Essen. Er gilt als der Ruhrgebietsfilm: Bang Boom Bang wird 25 Jahre alt. Regisseur Peter Thorwarth über gendergerechte Sprache und sein Lieblingszitat.
Er ist das Spiegelbild einer Generation, ein Ausdruck der rauen Leichtigkeit der späten Neunzigerjahre: „Bang Boom Bang – Ein todsicheres Ding“ genießt vor allem im Ruhrgebiet Kultstatus. Zum 25-Jährigen gehen Regisseur Peter Thorwarth und etliche Darsteller wie Martin Semmelrogge, Willi Thomczyk und Oliver Korritke auf Tour im Revier. Im Interview verrät Peter Thorwarth, was er von gendergerechter Sprache hält und warum er sich – allen sexistischen Sprüchen im Film zum Trotz – zu Unrecht mit Chauvinismus-Vorwürfen konfrontiert sah.
25 Jahre Bang Boom Bang: Was wünschen Sie sich zu diesem Jubiläum?
Ich würde mir natürlich wünschen, dass wir nochmal so einen Andrang haben wie zum 20. Geburtstag: am Freitag in der Essener Lichtburg ebenso wie bei der Jubiläumsveranstaltung am 20. September im UCI Bochum. Ich bin einfach nur dankbar, dass der Film auch nach so vielen Jahren immer noch so viele Anhänger hat. Mehr kann man sich gar nicht wünschen.
Warum genießt der Film aus Ihrer Sicht bis heute so einen Kultstatus?
Es sind mehrere Dinge: Natürlich ist es das Lokalkolorit. Speziell die Menschen im Ruhrgebiet erkennen sich oft wieder. Darüber hinaus sind es im Wesentlichen zwei Sachen: Wir waren damals ein junges Team und hatten absolute künstlerische Freiheit. Ich glaube, es ist uns gelungen, genau dieses Lebensgefühl einzufangen und mit dem Film zu transportieren. Und die Figuren haben, obwohl sie so extrem sind, etwas Authentisches und Zeitloses, das nicht nur lokal funktioniert. Auch amerikanische Zuschauer verstehen den Film und seine Probleme.
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Wo wir grad beim Ausland sind: Sie wurden in Unna geboren, leben aber schon länger mit Ihrer Familie in München. Was fehlt Ihnen aus Ihrer Heimat?
Natürlich meine alten Kumpels und meine Eltern und meine Brüder, die noch dort leben. München hat eine tolle Lebensqualität, aber die Leute im Ruhrgebiet sind mir immer noch vertrauter und näher. Dadurch, dass ich alle zehn Jahre umgezogen bin, habe ich manchmal das Gefühl, zerrissen zu sein. Je länger man weg ist, umso weniger gehört man noch dazu, auch wenn ein Teil von mir immer im Ruhrgebiet bleibt.
Eine Fortsetzung von „Bang Boom Bang“ haben Sie vor einigen Jahren als „peinlich und künstlerisch schwierig“ bezeichnet. Bleiben Sie dabei?
Ja, ich finde, der Film steht für sich. Bei Fortsetzungen geht es oft darum, aus dem Erfolg und der großen Fangemeinde nochmal Geld abzuschöpfen. Das wollte ich nie und will es auch heute nicht. Außerdem lebe ich schon seit über 20 Jahren nicht mehr im Ruhrgebiet und weiß gar nicht, ob ich den Ton noch so treffen würde.
„Heute würde natürlich kein Fußballtrainer mehr von „Tuntenballett“ sprechen.“
Und dieser Ton ist ganz schön rau: „Bang Boom Bang“ mit der darin verwendeten Sprache wäre heute sicherlich schwierig. Wie stehen Sie zum Thema gendergerechte Sprache?
