Die Band Alphaville prägte mit vielen Hits die 80er-Jahre. Sie ist noch immer aktiv. Jetzt feiert ihr Sänger Marian Gold einen runden Geburtstag.
Wer an die 80er-Jahre und ihre Musik denkt, hat unweigerlich die Band Alphaville im Kopf. Große Hits wie „Big In Japan“, „Forever Young“ oder „Sounds Like A Melody“ gehören einfach in diese Zeit und werden auch heute noch auf jeder Party gespielt. Im vergangenen Jahr begeisterten Sänger Marian Gold, der zusammen mit Bernard Lloyd und Frank Mertens die Band gegründet hatte, und das Deutsche Filmorchester Babelsberg über 60.000 Konzertbesucher.
Unter dem Titel „Alphaville Forever! Live – Best of 40 Years“ wird eine der weltweit erfolgreichsten Synthie-Pop-Bands im Herbst/Winter 2024/2025 bei 23 Konzertterminen in Deutschland, Österreich und der Schweiz die Herzen der Fans erneut höher schlagen lassen. Unsere Sonntagszeitung hat mit Sänger Marian Gold, der an diesem Sonntag 70 Jahre alt wird, gesprochen.
Herzlichen Glückwunsch! Wie feiern Sie Ihren 70. Geburtstag?
Marian Gold: Wie die meisten vorher, Backstage im Kreis meiner Lieblingsband.
Inwieweit haben Sie davon geträumt, dass Sie mal eine große Jubiläumstour spielen werden?
Wenn wir hier von Wunschträumen sprechen, dann habe ich eigentlich nie davon geträumt. Das wäre so, als ob man sich wünscht, alt zu sein.
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Können Sie „Big In Japan“, „Forever Young“ und „Sounds Like A Melody“ eigentlich noch hören und spielen Sie diese Songs noch gerne? Oft hört man von Kollegen, dass die großen Hits gar nicht mehr so gern performt werden.
Das müssen Vollidioten sein!
Im vergangenen Jahr habt Ihr und das Deutsche Filmorchester Babelsberg über 60.000 Konzertbesucher begeistert, das Konzert in der Mercedes-Benz-Arena bildete den krönenden Abschluss Eurer Symphonic-Tour. Wie kam es überhaupt zu der Klassik-Idee?
Diese Idee schwebte jahrzehntelang wie ein UFO über unseren Köpfen. Eigentlich liegt der Gedanke wegen unserer Melodieverliebtheit ziemlich nahe. Ich glaube, es war Bernd, der als Erster vorschlug, unsere Musik mit einem Symphonieorchester zu interpretieren, als ich ihm 1983 ein paar neue Stücke vorspielte. Damals klang so ein Vorschlag natürlich völlig absurd. Vielleicht war es einfach nur ein Scherz. Und dann vergingen 40 Jahre.
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Keine Angst vor einem Alphaville-Overkill bei den Fans? Zwei große Tourneen so kurz hintereinander ist eher ungewöhnlich.
Das ist so ähnlich wie bei Bob Dylans „Neverending Tour“. Seit dem 11. Juni 1995 spielen wir eine fortlaufende Tournee, die sich kreuz und quer über den Globus zieht. Im Laufe der Zeit sind Musiker gekommen und gegangen, während sich die Band als Ganzes weiterentwickelt hat und auch die Musik befindet sich in einem ständigen Wandel.
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Was ist in diesem Jahr anders?
Dass wir mit zwei unterschiedlichen Programmen unterwegs sind, einmal mit den symphonischen Orchesterkonzerten und später im Jahr mit dieser speziellen Best-of-Jubiläumstour, nach der Sie mich am Anfang gefragt haben, und mit der wir unser nächstes Album „Alphaville Forever“ promoten. Diese beiden Konzertserien sind so unterschiedlich, dass ein Overkill nicht zu befürchten ist.
Zusammen mit dem Deutschen Filmorchester Babelsberg setzen Alphaville ein letztes Ausrufezeichen hinter eines der spektakulärsten Comebacks der zurückliegenden Jahre. Wie stolz macht Sie das?
Es macht uns in erster Linie glücklich. Wir lieben die Leute und die Leute lieben uns. Liebe ist nun mal das Spektakulärste, was es gibt.
Was vermissen Sie aus den 80ern heute?
Der Westen war eine Insel der Seligen. Ich vermisse diese Seligkeit.
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Warum haben Sie damals nicht deutsch gesungen? Es war doch NDW-Zeit.
Stimmt. Aber es scheint die richtige Entscheidung gewesen zu sein.
