Auf See. Heute kommt die „Aidaprima“ erstmals in ihren Heimathafen Hamburg. Sie ist eine ökologische Vorreiterin – Umweltschützer loben sie.

Endlich ist es so weit. Mehr als vier Jahre nach der Bestellung und mit einer Verspätung von sieben Monaten läuft heute die „Aidaprima“ in ihren Heimathafen Hamburg ein. Es ist ein Schiff der Superlative: Mit einer Kapazität von 3300 Passagieren ist es das weitaus größte in der Flotte der deutschen Reederei Aida Cruises. Und für die gesamte Branche ist es ein Vorreiter. Die „Aidaprima“ ist das derzeit sauberste Kreuzfahrtschiff der Welt.

Am Mittwoch, kurz nach Sonnenaufgang, hatte das neue Flaggschiff der Reederei in Rotterdam die Leinen losgemacht und war zur letzten Etappe seiner langen Überführungsreise von der Werft im japanischen Nagasaki aufgebrochen. Heute am frühen Morgen soll es am Kreuzfahrtterminal in der HafenCity festmachen. „Das wird für uns ein sehr emotionaler Moment“, sagt Aida-Präsident Felix Eichhorn. „Wir haben vor sieben Jahren mit den Planungen begonnen, den Bau begleitet, und wenn das Schiff jetzt seinen Bestimmungsort erreicht, dann erfüllt uns das mit Freude.“ 52-mal im Jahr, jeden Sonnabend, wird die „Aidaprima“ von Hamburg aus zu einer Rundreise zu nordeuropäischen Metropolen aufbrechen.

An Bord gibt es zwölf Restaurants, 18 Bars, 1643 Kabinen und jede Menge Technik. Das Schiff setzt mit moderner Umwelttechnologie Maßstäbe. Alle Elektromotoren, etwa in den Türen und Aufzügen, speisen überschüssige Energie zurück ins Bordnetz. Von jeder Maschine wird die Abwärme in einem zentralen System aufgefangen und zur Klimatisierung verteilt. Dabei wird Abwärme durch Absorptionskältemaschinen in Kälte umgewandelt und in den Klimaanlagen eingesetzt. Frischwasser muss das Kreuzfahrtschiff fast gar nicht mehr aufnehmen. Es hat eine Anlage, die Meerwasser in Trinkwasser umwandelt – bis zu 100 Kubikmeter pro Stunde.

„Raumschiff Enterprise war gestern“

Herr der ganzen Technik ist der Chefingenieur der „Aidaprima“, Egbert Schuster. Der 57-jährige Diplomingenieur ist früher als Kapitän auf Handelsschiffen gefahren, bis er für sich entschied: „Das Herz eines Schiffes schlägt nicht auf der Brücke, sondern im Maschinenraum.“ Seitdem arbeitet er als Chief.

Fragt man Schuster, wie er die technischen Neuerungen der „Aidaprima“ einschätzt, ist seine Antwort knapp: „Raumschiff Enterprise war gestern.“ Besonders gerne zeigt Schuster Besuchern die hocheffiziente Tunnelwaschanlage tief im Bauch des Riesenschiffs. Sie kann alle 150.000 Ser­vietten, Tischtücher, Bettlaken und Handtücher an Bord innerhalb eines Tages waschen – und verbraucht nur 2,5 Liter Wasser pro Kilo.

Das Herzstück von Schusters Aufgabenfeld steckt aber im Schornstein und dem Maschinenraum. Hier wird die Kreuzschifffahrt wirklich revolutioniert: Bisher blasen die Schiffe Unmassen schädlicher Abgase in die Luft. Und während Containerschiffe während der Liegezeit im Hafen alle Systeme herunterfahren, laufen die Motoren bei Kreuzfahrtschiffen weiter, um den Hotelbetrieb an Bord mit Energie zu versorgen. Mit der „Aidaprima“ wird alles anders. Abgase werden während der Fahrt erst gründlich gereinigt, bevor der Rest durch den Schornstein in den Himmel gepustet wird.

Emissionen um 90 Prozent reduziert

Stickoxide werden in einem Katalysator gebunden und Ruß und Brennstoffrückstände in einem Filter ausgesiebt. Schwefeloxide werden mittels einer Abgaswaschanlage entfernt. „Mittels des umfangreichen Systems können wir die Emissionen von Rußpartikeln, Stickoxiden sowie Schwefeloxiden um mindestens 90 Prozent reduzieren. Der Ausstoß von Kohlenmonoxid wird um 70 Prozent und die Emissionen von unverbrannten Kohlenwasserstoffen um 85 Prozent gesenkt“, sagt Eichhorn. „Wir sind auf dieses Schiff positiv gespannt. Wenn das wirklich alles so funktioniert wie angekündigt, dann handelt es sich wirklich um das sauberste Kreuzfahrtschiff der Welt“, sagt Malte Siegert, Schiffsexperte des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu).

Auch für die Liegezeit im Hafen hat Aida letztlich mehr als eine Lösung: Als weltweit erstes Kreuzfahrtschiff verfügt die „Aidaprima“ neben zwei Landstromanschlüssen über einen Motor, der außer dem normalen Schiffsdiesel auch Flüssigerdgas (LNG) verbrennen kann. Damit ist das Schiff auf alle Möglichkeiten zur alternativen Energieversorgung vorbereitet. Das ist wichtig. Denn 40 Prozent ihrer Betriebszeit liegen Kreuzfahrtschiffe in Häfen.

„Aidaprima“ gleitet über Luftblasen-Teppich

Die Reederei will aber nicht warten, bis sich die Häfen für irgendeine externe Energieversorgung entschieden haben. Präsident Eichhorn gab gestern auch bekannt, dass er einen exklusiven Vertrag mit dem Ölkonzern Shell geschlossen habe, der die „Aidaprima“ in jedem Hafen auf ihrer Route mit LNG versorgen kann.

Dazu wird ein Tankfahrzeug neben das Schiff gerollt und das Erdgas über Schläuche an Bord gepumpt. Dort wird das LNG erwärmt, sodass es wieder gasförmig wird, bevor es in den Motoren verbrannt wird. Der Ausstoß von Schwefeloxiden und Rußpartikeln wird so ganz vermieden. Die Emission von Stickoxiden verringert sich um bis zu 80 Prozent.

Um grundsätzlich weniger Treibstoff zu verbrauchen, verfügt die „Aidaprima“ über ein zusätzliches System, bei dem unter dem Rumpf am Bug Luftblasen ausgestoßen werden. Dadurch verringert sich die Reibung, weil das Kreuzfahrtschiff gleichsam über einen Teppich von Luftblasen gleitet. „Wir setzen das System ab einer Geschwindigkeit von zehn Knoten ein. Und sparen derzeit etwa fünf Prozent Treibstoff ein“, sagt Chefingenieur Schuster. Wie viel die ganze Umwelttechnik gekostet hat? Das bleibt Betriebsgeheimnis.