Aspach. Andrea Berg hat ein sehr persönliches Album veröffentlicht. Ein Gespräch über private Bekenntnisse, ihren ganz speziellen Kompass und kleine Liebesbeweise.

Wo „Andrea Berg“ draufsteht, ist auch Andrea Berg drin. Das gilt natürlich ganz besonders für ihr selbstbetiteltes Album, und daher ist „Andrea Berg“ wieder randvoll mit fetzigen bis leicht frivolen Partyschlagern, aber auch nachdenkliche und einige leicht nostalgische Stücke fehlen auf dem Album nicht. Wir sprachen mit der 59-jährigen in ihrem Domizil, dem Sonnenhof in Aspach.

Andrea, Sie sind gerade von einer eigenen Eventkreuzfahrt zurückgekehrt. Wie war es denn?

Andrea Berg: Das war tatsächlich meine allererste Kreuzfahrt, bei der ich aufgetreten bin, und sie war etwas ganz Besonderes. Ganz viele liebe Menschen waren dabei, meine Tochter war mit, mein Mann Uli ebenfalls, dazu einige Freunde. Das war wie eine große Klassenfahrt. Wir haben Riesenspaß gehabt und tolle Sachen gesehen.

Was zum Beispiel?

Wir waren am Loch Ness und haben geguckt, ob wir Nessie finden. Haben wir aber nicht. (lacht) Trotzdem war es richtig schön. Auch die drei Shows, die wir an Bord gespielt haben, waren sehr intim, sehr nah an den Menschen. Jetzt gerade beschäftige ich mich intensiv mit den Kostümen für meine Arena Tour im Februar und März. Die Herausforderung ist dabei immer auch, dass ich mich zwischen den Liedern umziehen kann, ohne dass die Menschen zu lange auf mich warten müssen.

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„Party, Hits, Emotionen“ wird die Show heißen.

Wir werden wieder sehr viele schöne Momente zusammen erleben. Ich bin wieder Peter Pan, und wir gehen gemeinsam auf eine große Traumreise. Es wird tiefe Momente geben, es wird die stillen und kleinen Momente geben, es wird natürlich auch große Showmomente geben. Wir wollen das Leben wirklich feiern und den Augenblick genießen. Neben den Songs meines neuen Albums haben wir natürlich auch alle Superhits dabei.

Peter Pan wollte nie erwachsen werden. Wie ist das bei Ihnen?

Ich liebe diese infantile Naivität, mit der wir in unsere Träume eintauchen und loslassen können. Je schwieriger und je dunkler die Welt um uns herum ist, desto wichtiger sind die Momente, in denen wir, ohne dabei oberflächlich zu sein, diese Leichtigkeit spüren können. Wir sollen nicht blauäugig durchs Leben gehen, aber die Seele muss sich ab und zu mal ausruhen.

Brauchen die Menschen Ihre Musik in komplizierten Zeiten ganz besonders?

Meine Lieder sind wie Gummibärchen für die Seele. Da sind ja viele leichte, wirklich schöne, tanzbare Schlager zum Flirten dabei, wie „Sag niemals nie“ oder „Das ist nicht fair“. Aber es gibt auch die ganz ruhigen, auch mal traurigen Momente auf dem Album, wie „Irgendwann ist irgendwann zu spät“. Auch „Du bist der Kompass“ ist für mich eine ganz wichtige Nummer. Und ich höre auch von den Fans, dass sie sich ein Stück weit an diesen Songs festhalten können. Denn geteiltes Leid ist bekanntlich halbes Leid.

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„Du bist der Mensch, an dem ich wirklich alles mag“, sagen Sie in „Du bist der Kompass“. Gibt es diesen Menschen wirklich?

Den gibt es! Das ist natürlich mein Ehemann Uli. Aber der Kompass ist in diesem Song nicht das schmetterlingshafte Verliebtsein oder dass man nicht die Hände voneinander lassen kann in der ersten Verliebtheit. Der Kompass bedeutet: Die Hand, die man als frischverliebtes Paar immer hält, auch in der schwierigen Zeit nicht loszulassen. Das ist für mich die wahre und reine Liebe. Das Miteinander-Aushalten und das Miteinander-Durchstehen. Und dann immer noch zu sagen „Wir beide zusammen sind die Mitte, und wir finden aus jedem Labyrinth wieder raus“. Es geht darum, jeden Sturm überstehen zu können, weil wir in einer reiferen Liebe angekommen sind. Dazu gehört halt auch, dass man manchmal sagt: „Er geht mir so auf den Geist, dass ich ihn auf den Mond schießen könnte“.

