Hamburg. Der Kursverfall verteuert viele Importe, Kaffee, Benzin und Urlaube außerhalb Europas. Exporteure und Reeder profitieren.

Der Kursverfall des Euro wirkt sich im Alltag zunehmend durch höhere Preise aus. Nicht nur Industrieunternehmen müssen für Rohstoffe wie Kupfer oder Eisenerz, die international in Dollar gehandelt werden, mehr ausgeben, was ihre Produkte verteuert. Auch die Verbraucher zahlen für viele Waren mehr Geld.

So hat Tchibo die Preise für Kaffee um 20 bis 30 Cent je Pfund mit Verweis auf den hohen Dollarkurs angehoben. Auch Autofahrer müssen wieder mehr für Kraftstoffe bezahlen – im Schnitt 1,35 Euro für einen Liter Super E10 und 1,18 Euro für Diesel. „Da Rohöl in Dollar gehandelt wird, bremst der schwache Euro die vergleichsweise niedrigen Ölpreise wieder aus, sodass die Preise an den Tankstellen steigen“, sagte Alexander von Gersdorff, Sprecher des Mineralölwirtschaftsverbandes. So liege der Preis für Nordseeöl in Dollar zwar 50 Prozent unter dem Höchststand von Juni 2014, in Euro schrumpfe die Vergünstigung jedoch auf rund 36 Prozent.

Mit ihrer Niedrigzinspolitik und Anleiheaufkäufen in Billionenhöhe hat die Europäische Zentralbank die Gemeinschaftswährung auf Talfahrt geschickt. Der Euro notierte gestern bei rund 1,06 Dollar knapp über dem tiefsten Stand seit April 2003. Analysten prophezeien, dass der Wechselkurs bald die Parität zum Dollar erreichen könnte oder sogar auf bis zu 85 US-Cent sinke. Unterm Strich erhalten die Bürger somit bei Einkäufen außerhalb Europas einen geringeren Gegenwert für jeden Euro. Der Urlaub in Übersee oder Asien, aber auch der Schweiz oder Schweden wird teurer. Tourismuschef Dietrich von Albedyll erwartet in Hamburg dagegen wieder mehr Touristen.

Experten erwarten Verteuerung von Kleidung und Elektronik

Von Preissteigerungen durch Wechselkursverluste sind vor allem Importe betroffen. So erwarten Händler in Hamburg, dass sich mittelfristig Kleidung, Schuhe und Unterhaltungselektronik aus Fernost verteuern. „Die Abwertung des Euro in den vergangenen sechs Monaten ist mehr als sub­stanziell und eine große Herausforderung für die Händler“, sagte AGA-Präsident für den Groß- und Außenhandel, Hans Fabian Kruse. „Gerade Importeure haben hoffentlich eine gute Kurssicherung.“ Der Hamburger Versandkonzern Otto Group sieht aber kaum Chancen für große Preissprünge: „Der Wettbewerb ist so hart, dass es nur bedingt Möglichkeiten gibt, die Preise zu erhöhen.“ Doch es gibt auch Gewinner. „Ein schwacher Euro-Kurs beflügelt den Export der deutschen und der europäischen Industrie“, sagte der Präsident des Hamburger Industrieverbands, Michael Westhagemann. Autoindustrie und Maschinenbauer könnten Produkte international günstiger anbieten. Auch die Reederei Hapag-Lloyd profitiere, sagte Sprecher Rainer Horn: „Der Großteil unserer Umsätze wird in Dollar erzielt, während die meisten Kosten wie fürs Personal in Euro bezahlt werden.“