Mit dem Debütalbum „Forever Young“ hat Alphaville vor 40 Jahren die Musikwelt im Sturm erobert, seitdem gelten sie weltweit als einer der erfolgreichsten Pop-Acts made in Germany.
Toll, dass Sie das sagen. Ich kann da nur zustimmen. Wir eroberten die Musikwelt im Sturm.
Im Sommer 1993, auf Einladung der deutschen Botschaft des Libanons, habt ihr in Beirut das erste Konzert seit zehn Jahren gegeben. Es war zugleich das erste Konzert einer westlichen Band im Libanon nach dem dortigen Bürgerkrieg. Leider ist immer noch Krieg in der Ukraine. Würden Sie mal in der Ukraine spielen wollen?
Jederzeit, solange ich das gegenüber der übrigen Band verantworten kann. Deswegen sind wir 1993 auch in Beirut aufgetreten, nachdem dort der Bürgerkrieg monatelang gewütet hatte. Es war das krasseste Konzert unserer Laufbahn. Diese Woge der Emotion nach der endlosen grausamen Erfahrung des Krieges, die einem auf der Bühne entgegenschlägt, dieses unbändige Verlangen nach Glück, Lust und Frohsinn. Diese Erfahrung hat mein Leben verändert. Die Ukraine verdient jede Unterstützung in ihrem Kampf gegen diese Verbrecherbande mit Putin an der Spitze. Wo bleibt Europa, wenn dieser Krieg verloren geht?
Gab es mal eine schwere Krise bei Ihnen persönlich? Musiker erzählen schonmal, dass sie völlig durch waren, sei es physisch oder wegen Drogen…
Sowas kommt vor in einem Künstlerleben. Da soll man nicht jammern. Manchmal kommt sogar gute Musik dabei raus. Da ist Mut zum Risiko gefragt.
Sie haben 23 Dates gebucht für die Tour im Herbst. Wie bereiten Sie sich da vor? Viel Fitness?
Für Vorbereitungen dieser Art fehlt mir die Zeit, weil wir ja eh non-stop unterwegs sind, wenn wir nicht grad im Studio neue Sachen ausprobieren. Es ist das Leben, das ich gewählt habe, und ich liebe es.
„Forever Young“ wurde insgesamt vier Mal gecovert. 2008 von Bushido und Karel Gott. Eine sehr abenteuerliche Geschichte, haben Sie das nicht auch gedacht?
„Forever Young“ wurde wahrscheinlich mehrere hundert Male gecovert. Ich denke, es ist der meist gecoverte deutsche Popsong aller Zeiten. Karel, ein guter Freund, hatte eine deutsche und eine tschechische Version für sein neues Album anlässlich seines 70. Geburtstages aufgenommen, die sehr gut ankam. So entstand die Idee einer Zusammenarbeit mit Bushido. Das diese Version wieder Top-Ten in Deutschland ging, ich glaub, es ging sogar auf die 1, hat mich für Karel sehr gefreut. Ich vermisse ihn schmerzlich, seit er vor fünf Jahren verstarb.
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Sie stammen aus einer gutbürgerlichen Familie bei Münster. Wie war Ihre Jugend?
Ich bin in der schönen Stadt Herford aufgewachsen. Meine Kindheit war ein Märchen. Sorglos, behütet und in der wunderbaren Umgebung Ostwestfalens und des Teutoburger Waldes. Unser zweites Album „Afternoons in Utopia“ habe ich auch aus dieser Erfahrung heraus so betitelt.
Warum spielen Alphaville im Herbst nicht in Münster, der Gründungsstadt der Band?
Ich hoffe nicht, dass das wirklich so kommen wird. Da ist buchungstechnisch ohne unser Wissen was schiefgelaufen. Alphaville haben Münster unendlich viel zu verdanken. Dreiviertel unseres ersten Albums haben wir in dieser wunderbaren Stadt geschrieben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir nicht in Münster spielen werden.
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Sind Sie eigentlich Fußballfan? Preußen Münster ist nach dem Drittliga-Aufstieg 2023 nun in die 2. Liga aufgestiegen. Was sagen Sie dazu?
Großartig und weiter so. Ich wünsche mir ein Erstligaduell mit meinem Lieblingsverein St. Pauli. Da haben beide was von.
Dies ist ein Artikel der Digitalen Sonntagszeitung. Die Digitale Sonntagszeitung ist für alle Zeitungsabonnenten kostenfrei. Hier können Sie sich freischalten lassen. Sie sind noch kein Abonnent? Hier geht es zu unseren Angeboten.