Essen. Viele Kinder in NRW haben bald ihren letzten Kita-Tag – und sind traurig. „Der Abschied ist hart“, sagt auch Erzieherin Beate Jülicher.

Wenn sie daran denkt, dass ihre Kinder sie bald verlassen, könnte sie schon wieder weinen, sagt Beate Jülicher. Jedes Jahr aufs Neue muss sie sich verabschieden. „Und das ist wirklich hart.“ Dann wechselt die Essener Erzieherin die Namensschilder aus, löst die festen Sitzplätze der Kinder auf. Der Ablauf ist für die 59-Jährige kein neuer, schließlich arbeitet sie schon seit 1985 in diesem Beruf. „Und trotzdem wird es immer emotional bleiben“, sagt sie.

Das Kita-Jahr neigt sich dem Ende zu, die meisten Kinder in Nordrhein-Westfalen sind an diesem Freitag zum letzten Mal in den Einrichtungen, bevor sie nach den Sommerferien in die Grundschule kommen. Seit 2020 arbeitet Beate Jülicher in der Waldgruppe der Kita St. Kamillus, die zum Kita-Zweckverband gehört.

Hier lesen Sie ihr Protokoll:

„Ich habe schon so viele Abschiede hinter mir. Aber jedes Mal ist es aufs Neue sehr emotional für mich. Die meisten Kinder kenne ich seit vier Jahren. Ich bekomme ihre Entwicklung mit, begleite sie beim Aufwachsen und ein Stück weit in die Selbstständigkeit. Da ist es klar, dass man zu ihnen eine starke Bindung aufbaut.

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Erzieherin: „Das Leuchten in den Augen der Kinder ist unbezahlbar“

Erzieherin zu werden, war schon immer mein Mädchentraum. Und das wird er auch bis zu meiner Rente bleiben. In den vielen Jahren hat sich die Kita allerdings weiterentwickelt, die Betreuungszeiten sind länger geworden, wir haben in vielen Kitas Notstand. Und auch ich habe mich in den Jahren entwickelt. Mit den Herausforderungen ist auch meine Verantwortung immer größer geworden. Aber ich möchte nicht meckern. Im Gegenteil: Ich möchte jede Herausforderung annehmen. Denn für mich ist es unbezahlbar, das Leuchten in den Augen der Kinder zu sehen, wenn sie etwas geschafft haben und ich sie dabei begleiten konnte.

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Der Abschied der Kinder beginnt schon, wenn sie ihren ersten Kita-Tag haben. Denn über die ganze Kitazeit hinweg, bereiten wir die Kinder auf die Grundschule vor, bringen ihnen vor allem Empathie bei, die sie später im Leben dringend brauchen. Das letzte Kita-Jahr ist dann sehr spannend, weil wir besondere Ausflüge machen. In diesem Jahr haben wir zum Beispiel die Ruhrbahn, Feuerwehr, Polizei und das Aalto Theater in Essen besucht. Außerdem haben wir den Kindern im letzten Jahr noch viele Kompetenzen mitgegeben, etwa mit Konflikten umzugehen.

„Wir Erzieherinnen gehören ein Stück weit zur Familie“

Aber nicht nur zu den Kindern, auch zu den Eltern habe ich über die Jahre eine Verbindung aufgebaut. Man muss sich das ja so vorstellen: Die Eltern geben uns Erzieherinnen und Erzieher ihr Liebstes in die Hände. Da gehört viel Vertrauen dazu, das man aufbauen muss. Man könnte sagen, dass wir ein Stück weit zur Familie gehören. Zum Abschied haben die Eltern ein großes Grillen organisiert und es hat einen Gottesdienst gegeben.

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In meiner Gruppe findet am letzten Kitatag auch nochmal ein Abschied statt. Da werden Tränen fließen. An dem Tag bekommen die Kinder ein kleines Bündel mit, mit dem sie gestärkt die Kita verlassen sollen. Da ist etwa ein Marienkäfer-Symbol drin, das ihnen Glück bringen soll, Taschentücher, falls sie mal traurig sind und ein kleines Duftsäckchen, an dem sie reiben können, wenn sie sich in der Schule mal unsicher fühlen. Dann ziehen sie durch einen Kinderbogen aus der Kita aus oder werden auf einer Decke herausgeschaukelt.

Erzieherin zu Kita-Abschied: „Es ist okay, traurig zu sein“

Und neben den traurigen Momenten ist es toll zu wissen, dass wir die Kinder gut vorbereitet haben. Wir sagen den Kindern immer, dass es okay ist, traurig zu sein. Gleichzeitig ermutigen wir sie, sich ins Abenteuer Schule zu stürzen. Außerdem kommen uns die meisten später noch besuchen. Ein ehemaliges Kita-Kind hat jetzt sein Abitur mit der Note Eins bestanden. Da hat mir die Familie ein Foto von der Abifeier geschickt und geschrieben, dass ich damals mit dazu beigetragen habe, weil ich das Mädchen so gut auf die Schulzeit vorbereitet habe. Es ist rührend, dass ich nach so langer Zeit immer noch bei den Kindern im Herzen bin.

Jetzt beginnt erstmal die Eingewöhnung der neuen Kinder. Für mich bedeute das, die Kleinen willkommen zu heißen, sie an die Hand zu nehmen und ihnen zu zeigen, dass es schön ist, dass sie da sind.“

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