Berlin. Selbstverliebt und beziehungsunfähig: Immer häufiger werden Menschen als „Narzissten“ bezeichnet. Aber wie tickt ein Narzisst wirklich?
- Narzisstische Persönlichkeiten können in Beziehungen für große Betrübnis sorgen
- Denn Narzissten ist vor allem eine Sache wichtig: sie selbst
- Was sind Ursachen und Anzeichen für eine narzisstische Persönlichkeit? Welche Folgen gibt es für die Partnerschaft? Was können betroffene Paare tun?
Das Problem mit Schubladen ist, dass man schwer wieder aus ihnen herauskommt. Narzisstinnen und Narzissten kennen das. Für das Image ihrer Persönlichkeitsstörung können sie meist nichts, und doch färbt es ab. Wer selbstverliebt und egoistisch ist, wird oft als Narzisst abgestempelt. Doch diese vorschnelle Zuschreibung ist falsch. Selbstliebe ist das Gegenteil von stark ausgeprägtem Narzissmus.
Wie ticken Narzissten wirklich? Wer ist besonders davon betroffen? Und wie geht man mit einem narzisstischen Partner um? Ein Psychotherapeut und Psychiater beantworten alle Fragen rund um das Thema Narzissmus.
Welche drei Eigenschaften zeichnen einen Narzissten aus?
Im Volksmund wird Narzissmus oft mit Selbstverliebtheit gleichgesetzt. Davon zeugt der Mythos, wie ihn zum Beispiel der römische Dichter Ovid beschreibt: Narziss, ein schöner Jüngling, hat viele Verehrer und Verehrerinnen. Aber sie interessieren ihn nicht. Er ist nur von sich selbst fasziniert. Als er sich im Spiegelbild des Wassers sieht, verzehrt er sich so sehr nach sich selbst, dass er vor Verlangen stirbt.
Damit ist die Basis von Narzissten schon einmal geklärt: Sie interessieren sich in erster Linie für sich selbst und nur zweitrangig für ihre Mitmenschen. Ein gängiger psychologischer Fragebogen zum Narzissmus erfasst drei Hauptmerkmale:
- Autoritätsanspruch und Führungsdenken
- Neigung zur Selbstdarstellung
- Ausbeuterisches Verhalten
Narzissten neigen zu Dominanz, Selbstüberschätzung und Überempfindlichkeit gegenüber Kritik. Anfangs wirken sie oft charismatisch, ehrgeizig, interessant und attraktiv. Wenn man sie etwas länger kennt, treten aber auch negative Eigenschaften zutage. Zum Beispiel Egozentrik oder die Tendenz, andere auszunutzen.
- Beziehungsratgeber: Alle Artikel zum Thema Liebe & Beziehungen im Überblick
- Warnzeichen?Partner nicht mehr attraktiv? Therapeut verrät überraschende Lösung
- Theorie: Welcher Beziehungsytp sind Sie? Test schafft Klarheit
- Emotionen:Partner zeigt keine Gefühle? Was dahinter steckt
- Tipps:Forscher finden Schlüssel für glückliche Beziehung
Sind Narzissten selbstverliebt oder mangelt es ihnen an Selbstliebe?
Ein bisschen Narzissmus steckt in jedem von uns. Wer gewisse narzisstische Züge hat, kommt sogar besser durchs Leben. "Bis zu einem gewissen Maße ist Narzissmus nur ein anderer Begriff für ein gesundes Streben nach Selbstwert", sagt der Hamburger Psychiater und Psychotherapeut Prof. Dr. Claas-Hinrich Lammers. Ein gesundes Selbstwertgefühl macht psychisch stabil und kommt gut an. Außerdem sorgt eine gewisse Selbstbezogenheit dafür, dass wir uns um uns selbst kümmern und auf uns achten, dass wir uns nicht hängen oder gehen lassen und, dass wir den Antrieb haben, im Leben etwas erreichen zu wollen.
- Lesen Sie auch: Züchtet Social Media eine Generation digitaler Narzissten heran?
"Ab einem gewissen Grad der Ausprägung geht Narzissmus meist mit Problemen einher", erklärt Lammers. "Betroffene mit ausgeprägtem Narzissmus haben ein überhöhtes, aber gleichzeitig instabiles Selbstwertgefühl." Daraus entwickle sich ein Bedürfnis nach Bestätigung von außen und damit eine Abhängigkeit von anderen.
