Sechs Jahre hat der Hafen gebraucht, um nach dem schweren Rückschlag 2008 wieder das alte Umschlagniveau zu erreichen. Nun stehen neue Rekorde bevor – doch die Ziele fallen bescheidener aus.
Hamburg. Es wird wieder nicht reichen für zehn Millionen Container. Das ist die magische Zahl. Noch nie hat der Hamburger Hafen zehn Millionen TEU (20-Fuß-Container) umgeschlagen. 2007 stand der Hafen ganz kurz davor; der Zähler blieb am Jahresende bei 9,89 Millionen stehen. 2008 sah bis zum Sommer alles gut aus, dann ging Lehman pleite und der Containerverkehr brach ein. Jahresbilanz: 9,74 Millionen TEU. Und danach mussten die Reeder, Umschlagbetriebe und Spediteure erst einmal kleinere Brötchen backen: 2009 war der Containerumschlag um fast drei Millionen TEU gefallen und Hamburg vorübergehend nicht mehr der zweitgrößte Containerhafen Europas.
Zehn-Millionen-TEU-Marke nur knapp verpasst
Diese bitteren Jahre hat der Hafen hinter sich gelassen. Die Marke von zehn Millionen TEU wird er in diesem Jahr nur knapp verpassen. „Das schaffen wir nicht ganz, wegen Russland“, sagt Gunther Bonz, Präsident des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg (UVHH). Russland ist der zweitgrößte Handelspartner des Hafens im Containerverkehr und wegen der Sanktionen und der Schwäche der russischen Wirtschaft ging der Umschlag um rund sechs Prozent zurück.
Dennoch zeichnet sich ein neuer Rekord ab: Es zählen nicht nur die Container, sondern auch Kohle und Erz, Öl und Futtermittel und alle anderen Güter im Hafen. Das sind zusammen in diesem Jahr voraussichtlich rund 144 Millionen Tonnen, so viel wie noch nie. Oberflächlich betrachtet sehen die nackten Zahlen ähnlich aus wie vor sechs Jahren. Doch manches ist anders.
Standortvorteil: gute Hinterlandanbindungen
Hohe Investitionen in die Terminals und in die Hafenbahn haben den Hafen produktiver und leistungsfähiger gemacht. Wurden noch 2007 und 2008 rund ein Drittel der Güter mit der Bahn weitertransportiert, so sind es in diesem Jahr mehr als 40 Prozent. Das ist Spitze in Europa. Gute Anbindungen ans Hinterland sind – neben der seewärtigen Erreichbarkeit – ein entscheidender Wettbewerbsvorteil für einen Hafen.
So konnte Hamburg seinen Marktanteil unter den vier großen Häfen Nordwesteuropas im Containerverkehr auf knapp 27 Prozent ausbauen. Eine weitere wesentliche Veränderung ist die Größe der Schiffe. Mehr als 500 Schiffe mit einer Tragfähigkeit von mindestens 10000 TEU laufen in diesem Jahr den Hamburger Hafen an. Solche Containerriesen mit einer Länge von bis zu 400 Metern spielten vor sechs Jahren noch keine Rolle. Die Terminalbetriebe und der Hafen als Gesamtsystem kamen durch die Großschiffe zeitweise an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit und mussten nachrüsten.
Ziele sind bescheidener geworden
Die von der Hafenwirtschaft langersehnte Vertiefung und Verbreiterung der Fahrrinne ist dagegen auch 2014 nicht umgesetzt worden; das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat die Entscheidung darüber bis in das Jahr 2015 vertagt. Die Wachstumsziele für den Hafen sind bescheidener geworden. Gingen die Prognosen und Entwicklungspläne vor einigen Jahren noch von einem Containerumschlag von 20 oder gar 25 Millionen TEU bis 2025 aus, so werden jetzt die bremsenden Einflüsse immer deutlicher.
Der Welthandel und der Containerverkehr wachsen nicht mehr mit den hohen Zuwachsraten früherer Jahre. „Bis zum Ende des Jahrzehnts können wir 15 Millionen TEU umschlagen“, meint Bonz. Unter der Voraussetzung, dass die wirtschaftliche Entwicklung auf der Welt nicht durch unvorhersehbare Schocks wie 2008 ganz anders als erwartet verläuft.
15 Millionen TEU wären immerhin 50 Prozent mehr als heute. Doch leicht wird das nicht, denn der Konkurrenzkampf wird härter. In Rotterdam, dem größten europäischen Hafen, gehen im nächsten Jahr neue Containerterminals in Betrieb. Sie bringen allein eine zusätzliche Kapazität von fünf Millionen TEU in den Markt, die erst einmal ausgefüllt sein will. Der Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven ist bislang mit einem Umschlag von weniger als 100.000 TEU weit unter den Erwartungen geblieben und nicht ausgelastet. Er könnte aber nach und nach weitere Verkehre gewinnen. Hamburg muss sich weiter anstrengen.