Essen. Hierzulande beliebter als in seiner niederländischen Heimat: der Schriftsteller Cees Nooteboom. Zum Geburtstag schenkt er seinen Lesern ein Buch.
Er ist nicht mehr sicher, wie diese eine Frau ausgesehen hat, die er als junger Mann so inniglich verehrt hat – er hat aber noch genau das große Seidenkissen vor Augen, auf dem sie damals gesessen hat. Andere mögen in der Erinnerung ein unverlierbares Paradies sehen, für Cees Nooteboom dagegen ist sie eher „wie ein Hund, der sich hinlegt, wo er will.“ Dagegen ist überhaupt eine Grundmelodie im Schreiben dieses bald 90 Jahre alten Holländers, was vielleicht damit zu tun hat, dass er von der katholischen Minderheit der ohnehin oppositionsfreudigen Niederlande geprägt ist.
„Berliner Notizen“
Der Mann, der seine Vornamen Cornelis Johannes Jacobus Maria zu einem leichtfüßigeren Cees zusammengezogen hat, ist in Deutschland vielleicht sogar bekannter als in seiner niederländischen Heimat – nicht zuletzt wegen seiner „Berliner Notizen“, die zu einem Glücksfall für die Deutschen wurden, weil Nooteboom ihnen in diesem Reportage-Essay über die Wiedervereinigung Dinge sagte, die sie sich selbst lieber verschwiegen. Er kam im März 1989 als Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes nach Berlin und konnte den Fall der Mauer in einem historischen Bogen verfolgen, weil er 1961 auch ihre Errichtung in Berlin miterlebt hatte.
Nooteboom ist euphorisiert vom Tempo der Veränderung und fühlt sich präziser in die Gedanken- und Lebenswelt der Ostdeutschen ein als das die Wessis taten, deren Intellektuelle lieber eine Konföderation der beiden Staaten gesehen hätten als eine Wiedervereinigung. Dass dieser Begriff trog und tückisch über zählebige Bewusstseinsgräben zwischen Ost und West hinwegtäuscht, hat der Niederländer in einer zweiten und dritten Fortschreibung der „Notizen“ feststellen müssen.
Cees Nooteboom und seine Gedichte
Überhaupt: Von der Leichtigkeit des Nooteboomschen Schreibens lasse sich niemand täuschen: Er bleibt stets ein melancholisches Schriftsteller-Glückskind. „Die Welt“, heißt es in einer seiner Erzählungen über Bangkok, „ist eine bittere Waage.“
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Dieser Reiseschriftsteller, der seine Gedichte für besser hält als alles andere aus seiner Werkstatt (und die dank seiner kongenialen Übersetzerin Helga van Beuningen auch im Deutschen einen Hauch von Holland behalten), ist ein Romancier, der mit allen Tugenden eines Reporters arbeitet. Und ein Journalist, der Romane in einem ganz eigenen Duktus schreibt: Sie sind von Gedanken durchdrungen, die nicht etwa in Arbeit ausufern, sondern spielerisch bleiben, mehr Erwägungen als kühne Thesen. Das galt bereits für sein Debüt „Das Paradies ist nebenan“ (1955) und erst recht für sein bekanntestes Buch „Rituale“ (1980).
Die Kunst Giuseppe Penones
Am 31. Juli wird Cees Nooteboom 90 Jahre alt. Und wie zu vielen seiner Geburtstage beschenkt er auch diesmal sein Publikum mit einem neuen Buch. Den Arte-povera-Künstler Giuseppe Penone hat er einst kennengelernt, weil der Installationen nach seinen Gedichten angefertigt hat. Nun widmet er Penones eigenwilligen Werken mit mehr als nur einem Aroma von Natur eine Spurensuche. Selbst den eigenen Garten auf Menorca sieht er anders, wenn er darüber nachgedacht hat, warum der Künstler in einen kahlen Baum-Geäst Steine drapiert.
Cees Nooteboom: In den Bäumen blühen Steine. Die erdachte Welt von Giuseppe Penone. Suhrkamp, 106 S., 20 Abb., 24 €.