Wir haben damals den Zeitgeist eingefangen. Ganz witzig: Es gibt sogar einen eigenen Podcast, der jede Minute Bang Boom Bang genau auf das Thema gendergerechte Sprache hin analysiert. Heute würde natürlich kein Fußballtrainer mehr von „Tuntenballett“ sprechen. Damals war das authentisch und hat die Figuren aus dem Film charakterisiert. Aber die Realität verändert sich. Das merke ich auch im Ruhrgebiet, das eben nicht mehr die Malocher-Region ist, die sie vor 25 Jahren noch war. „Bang Boom Bang“ ist als Momentaufnahme seiner Zeit zu verstehen. Mir wurde in diesem Zusammenhang oft Chauvinismus unterstellt, zu unrecht wie ich finde! Der Film ist testosterongeladen – aber es ist die Angestellte, die die Männerwelt am Ende abzockt, die clever und tough ist. Diese Message ist mir damals schon sehr wichtig gewesen. Und ich glaube, damit kann sich auch ein junges Publikum heute noch identifizieren.
Was ist denn Ihr Lieblingsspruch aus „Bang Boom Bang“?
Einer, der nicht meiner Feder entsprungen ist, sondern von Willi Thomcyzk improvisiert wurde: „Ihr seht nicht nur scheiße aus, ihr seid auch scheiße.“
Sie haben sich zuletzt in anderen Genres versucht, feierten mit dem Action-Horrorfilm „Blood Red Sky“ und dem Kriegs-Western „Blood & Gold“ große Erfolge auf Netflix. Welche Gattung ist Ihnen am nächsten?
Ich bin durch das Ruhrgebiet geprägt, aber eben auch durch amerikanische Filme. Das schlägt sich auch in „Bang Boom Bang“ nieder. Kritiker in München haben den Film damals als lokales Bauerntheater abgetan. Sie haben nicht verstanden, dass der Film amerikanisches Storytelling ist. In Stephen Kings neuem Roman „Holly“ beklagt sich eine Figur über die schlechte Qualität von Netflix-Produktionen und bekommt dann „Blood Red Sky“ von einem Freund empfohlen. Den muss sie allerdings ausschalten, weil er ihr zu unheimlich ist. In Kings Buch aufzutauchen, hat sich wie ein Ritterschlag angefühlt.
Teilen Sie denn die Ansicht zu schlechten Streaming-Produktionen auf Netflix und Co.?
Ich hätte nichts dagegen, wieder Kino zu machen. Ich merke ja selbst, wie man Filme konsumiert. Früher wäre ich nie aus dem Kino gegangen, da hätte der Film schon extrem schlecht sein müssen. Jetzt merke ich, wie viele Filme ich auf Netflix angefangen, aber nicht zu Ende geschaut habe. Ich weiß nicht, ob ich anspruchsvoller oder ob die Filme wirklich durchschnittlicher geworden sind.
An welchen Projekten arbeiten Sie aktuell?
Aktuell habe ich drei Geschichten fertig, das sind alles internationale Stoffe: Ein historischer Film, der im Mittelalter spielt und absolut meinen Humor hat. Dann eine Zeitreisegeschichte über ein Attentat auf Adolf Hitler. Und das Dritte ist eine sehr actiongeladene Liebesgeschichte. Außerdem ist noch eine weitere Netflix-Produktion in Planung.
25 Jahre „Bang Boom Bang“: Viele Stars von damals in der Lichtburg und im UCI
- Die „Bang Boom Bang“-Vorstellung am 28. Juni, in der Lichtburg ist ausverkauft. Für den Festakt zur Ausstellungseröffnung auf Zollverein am 28. Juni, ab 17 Uhr, sind noch einige Plätze zu ergattern. Anmelden kann man sich per E-Mail an sabine.quabeck@ruhrmuseum.de.
- In Hamm wird das Jubiläum am 6. September um 18.30 Uhr mit einer Party im Foyer des Cineplex gefeiert, ehe der Film um 19.30 Uhr beginnt. Als Special-Guests haben sich u.a. Christian Kahrmann alias Mark Kampmann und weitere Crew & Cast-Mitglieder angekündigt. Für Kino und Autofans werden außerdem Keeks grüner Ford Taunus sowie Kalles goldener Mercedes vorfahren.
- Ein Heimspiel feiert die „Bang Boom Bang“-Crew am 20. September im UCI Bochum. Wer genau vor Ort sein wird, ist noch nicht bekannt. Allein im Ruhrpark haben sich den Film im letzten Vierteljahrhundert über 50.000 Zuschauer angesehen, so teilt der Verleih mit – und ein Ende ist noch längst nicht in Sicht.