly mein gesamtes Vermögen“? Doch so einfach ist das nicht. „Ein Tier kann kein Vermögen besitzen“, weiß Neuhaus. Man kann nach deutschem Recht ein Tier nicht als Erben einsetzen. Im schlimmsten Fall wird dadurch das gesamte Testament unwirksam. Welche Alternativen hat man stattdessen, für seinen vierbeinigen Freund vorzusorgen?
Mollys Besitzerin hat es so geregelt: Sie hat ihr Vermögen einer Hilfsorganisation vermacht, den „SOS-Kinderdörfern weltweit“, und dem Testament eine tierische Zusatzklausel hinzugefügt, erzählt Petra Messerer, Anwältin für Nachlassabwicklung bei den „SOS-Kinderdörfern weltweit“. Demnach sollte nach dem Tod der Besitzerin eine Nachbarin für die Katze sorgen. Die Betreuerin erhielt dafür eine Aufwandsentschädigung von der Organisation. Und Molly war weiterhin gut versorgt.
Karl Lagerfelds Katze Choupette
Ähnlich erging es Choupette, der Katze des Modedesigners Karl Lagerfeld. Er hatte verfügt, dass nach seinem Tod sich eine Nachbarin um das Tier kümmern soll. Sie erhielt dafür ebenfalls ein Gehalt – und ein eigenes Haus.
„Je mehr finanzielle Möglichkeiten ich habe, umso mehr Möglichkeiten habe ich natürlich auch, Vorkehrungen zu treffen“, sagt Anwalt Neuhaus. Man kann jemanden dafür bezahlen, dass er sich um Hund Charlie kümmert. „Wichtig ist, dass ich nicht einfach nur reinschreibe: ,Kümmere dich um das Tier.‘ Ich muss schon deutlich machen, wie das Ganze ablaufen soll.“ Also wie oft die Person zum Beispiel mit Hund Charlie spazieren gehen soll und welchen Betrag sie dafür erhält.
Katze und Hund: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser
Aber wie kann man sicherstellen, dass es Charlie wirklich an nichts fehlt?
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser: Mollys Lieblingsmensch verfügte, dass der Testamentsvollstrecker bei den SOS-Kinderdörfern regelmäßig überprüfte, dass die Nachbarin tatsächlich für das Tier sorgt. „Sie musste auch monatlich ein Filmchen machen, damit man sieht, dass es der Katze wirklich gut geht“, erzählt Petra Messerer, Anwältin bei den SOS-Kinderdörfern. Die Nachbarin musste das Datum der aktuellen Tageszeitung in die Kamera halten und den Impfpass.
Anwalt Neuhaus kann den Wunsch nach Kontrolle nachvollziehen, wie oft der neue Betreuer mit Charlie zum Tierarzt gehen soll, ob er ihm Nass- oder Trockenfutter gibt, wie viele Leckerlis und Streicheleinheiten der Hund am Tag bekommt. Rechtlich gesehen könne man da viel festlegen, so der Anwalt. „Aber nicht alles, was rechtlich möglich ist, ist auch praktikabel.“ Es bleibt ein Stück weit eine Frage des Vertrauens: „Je mehr ich festlege, desto weniger hat die Person eventuell Lust, diese Aufgabe zu übernehmen.“
Und wieder kommt es auf die finanziellen Mittel an: „Wie oft im Leben gilt auch hier: Je mehr ich die Leute Dinge machen lasse, die sie gar nicht von sich aus machen möchten, desto eher spielt Geld eine Rolle.“ Neuhaus empfiehlt, sich insbesondere bei komplizierten Fällen Hilfe vom Anwalt zu holen. „Damit der eigene Wille erfüllt wird und es nicht zu Streitigkeiten kommt.“
Katze und Hund: So hilft der Testamentsvollstrecker
Man kann auch einen Testamentsvollstrecker benennen, der entweder vom Gericht bestimmt wird oder noch besser, so Neuhaus, ebenfalls eine bekannte und frühzeitig informierte Vertrauensperson ist. Dann kann man verfügen, dass Herr Schmitz eine Summe X bekommt und dafür einmal im Monat beim Tier und seinem neuen Betreuer vorbeischaut. Aber auch der Testamentsvollstrecker habe nur begrenzte Mittel und Wege, das Ganze zu kontrollieren, erklärt Neuhaus: „Er ist ja nicht die Polizei mit einem Durchsuchungsbefehl, der sagen kann: ,Jetzt öffnen Sie mir mal die Haustür und zeigen mir, welches Futter Sie geben.‘“
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Die beste Vorsorge bleibt also, frühzeitig mit Menschen zu sprechen, denen man vertraut und die die Pflege des Tieres gerne übernehmen möchten. Und bereits dann da sind, wenn man noch gar nicht das Zeitliche gesegnet hat. Neuhaus: „Man kann auch eine Verfügung treffen, wer sich um das Tier kümmert, wenn ich nicht mehr geschäftsfähig bin, wenn ich ein Pflegefall bin, sodass ich selbst einen Betreuer brauche.“
Hat man nicht vorgesorgt und kein Mensch ist in Sicht, der sich Charlie oder Mimi annimmt, landet der Vierbeiner in der Regel im Tierheim. Vorausgesetzt, man erkennt zum Beispiel bei einem Autounfall, dass in der Wohnung des verunglückten Fahrers noch eine Katze lebt. Die Bochumer Tierpflegerin Sophie Reifer empfiehlt daher eine Tiervorsorge-Karte, die man ins Portemonnaie steckt, mit der Nachricht: „Mein Tier ist allein zu Haus!“
Auf der Karte sollte man die Kontaktdaten einer zuvor informierten Person des Vertrauens notieren, die die Wohnung aufschließen und sich rechtzeitig um das Tier kümmern kann. Hat der Besitzer des Tieres überlebt und kommt nach dem Autounfall wieder zurück aus dem Krankenhaus, gibt es ein großes Wiedersehen zwischen Lieblingsmensch und Lieblingstier.
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Dieser Artikel ist das erste Mal am 30. November 2024 erschienen.