Berlin. Bahnfahrer atmen auf: Die Sanierung der Riedbahn ist abgeschlossen. Doch Herausforderungen bleiben. Gefragt ist nicht nur die Bahn selbst.

Manchmal ist ein Ende genau genommen nur der Anfang eines neuen Weges. So muss es jetzt auch bei der Deutschen Bahn sein. Mit der Fertigstellung der Riedbahn ist nur ein erstes, kleines Stück des Weges geschafft. Der Konzern hat so viele Baustellen, dass ohne deutliche Verbesserungen wohl sein Bestand in Gefahr gerät.

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    Bahnchef Richard Lutz hat das Sanierungsprogramm S3 ausgerufen. Insgesamt will der Vorstand 20.000 Arbeitsplätze streichen, vor allem in der Verwaltung. Aber auch andere Bereiche bleiben wohl nicht verschont. Gerade kündigte die Vorstandschefin der Cargo-Sparte, Sigrid Nikutta, an, dass dort statt wie bisher geplant 2.400 nun 5.000 Jobs abgebaut werden. Der Güterverkehr ist das finanziell größte Sorgenkind der Bahn. Mehr als eine halbe Milliarde Euro Verlust fuhr die Sparte im vergangenen Jahr ein. Die Sanierung soll Besserung bringen. Gelingt dies nicht, droht der Gütersparte die Zerschlagung. So ist es bei der französischen Staatsbahn schon gekommen.

    Bahn: Ein Schuldenberg von 30 Milliarden Euro

    Ein weiteres Problem ist die hohe Verschuldung. Über 30 Milliarden Euro hoch ist der Schuldenberg. Der Verkauf der Spedition Schenker bringt immerhin Milliarden für den Abbau von Verbindlichkeiten ein, doch nichts mehr aus dem laufenden Geschäft. Auch das Netz und die Stationen bringen langfristig praktisch nichts mehr ein. Denn die Infrastruktur wurde in eine gemeinwohlorientierte Gesellschaft umgewandelt, deren Gewinn wieder in deren Instandhaltung fließt. So bleiben vor allem der Nah- und Fernverkehr als Geschäftszweige übrig, von denen die Bahn leben muss.

    Die Summe der Probleme lässt die Herausforderungen erahnen, vor denen die Bahn in den kommenden drei Jahren steht. Das ist wohl die letzte Chance, den Bahnkonzern in seiner heutigen Form zu erhalten. Davon wird auch das berufliche Schicksal des Bahnchefs entschieden. Sein Vertrag läuft im März 2027 aus.

    Nächste Regierung sollte mit einem Infrastrukturfonds für eine Perspektive sorgen

    Sparen bis es knirscht ist nur die eine Seite der Gesundung. Die andere kann die Bahn nicht direkt selbst beeinflussen. Denn für die marode Infrastruktur, die viele der Probleme auslöst, ist der Bund zuständig. Und deren Modernisierung kostet sehr viele Milliarden. Zugesagt ist immerhin für die kommenden Jahre schon ein dicker Batzen Geld für die Korridorsanierung. Darüber hängt seit dem Aus der Ampel jedoch ein Fragezeichen. Eine neue Regierung könnte die Schwerpunkte in der Verkehrspolitik wieder anders setzen. Die Gefahr ist angesichts der katastrophalen Zustände im Bahnnetz zwar wenig wahrscheinlich. 

    Doch die Unsicherheit darüber bleibt bis zur Bildung einer neuen Regierung erhalten. Das hat auch ohne Entscheidungen zu Lasten der Bahninvestitionen womöglich Verzögerungen bei der Sanierung zur Folge. Ohne eine langfristige Auftragsperspektive wird die Bauwirtschaft kaum in neue Maschinen investieren und Personal für die geplanten Arbeiten aufbauen. Die nächste Regierung kann da für mehr Sicherheit bei den Beteiligten sorgen und einen Infrastrukturfonds auflegen, der die Finanzierung über einen langen Zeitraum sicherstellt.

    Korrespondent Wolfgang Mulke Kommentarfoto
    Wolfgang Mulke, Wirtschaftskorrespondent © privat | Privat

    Millionen Fahrgäste haben von der Unpünktlichkeit die Nase voll

    Ein entscheidender Gradmesser für den Fortschritt ist neben der Wirtschaftlichkeit die Leistung der Bahn. Derzeit verliert das Unternehmen Millionen Fahrgäste, die sich mit einem unzuverlässigen Angebot nicht mehr abfinden wollen.

    Auf die Misere hat die Bahn viel zu spät reagiert, wie sich jetzt täglich an den Zuganzeigern am Bahnhof ablesen lässt. Spürbare Verbesserungen haben Bahnchef und Verkehrsminister versprochen. Jetzt müssen sie auch kommen.