Hamburg. Hapag-Lloyd weist ein Minus von 604 Millionen Euro aus. Der neue Reedereichef verspricht die Wende und eine Dividende für die Stadt Hamburg.
Es ist alles eine Frage der Perspektive: Die Traditionsreederei Hapag-Lloyd, Inbegriff der Verwurzelung Hamburgs in der internationalen Seeschifffahrt mit prächtiger Unternehmenszentrale am Ballindamm, hat im vergangenen Jahr den zweitgrößten Verlust in ihrer Geschichte verzeichnet. Und dennoch spricht ihr Chef, Rolf Habben Jansen, von einem guten Jahr für Hapag-Lloyd, als er am Freitag die Jahresbilanz des Unternehmens vorstellt.
Diese liest sich erst einmal desaströs: 604 Millionen Euro Nettoverlust hat Deutschlands größte Reederei im abgelaufenen Jahr eingefahren, etwa sechsmal so viel wie 2013. Nur im Jahr 2009 war der Verlust größer gewesen (umgerechnet 677 Millionen Euro). Angesichts dieser Zahlen kann man schwer von einem guten Jahr sprechen. Aber Habben Jansen ist ein sportlicher Mann, der Fußball, Eishockey und offenbar auch besondere Herausforderungen liebt, denn er gibt sich absolut zuversichtlich.
Zum einen erklärt der gebürtige Holländer den immensen Verlust mit Sondereffekten, die das Ergebnis zusätzlich belastet hätten. So habe Hapag-Lloyd eine starke Wertminderung alter Schiffe verzeichnet. Zum anderen seien hohe Kosten für die Übernahme und Integration des chilenischen Konkurrenten Compania Sud Americana de Vapores (CSAV) entstanden, deren Containersparte seit Dezember zu Hapag-Lloyd gehört.
Weil Habben Jansen aber die ganzen Lasten aus der Fusion und der Abschreibung alter Schiffe in das Jahr 2014 packt, sieht er der Bilanz 2015 zuversichtlich entgegen: „Wir haben 2014 ohne Frage ein sehr enttäuschendes Ergebnis gehabt“, sagt er. „Aber wir haben auch die Grundlage für die Wende gelegt.“ Durch die Fusion mit CSAV habe Hapag-Lloyd eine „viel bessere Basis für die Zukunft“. Deshalb sei 2014 für das Unternehmen ein gutes Jahr gewesen, meint der Vorstandschef.
Dann listet er die positiven Dinge auf: Immerhin ist der Umsatz im vergangenen Jahr um 3,7 Prozent auf 6,8 Milliarden Euro verbessert worden. Durch den Zusammenschluss mit CSAV steige Hapag-Lloyd zur viertgrößten Containerlinienreederei der Welt auf. Damit würden Einsparungen von rund 300 Millionen US-Dollar erreicht, „davon 200 Millionen Dollar bereits in diesem Jahr“, meint Habben Jansen zuversichtlich. „Wir sind bei der Zusammenführung der beiden Unternehmen im Zeitplan.“
Für das Gesamtjahr rechnet Hapag-Lloyd mit positivem Ergebnis
Hinzu komme ein acht Punkte umfassendes Programm zur Effizienzsteigerung, mit dem Habben Jansen einen dreistelligen Millionenbetrag einsparen will. Die Schiffe sollen besser ausgelastet und Kosten gesenkt werden. Die ersten Monate seien vielversprechend verlaufen, sagt der Chef, ohne konkreter zu werden. Nur so viel: Für das Gesamtjahr rechnet er mit einem „deutlich positiven“ operativen Ergebnis. 2016, vielleicht auch schon eher, soll Hapag-Lloyd wieder Gewinn erwirtschaften. Das alles kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Dauerkrise in der Containerschifffahrt das Unternehmen noch immer fest im Griff hat: Die Frachtraten – die Preise, die Hapag-Lloyd von den Kunden für den Containertransport verlangen kann – sind weiter gefallen. Sie lagen 2014 etwa 3,2 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Ein Rückgang der Treibstoffkosten sowie der im Euro-Vergleich gestiegene Dollar konnten das nicht wettmachen.
So brachte das vergangene Jahr dem Unternehmen, an dem die Stadt Hamburg mit mehr als einer Milliarde Euro beteiligt ist, ein operatives Ergebnis von minus 112,1 Millionen Euro. 2013 hatte am Ende noch ein operativer Gewinn von 67, 2 Millionen Euro gestanden. Für Hamburg bedeutet dieser Fakt, dass die Stadt auch in diesem Jahr auf eine Dividendenausschüttung verzichten muss. „Wir sind der Stadt sehr dankbar, dass sie sich damals an der Rettung des Unternehmens beteiligt hat. Und es ist für uns Ehrensache, das Geld irgendwann zurückzuzahlen“, sagt Habben Jansen. Dividenden seien erst ab 2016 zu erwarten.
Im Juli 2014 hat der von einer Tochterfirma des Konkurrenten Maersk kommende Manager, das Ruder vom langjährigen Vorstandschef Michael Behrendt übernommen, um die von seinem Vorgänger eingefädelte Fusion mit den Chilenen zu vollenden. Und er weiß genau, was die Stadt und die anderen Ankergesellschafter, CSAV und der Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne, jetzt von ihm erwarten. „Wir müssen unsere Ergebnisse deutlich verbessern. Das hat für mich erste, zweite und dritte Priorität“, sagt Habben Jansen. Deshalb mache er sich auch über einen Börsengang von Hapag-Lloyd, der vom ehemaligen Hauptgesellschafter, dem Reisekonzern TUI angestrebt wird, derzeit noch keine Gedanken. „Wir müssen erst einmal liefern, was wir versprochen haben.“
Um an der Börse einen fairen Preis zu bekommen, müsse Hapag-Lloyd drei Quartale hintereinander schwarze Zahlen schreiben. Gleichwohl deutet Habben Jansen an, dass dieses bereits in diesem Jahr passieren könnte. Er ist sogar so zuversichtlich, dass er sich vom Aufsichtsrat das Mandat zur Investition in neue Frachter erteilen ließ. Dabei handelt es sich zunächst um fünf Schiffe mit einer Kapazität von 10.000 bis 12.000 Standardcontainern für den Verkehr zwischen Europa und Lateinamerika. Auch das Angebot zwischen Asien und Lateinamerika weitet Hapag-Lloyd in einer Kooperation mit den Reedereien Hamburg Süd und CMA/CGM mit neuen Diensten von Asien an die West- und Ostküste Südamerikas aus. Der Anfang ist gemacht.