Sie sagen in dem Stück „Du schenkst mir Löwenmut“. Was ist das?

Wenn man sich angenommen fühlt. Das ist das Allerwichtigste in einer Beziehung. Wenn man sich nicht mehr mit der Frage beschäftigt, was man tun muss, um dem Anderen zu gefallen, dann ist man am Kern der Beziehung angekommen. Dann kann man sich wirklich darauf verlassen, dass man so geliebt wird, wie man ist. Ich muss dann keine Rolle mehr spielen und immer gucken, was ich tun muss, damit er sich wohlfühlt. Das gibt dir Raum und Kraft und Energie. Und wenn du so mit dir im Reinen bist, dann kriegst du diese innere Ruhe, die dich so stabil macht, dass du es mit Löwen aufnehmen könntest.

Wie wichtig sind für euch nach zwanzig Jahren die kleinen, alltäglichen Liebesbeweise?

Darauf achten wir sehr. Das war ein wirklicher Lernprozess, denn wir beide haben in den letzten Jahren sehr viel miteinander geschaffen, und inzwischen ist es wirklich so, dass wir beide beschlossen haben, unsere Zeit noch mehr gemeinsam zu genießen. Wir machen viel öfter kleine Ausflüge, fahren mal über Nacht irgendwo hin. Und wir haben unsere Rituale, zum Beispiel gehen wir jeden Morgen zusammen mit den Hunden zum Frühstück. Es muss nicht immer was Großes sein, aber sich mittags vielleicht mal am Fischteich zu treffen oder zu sagen „Wir lassen alles stehen und liegen und fahren ein Eis essen“. Diese ganz bewussten Augenblicke zu genießen, das ist bei uns der Schlüssel.

Ist das jetzt Ihre beste Zeit?

Ja, das ist unsere beste Zeit. Jetzt kommt die Kür.

Ihre Tochter Lena ist Mitte zwanzig, die ist natürlich ganz anders mit den sozialen Medien und dem Internet aufgewachsen. Geben Sie ihr ein bisschen was von Ihren Erkenntnissen mit auf den Weg?

Das ist eher umgekehrt. Lena hat Wirtschaftspsychologie studiert, und die Einblicke, die sie mir gibt, sind so interessant und so wertvoll, dass ich tatsächlich eher von ihr lerne als sie von mir.

Im Lied „Das ist nicht fair“ singen Sie über „genau den Mann, der mir gefährlich werden kann“. Was wäre denn das für jemand?

Da kokettiere ich ein bisschen. Ich würde niemals für ein Abenteuer etwas aufs Spiel setzen. Aber niemand weiß, was morgen ist, und die Liebe muss immer frei, immer freiwillig sein. Und „Das ist nicht fair“ ist genau die Geschichte, die ich mit Uli vor 21 Jahren erlebt habe. Er stand einfach plötzlich da. Auch „Ich hab heute Nacht mein Herz verloren“ ist ein autobiografisches Stück aus unserer Anfangszeit. Das ist unsere Geschichte vom 9. Februar 2003 – mit der schönen Botschaft: Die Liebe ist einfach unberechenbar.

„Du hast mich eine Sekunde nur zu lange angesehen“.

So war das (lacht).

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Heißt Ihr Album wegen solch persönlicher Bekenntnisse schlicht „Andrea Berg“?

Absolut, aber das persönlichste Lied von allen heißt „Irgendwann ist irgendwann zu spät“. Ja, ich möchte, dass die Leute zu meiner Musik fröhlich sind und abschalten können. Aber das heißt nicht, dass ich selbst immer super drauf sein muss. Gerade dieses Lied geht auf Selbstzweifel ein, es ist entwaffnend ehrlich. Denn auch in meinem Leben gibt es Tiefpunkte, und dazu stehe ich.

Ist das auch ein Song übers Älterwerden, über die Vergänglichkeit?