Zudem versuchen Menschen mit ausgeprägtem Narzissmus, ihren Mangel an Selbstwert oder Selbstliebe durch eine übertriebene und realitätsverzerrende Selbstdarstellung auszugleichen. Sie neigen dazu, ihre Kompetenzen und Leistungen zu überschätzen. "Ihren Selbstwert versuchen sie durch ein grandioses Selbst, also eine übertriebene Anspruchshaltung, zu kompensieren", sagt Lammers. Und das bringt gewisse Schwächen mit sich:
1. Narzissten geben ihre Fehler nicht zu
Zugegeben, es ist nicht leicht, eigene Fehler einzugestehen. Aber Narzissten fällt es besonders schwer, sich selbst zu kritisieren. Schließlich fühlen sie sich anderen in ihren Eigenschaften überlegen. Sie versuchen stets, andere zu dominieren und zu kontrollieren, ihre Leistungen und Errungenschaften kleinzureden oder abzuwerten. Fehler sehen sie deshalb ausschließlich bei anderen. Sobald sie Konkurrenz wittern, fühlen sie sich zunächst herausgefordert. Doch aus Freundlichkeit wird schnell purer Ernst und Bösartigkeit. "Sie wollen auf keinen Fall verlieren und reagieren mit Wut, Aggression oder abwertenden Äußerungen", sagt Lammers.
2. Narzissten sind stur
Narzissten lassen sich von anderen nichts vorschreiben und leben ihr Leben so, wie sie es für richtig halten. "Sie zweifeln nie an dem, was sie tun, und handeln deshalb immer wieder nach den gleichen Mustern", erklärt Psychotherapeut Lammers. Dadurch können sie auch schlecht mit anderen Menschen harmonieren und einer Meinung sein, sondern müssen sich immer wieder von anderen Menschen abgrenzen.
3. Narzissten suchen nach Aufmerksamkeit
Dennoch können Narzissten nicht alleine auf dieser Welt existieren. Um in den Kampfmodus zu kommen, brauchen sie andere Menschen an ihrer Seite. Menschen, die ihnen Anerkennung schenken und sagen, wie toll sie alles wieder gemacht haben. Und sie brauchen Liebe. Oft sogar mehr als die meisten Menschen, weil sie innerlich sehr wenig Liebe für andere und noch weniger für sich selbst empfinden.
4. Narzissten lehnen Nähe ab
Zu viel Nähe stößt sie ab. Menschen mit ausgeprägtem Narzissmus vermeiden echte Nähe und sprechen ungern über ihre Gefühle. "Sie fürchten, dadurch in eine unterlegene Position zu geraten und die Fassade einer grandiosen und makellosen Persönlichkeit nicht mehr aufrechterhalten zu können", erklärt Lammers. Gleichzeitig wollen sie nicht in eine Abhängigkeit geraten, weil sie den Verlust des Partners nicht verkraften würden", so der Psychotherapeut.
- Auch interessant: Chronischer Stress – Diese Symptome treten oft auf
Wie verhält sich ein Narzisst in der Beziehung?
Menschen mit einem stabilen Selbstwertgefühl sind in der Lage, Kritik und Ablehnung von anderen nicht persönlich zu nehmen. Narzissten sind jedoch nicht in der Lage, ihr Selbstwertgefühl aus eigener Kraft ins Gleichgewicht zu bringen. Sie brauchen daher ständig Bestätigung von außen. So schwanken Narzissten immer zwischen einem Gefühl der Grandiosität, wenn sie Lob erfahren, und einem Gefühl der Minderwertigkeit, wenn die Anerkennung ausbleibt.
"Der Partner wird vor allem gebraucht, um den Narzissten in seiner Großartigkeit zu bestätigen und ihn zu bewundern", sagt der Autor, Psychiater und Psychotherapeut Dr. Pablo Hagemeyer. Das könne so weit gehen, dass Menschen mit stark ausgeprägtem Narzissmus ihren Partner erniedrigen, um sich selbst zu erhöhen. Narzissten würden auch nicht davor zurückschrecken, Grenzen zu überschreiten und aggressiv zu werden, so der Psychiater. Zudem seien sie bei jeder Kleinigkeit gekränkt und würden sich weigern, Verantwortung zu übernehmen.
