Der portugiesische Ministerpräsident José Sócrates gab bekannt, dass die Regierung beschlossen hat, die EU um Finanzhilfen zu bitten.

Lissabon. Portugal will die EU um Finanzhilfen bitten. „Ich möchte die Portugiesen darüber informieren, dass die Regierung heute entschieden hat, um Finanzhilfen zu bitten“, sagte der portugiesische Ministerpräsident José Sócrates am Mittwochabend in einer Fernsehansprache. Damit solle die Finanzierung des Landes, des Finanzsystems und der Wirtschaft sichergestellt werden. Grund dafür seien die hohen Schulden des Landes und die daraus entstandenen Probleme bei der Kreditaufnahme.

Die EU-Kommission teilte am Abend mit, Sócrates habe Kommissionspräsident José Manuel Barroso darüber informiert, dass Portugal um Finanzhilfen bitten werde. Barroso habe zugesagt, dass die Anfrage so schnell, wie es das Verfahren erlaube, bearbeitet würde, hieß es in der Mitteilung der Kommission. Barroso sei zuversichtlich, dass Portugal die aktuellen Schwierigkeiten mit der Hilfe seiner Partner wird meistern können.

Portugal ist damit nach Griechenland und Irland das dritte Euro-Land, das internationale Finanzhilfe beantragt. Experten schätzen Portugals Finanzierungsbedarf auf bis zu 80 Milliarden Euro.

„Dies ist ein besonders bitterer Moment für unser Land und die Lage wird nur schlimmer, wenn nichts getan wird“, sagte Sócrates. Die Flucht unter den Rettungsschirm nannte er den letzten Ausweg.

Dafür, dass es so weit kam, machte Sócrates die Oppositionsparteien verantwortlich, weil diese einen von der Europäischen Kommission und der Europäischen Zentralbank befürwortetes Sparprogramm abgelehnt hätten.

Portugal hatte lange gezögert, Hilfe in Anspruch zu nehmen, da eine große Finanzspritze das Land über Jahre hinweg zu einem harten Sparkurs zwingen würde und der Lebensstandard in Portugal wohl sinken würde.

Das Vertrauen in Portugal auf den internationalen Finanzmärkten war im vergangenen Jahr immer weiter geschwunden. Der Rücktritt der Regierung vor zwei Wochen verstärkte die Zweifel der Anleger. Wirtschaftsanalysten sagten bereits seit Monaten voraus, dass Portugal bald auf internationale Finanzhilfe angewiesen sein werde, um seiner Schuldenlast Herr zu werden. Investoren hatten von dem Land zuletzt für Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit den Rekordzinssatz von 8,78 Prozent verlangt. Auch bei einer Auktion von kurzfristigen Schatzwechseln am Mittwoch hatten Investoren über fünf Prozent Zinsen für ihr Geld gefordert.

Kurz vor der Bekanntgabe von Sócrates hatte bereits Finanzminister Fernando Teixeira dos Santos angekündigt, das Land werde nicht umhinkommen, Hilfen aus dem EU-Rettungsschirm in Anspruch zu nehmen. In einer schriftlichen Antwort auf ein Interview mit der Zeitung „Jornal de Negocios“ schrieb dos Santos: „Es ist notwendig, auf die zur Verfügung stehenden europäischen Finanzierungsmechanismen zurückzugreifen“. (dapd)