NRW. Nachrichten schicken oder den Standort teilen: Smartwatches haben viele nützliche Funktionen. Warum Schulleiter in NRW nun ihr Aus fordern.

Bereits im Grundschulalter tragen viele Kinder eine Smartwatch. Die Kinder-Uhren unterscheiden sich teilweise in den Funktionen. Je nach Modell können die Schülerinnen und Schüler mit den Uhren nicht nur Nachrichten schreiben oder Spiele spielen, sondern auch von den Eltern per GPS getrackt werden. Eines haben sie jedoch alle gemeinsam: Im Schulalltag können sie vom Unterricht ablenken. Sven Winkler, Vorsitzender des Allgemeinen Schulleitungsverbands Deutschlands (ASD), fordert deshalb ein Verbot von Smartwatches im Unterricht. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft NRW wünscht sich individuelle Regelungen und pädagogische Konzepte für den Umgang mit den Uhren.

Smartwatches bei Kindern seien oft mit dem Wunsch nach Sicherheit und Erreichbarkeit verbunden, erklärt Wolfgang Siebeck, Vorsitzender der Schulleitungsvereinigung NRW. Siebeck berichtet, dass immer mehr Kinder und zunehmend auch jüngere die Smartwatches nutzten. Er rät, die damit verbundenen Herausforderungen im schulischen Kontext ernst zu nehmen und unterstützt die Forderung des Dachverbandes ASD nach einem Verbot.

Die Uhren erleichtern auch das Schummeln

Denn die digitalen Uhren können die Kinder in der Schule nicht nur ablenken, sondern auch das Schummeln erleichtern. Über viele Smartwatch-Modelle kann man Nachrichten verschicken und empfangen. Das funktioniert bei Modellen wie Xplora X6 Play oder Anio 6 mit Hilfe einer SIM-Karte. Ein eigenes Smartphone ist dafür nicht nötig. Kinder können Sprachnachrichten über die Uhr aufnehmen oder voreingestellte Textnachrichten an die hinterlegten Kontakte senden. Die Eltern empfangen die Nachrichten über eine App zur Smartwatch. Apps wie Whatsapp, Tiktok oder Youtube können bei solchen Uhren nicht verwendet werden.

Die Uhren verfügen aber auch über eine SOS-Notruffunktion. Neben der Nachrichtenfunktion besitzen einige Modelle einen GPS-Tracker. Durch den können Eltern kontrollieren, wo sich das Kind aufhält. Zudem können sie durch das sogenannte Geofencing feststellen, wenn sich ihr Kind außerhalb eines zuvor festgelegten Bereiches befindet.

Schulleitungsvereinigung NRW: „Smartwatches lenken Kinder im Unterricht ab“

Besonders problematisch sei, dass die Uhren die Kinder im Unterricht ablenken, sagt Wolfgang Siebeck: „Die Geräte können die Konzentration der Schülerinnen und Schüler erheblich beeinträchtigen. Die ständige Verfügbarkeit von Benachrichtigungen und Informationen lenkt von den Lerninhalten ab und führt dazu, dass die Aufmerksamkeit der Lernenden oft nicht auf den Unterricht gerichtet ist.“ Außerdem gibt es laut Siebeck Bedenken bezüglich des Datenschutzes. Smartwatches sammelten eine Vielzahl an Daten, die potenziell missbraucht werden könnten.

Gegen ein mögliches Verbot stellt sich die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft NRW. Vorsitzende Ayla Celik findet: „Ob Smartphones oder Smartwatches - im Unterricht können sie sowohl Chancen als auch Herausforderungen bedeuten. Ein generelles Verbot im Zeitalter der KI ist daher aus meiner Sicht nicht zielführend.“

Wenn die Smartwatch im Schulmodus ist, kann sie nur die Uhrzeit anzeigen. Eltern befürworten diesen Modus, um Ablenkung im Unterricht zu verhindern.
Wenn die Smartwatch im Schulmodus ist, kann sie nur die Uhrzeit anzeigen. Eltern befürworten diesen Modus, um Ablenkung im Unterricht zu verhindern. © Shutterstock / Studio.G photography | Studio.G photography

Der Einsatz müsse durch klare Absprachen und pädagogische Konzepte geregelt werden. Zudem müssten Aspekte wie das Ablenkungspotenzial oder auch der Aspekt der sozialen Ungleichheit beim Einsatz der Geräte berücksichtigt werden, sagt Celik. Die digitalen Endgeräte böten auch den Vorteil, dass Apps wie Vokabeltrainer, Rechenhilfen oder Hausaufgaben-Planer das Lernen erleichtern können.

Landesweites Verbot von Smartwatches an Schulen ist unrealistisch

Was also nun? Folgt ein Verbot oder bleibt alles beim Alten? Mit einem NRW-weiten Smartwatch-Verbot an Schulen rechnet Siebeck nicht: „Eine einheitliche Regelung für alle Schulen könnte den unterschiedlichen Bedürfnissen und Rahmenbedingungen nicht gerecht werden. Stattdessen sollten Schulen in der Lage sein, gemeinsam mit Lehrkräften, Eltern und Schülern geeignete Lösungen zu erarbeiten, die den spezifischen Anforderungen ihrer jeweiligen Gemeinschaft entsprechen.“

Eine Art Kompromiss bietet der sogenannte Schulmodus, in dem die Kinder nur die Uhrzeit ablesen können. Alle anderen Funktionen sind nicht verfügbar. Einzig die Eltern können diesen Modus anschalten und wieder deaktivieren.

Viele Eltern sprechen sich für einen praktischen Schulmodus aus

Viele Eltern sprechen sich unter einem Facebook-Beitrag zu diesem Thema für den praktischen Schulmodus aus. Eine Userin meint aber auch: „In der Grundschule benötigen Kinder keine Uhr. Die hängt in jedem Klassenraum, und zudem gibt es einen Stundenplan und den Schulgong. Bei uns sind Handys und Smartwatches in der Schule verboten. Die müssen ausgeschaltet im Tornister liegen. Was die Kinder auf dem Schulweg machen, ist ihr Ding.“

Eine andere Nutzerin findet ein Verbot falsch und wünscht sich, dass die Kinder einen besseren Umgang mit diesen Modellen lernen. „Irgendwie habe ich das Gefühl, Probleme können heutzutage nur noch mit Verboten gelöst werden. Wie wäre es damit, den Schülern einen verantwortungsbewussten Umgang damit oder auch mit anderen `Ablenkungen´ beizubringen? Sollte natürlich schon zu Hause anfangen.“

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