- Geliebte packt aus: So funktioniert meine Affäre mit einem vergebenen Mann
- Toxische Beziehung: Ist mein Partner ein Narzisst? Psychiater nennen Warnsignale
- Intimität: Kein Sex mehr in Beziehung? Ab wann es ein Alarmsignal ist
- Krise nach Geburt:Baby da, Liebe weg? Wenn Paare die Realität einholt
Weitere Anzeichen, an denen man einen narzisstischen Partner in einer Beziehung erkennen kann:
1. Narzissten sind schnell gelangweilt
Narzisstinnen und Narzissten neigen zu Beginn einer Beziehung zu besonderen, großen Gesten, um ihre Liebe zu zeigen. In Fachkreisen wird dieses Verhalten als "love bombing" bezeichnet. Dieser englische Begriff beschreibt die Situation sehr treffend: Zu Beginn einer Beziehung wird der Partner mit Zuneigung und Wertschätzung regelrecht "bombardiert". "Für die Partner kann sich das wie ein Rausch anfühlen", sagt Lammers.
In der Regel langweilen sich Narzissten aber schnell, weil sie immer auf der Suche nach einer emotionalen Selbstregulation und Befriedigung sind – kurz: nach einem Kick. "Wenn das Strohfeuer des Eindrucks erloschen ist, langweilen sich Narzissten und empfinden die Beziehung zunehmend als Belastung", erklärt der Psychotherapeut. Vor allem, wenn es um den Alltag geht. Gespräche auf dem Sofa, Fernsehabende im Bett oder gemeinsame Mahlzeiten - die täglichen Routinen einer Beziehung empfinden Narzissten als lästig.
2. Narzissten fehlt es an Empathie
Ein weiteres Hauptmerkmal der narzisstischen Persönlichkeitsstörung ist der Mangel an Empathie. Menschen mit dieser Störung sind zwar in der Lage, die Gefühle, Gedanken und Absichten anderer zu erkennen, zeigen aber wenig Einfühlungsvermögen. Ursache dafür sind vor allem genetische Faktoren.
Zu diesem Ergebnis kam 2013 eine Studie der Charité, die im Rahmen des Exzellenzclusters "Languages of Emotion" durchgeführt wurde: Es zeigte sich, dass Probanden, die unter Narzissmus litten, strukturelle Auffälligkeiten in der Hirnregion aufwiesen, die an der Verarbeitung und Erzeugung von Mitgefühl beteiligt ist. Diese Region der Großhirnrinde war bei Patienten mit einer narzisstischen Störung im Vergleich zur Kontrollgruppe deutlich dünner.
3. Narzissten sind sehr selbstbezogen
Typisch ist auch das Messen mit zweierlei Maß: Der Narzisst erwartet große Bewunderung für alles, was er leistet. Dazu gehören auch alltägliche und selbstständige Tätigkeiten wie das Wegbringen des Mülls. Umgekehrt wird dem Partner wenig Bewunderung entgegengebracht.
Diese Selbstbezogenheit führt oft zu Konflikten in zwischenmenschlichen Beziehungen und macht Narzissten weniger "verträglich". Damit ist umgangssprachlich gemeint, dass Narzissten schwer mit anderen Menschen harmonieren können und sich bewusst oder unbewusst von anderen abgrenzen", so Psychotherapeut Lammers.
- Lesen Sie auch: Zu hohe Erwartungen dämpfen das Eheglück
Wie verhält man sich in einer Beziehung mit einem Narzissten?
Narzisstischen Menschen fällt es schwer, Liebe und Intimität zuzulassen. "Sie haben Angst, dadurch in eine unterlegene Position zu geraten und die Fassade einer makellosen Persönlichkeit nicht mehr aufrechterhalten zu können", erklärt Psychotherapeut Lammers. Gleichzeitig fühlen sie sich unwohl, wenn der Partner sich von ihnen distanziert. Diese widersprüchliche Erwartungshaltung wird auch als Nähe-Distanz-Spiel bezeichnet.
Um das Nähe-Distanz-Spiel zu gewinnen, ist es laut Psychotherapeut Lammers notwendig, dem Narzissten die Sicherheit zu geben, nicht verletzt zu werden und ihn nicht zu überfordern. Verstößt der Partner gegen diese Grundregel, stößt der Narzisst ihn sofort zurück und sucht die Distanz.
Dennoch, so der Psychiater Hagemeyer, ist es für eine gesunde Beziehung notwendig, dass der narzisstische Partner versteht, dass Liebe nicht auf Bestellung kommt und dass Erwartungen oder Erklärungen in der Liebe nichts zu suchen haben.