Mir ist es wichtig, die Zeit nicht zu verschwenden, nicht einfach verstreichen zu lassen. Auch durch meine Arbeit im Hospiz höre ich immer wieder Aussagen wie „Hätte ich gewusst, dass ich einmal so krank werde, dann hätte ich viele Dinge im Leben anders gemacht“. Ich denke dann immer, dass wir doch wissen, dass wir endlich sind. Ab dem Tag unserer Geburt sind wir Sterbende. Aber gestorben wird nur an einem einzigen Tag. Wir können nichts ändern am Tod, aber wir haben unser Leben selbst in der Hand. Deshalb ist es mir ein Bedürfnis, immer wieder den Menschen emotional in den Hintern zu treten. Und zu sagen: Freut euch doch jeden Morgen, wenn die Sonne aufgeht!

Die Schlagersängerin Andrea Berg und ihr Mann, der Sportmanager Uli Ferber, bei der Eröffnung des Volksfests Cannstatter Wasen in einem Festzelt.
Die Schlagersängerin Andrea Berg und ihr Mann, der Sportmanager Uli Ferber, bei der Eröffnung des Volksfests Cannstatter Wasen in einem Festzelt. © dpa | Bernd Weißbrod

Halten Sie die Sonnenaufgänge fest?

Ja, ich fotografiere den Sonnenaufgang fast jeden Morgen. Das hat etwas Mutmachendes. Denn die aufgehende Sonne macht dir bewusst, dass auch die dunkelste Zeit irgendwann vorbeigeht.

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Gefällt es Ihnen, für die Menschen eine Inspiration zu sein?

Ja, das möchte ich gern. Ich bin Schlagersängerin, und jeder kann so tief mit mir gehen, wie er will. Wenn jemand sagt, er oder sie nimmt meine Erkenntnisse mit, um das eigene Leben ein bisschen schöner zu machen, dann ist das etwas ganz, ganz Besonderes. Wenn aber jemand nur zu „Sag niemals nie“ auf der Tanzfläche ein bisschen baggern möchte, dann ist das auch okay.

Das Lied „Nirgendwo anders“ ist sehr ruhig, fast akustisch. Im Text liegen Sie in einem kleinen Zelt, irgendwo am See. Ist das eine Erinnerung aus Ihrem Leben?

Auf dem Album sind zwei Songs, der andere ist „Das Knistern von damals“, die in meiner Jugendzeit spielen. Auch, wenn du heute vollkommen in deiner Mitte bist, dann denkst du hin und wieder an früher, wie du zum Beispiel heimlich hinter der Turnhalle geraucht hast und eine unbekümmerte, naive Jugend verbracht hast. „Nirgendwo anders“ ist eine Erinnerung an die Zeit, als ich hinten auf dem Motorrad gesessen und mich an meinem damaligen Freund festgehalten habe. Oder wie wir den Abend zusammen am Baggersee verbracht haben.

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Wie waren Sie drauf? Wild und ungestüm?

Überdurchschnittlich wild war ich nicht, aber ich habe meine Abenteuer erlebt. Ich bin Schlittschuh gelaufen, Motorrad gefahren und habe am Baggersee gezeltet. Das war unsere große, kleine, heile Welt – nach der man sich manchmal zurücksehnt.

Finden Sie es eigentlich cool, dass die Popmusik seit einigen Jahren von Frauen wie Taylor Swift oder Billie Eilish dominiert wird?

Ich denke, wir erleben gerade insgesamt das beste Zeitalter für Frauen – zumindest in unseren Breiten. Und das tut auch der Gesellschaft gut, wenn Frauen endlich mehr zu Wort kommen, dass sie respektiert werden, dass ihnen zugehört und eine Bühne gebaut wird. Ich bin gerne eine Frau, und ich lasse mich auch gerne beschützen. Aber freiwillig – und auf Augenhöhe.

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Wie weit schauen Sie karrieretechnisch nach vorne? Denken Sie nach 32 Jahren im Geschäft: Die Fünfzig mache ich locker voll?

Man sollte sich nie unter Druck setzen, aber ich habe so eine schöne Zeit gerade. Ich genieße fast jeden Moment. Wie lange ich das noch machen

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