- Weitere Tipps zum Umgang mit Narzissten: Narzissmus in Beziehungen: Verstößt der Partner gegen diese Grundregel, droht Liebesentzug
Wann liegt eine narzisstische Persönlichkeitsstörung vor?
Grundsätzlich unterscheidet die Psychologie zwischen Menschen mit einer narzisstischen Struktur und Menschen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung, einer klinischen Diagnose. Menschen mit einer narzisstischen Struktur sind vielleicht etwas erfolgsorientierter als der Durchschnitt, leiden aber nur wenig unter Misserfolgen.
Wenn diese Eigenschaften jedoch überhandnehmen, das ganze Leben bestimmen und den Betroffenen oder sein Umfeld stark belasten, sprechen Psychiater von einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung (NPS). "Um die Krankheit zu diagnostizieren, müssen die Betroffenen unter der Störung leiden", sagt auch Psychotherapeut Lammers. Patienten mit einer NPS seien meist einsam, erlebten berufliche Misserfolge, Trennungen, sind deprimiert, weil sie nicht erreichen, was sie erreichen wollen, und neigen dazu, andere Menschen herabzusetzen, um ihr Überlegenheitsgefühl aufrechtzuerhalten.
Allerdings, so Lammers, könne die NPS von Ärzten nicht mehr diagnostiziert werden. Der ICD-11, das zum 1. Januar 2022 überarbeitete Diagnosehandbuch der Weltgesundheitsorganisation, lasse nur noch die allgemeine Diagnose "Persönlichkeitsstörung" zu, so der Psychotherapeut. Danach werde nach Kategorien gefiltert, die den Hilfebedarf beschreiben sollen.
- Lesen Sie auch: Sport bei Krankheit – Bei diesen Symptomen wird es gefährlich
Wie viele Menschen leiden an einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung?
Psychotherapeut Lammers schätzt, dass etwa ein Prozent der Bevölkerung an einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung leidet, ohne die Dunkelziffer von Menschen zu berücksichtigen, die nicht alle Kriterien einer Persönlichkeitsstörung erfüllen, aber dennoch ein narzisstisches Problem haben. Männer erhalten die Diagnose mit 7,7 Prozent etwas häufiger als Frauen mit 4,8 Prozent, schreibt "Quarz".
Woran das liegt? Zum einen wohl an gesellschaftlichen Rollenbildern: Männer werden dazu erzogen, möglichst groß, stark, erfolgreich und durchsetzungsfähig zu sein, Frauen dazu, nett, angepasst und lieb zu sein. "Das ist sicher ein Erziehungsmuster, das sich durchsetzt", sagt Lammers. Persönlichkeitsstörungen seien auch genetisch bedingt, betont der Psychotherapeut. Allerdings seien diese noch nicht ausreichend erforscht. Zwillingsstudien zeigen jedoch, dass Persönlichkeitsstörungen zu 70 Prozent vererbt werden.
Neuere Forschungen kommen außerdem zu dem Ergebnis: Narzissmus äußert sich bei Frauen oft anders. Vermutlich werden Narzisstinnen deshalb häufiger übersehen. Denn neben dem grandiosen Narzissmus kennen Psychiater auch einen sogenannten vulnerablen Typ. Frauen neigen Studien zufolge eher zu letzterem. Sie halten sich dann zwar insgeheim auch für etwas Besonderes und erwarten eine Sonderbehandlung, sind aber introvertiert.
"Betroffene wirken eher ängstlich und depressiv. Im Gegensatz zum grandiosen Narzissmus gehen vulnerable Narzissten nicht offen aggressiv auf ihre Mitmenschen zu und werten sie nicht ab", sagt Lammers. Aber sie haben die gleiche Anspruchshaltung wie grandiose Narzissten, die gleiche Selbstbezogenheit, Grandiosität und Empathielosigkeit – nur verbergen sie das zunächst. Sie würden sich nicht trauen, dies zu zeigen, weil sie unter einem geringen Selbstwertgefühl, Scham, Hilflosigkeit oder Angst leiden, so der Psychotherapeut.
Was sind die häufigsten Ursachen von Narzissmus?
Narzissmus entsteht – wie fast alle Charakterzüge – in der frühen Kindheit. Zwei Theorien werden häufig herangezogen, um die Entwicklung narzisstischer Persönlichkeitszüge zu erklären.
1. Wenn Kinder verhätschelt werden:
Die Lerntheorie von Theodore Millon, die vor allem von Verhaltenstherapeuten herangezogen wird, sieht die Ursachen darin, dass Eltern ihre Kinder so erzogen haben, dass diese sich überbewertet fühlten. Sie lobten sie ständig und hielten sie für "etwas Besseres", ohne die tatsächlichen Leistungen ihrer Kinder zu berücksichtigen. Dieses ständige Lob führte langfristig zu einer Selbstüberschätzung der Kinder.
Daten, die für diese Theorie sprechen, lieferte eine Studie der Universität Amsterdam. Dabei wurden 565 Kinder zu verschiedenen Zeitpunkten nach ihrer Zustimmung zu narzisstischen Gedanken wie "Kinder wie ich verdienen etwas Besonderes" gefragt und untersucht, ob ihre Eltern narzisstische Einstellungen gegenüber ihren Kindern hatten. Kinder, deren Eltern eine solche übertriebene Meinung von ihnen hatten, zeigten zu späteren Zeitpunkten narzisstische Züge.
2. Wenn die Eltern ihre Kinder vernachlässigen:
Im Gegensatz dazu sah der Psychoanalytiker Heinz Kohut die Ursache des Narzissmus in einem Mangel an elterlicher Aufmerksamkeit und Zuwendung. Er ging davon aus, dass ein natürlicher, primärer Narzissmus, der eine natürliche Selbstbezogenheit des Kindes beschreibt, gestört wird, wenn das Kind erkennt, dass die mütterliche Zuwendung begrenzt ist. Um dies zu kompensieren und die frühere Vollkommenheit wiederzuerlangen, baut es ein grandioses Selbstbild auf. "Größenselbst" nennt es Kohut. Sie äußern sich später in unerfüllten Größenansprüchen und beschämenden Minderwertigkeitsgefühlen.
- ADHS bei Erwachsenen:Betroffene erklärt, was wirklich hilft
- Schlafstörungen:Häufig hilft nur noch diese Methode
- Hormone:Wechseljahre mit 27 – Die ersten Anzeichen der Menopause
- Demenz: Ab wann Gedächtnislücken besorgniserregend sind
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es für Narzissten?
Die schlechte Nachricht: Menschen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung wehren sich in der Regel energisch gegen jede Beratung und Hilfe. Nach dem Motto: Er oder sie kann es sowieso besser. Warum also überhaupt zuhören?
Ein Narzisst wird weder einen bestimmenden Therapeuten akzeptieren, der ihm sagt, was ihm hilft, noch einen Arzt, dem er sich überlegen fühlt. Deshalb muss zunächst eine tragfähige therapeutische Beziehung aufgebaut werden, erklärt Lammers. Auf dieser Basis gelte es, Einsicht in das narzisstische Verhaltensmuster zu wecken, die Wahrnehmung anderer Menschen zu fördern, einen Perspektivenwechsel herzustellen, destruktive Verhaltensmuster zu korrigieren, das Selbstwertgefühl zu stabilisieren und so den Umgang mit anderen Menschen zu normalisieren, so der Psychotherapeut. Dabei sei es wichtig, dass der Therapeut dem Patienten nicht als allwissender Behandler begegne, sondern als gleichwertiger Mensch, der auch seine Schwierigkeiten und Fehler habe, so der Therapeut. Lammers ist zuversichtlich, dass auf diese Weise eine Behandlung gelingen kann.
- Mehr dazu: Neue Therapie hilft Narzissmus-Patienten
Welche Folgen hat Narzissmus für den Betroffenen?
Narzissten erleben einen permanenten Leidensdruck durch ihr eigenes Verhalten. Zum einen durch die Spannungen und Konflikte mit anderen. Zum anderen durch die immer größer werdende Kluft zwischen der Realität und der Anspruchshaltung und Selbstidealisierung. Wenn die Betroffenen in die Enge getrieben werden, können sie in existenzielle Krisen geraten.
Im Umgang mit Narzissten ist es daher wichtig, sich bewusst zu machen, dass sie trotz ihrer aufgesetzten Selbstsicherheit innerlich leiden. Auch mit den Begriffen müsse man vorsichtig sein, so Lammers. Denn je nach Ausprägung sei Narzissmus zunächst einmal nichts Schlechtes. Der schmale Grat zwischen Selbstliebe (gesunder Narzissmus) und ungesundem Narzissmus ist, wie sehr wir in unserem Selbstwertgefühl von anderen abhängig sind und wie sehr wir ihnen mit unserem Streben nach Selbstwert schaden.