Berlin. Erstmals knackt der Leitindex die 20.000-Punkte-Marke. Wie kann das angesichts der Wirtschaftsflaute hierzulande sein? Und wie geht es weiter?
Widersprüchlicher könnten die Meldungen kaum sein. Die deutsche Wirtschaft steckt in der Flaute, die großen Autokonzerne bangen um ihre Zukunft und müssen die Dividenden zusammenstreichen. Auf der anderen steigen die Aktienkurse der 40 größten deutschen Börsenunternehmen immer weiter an. Am Dienstag stieg der Dax, der Index der 40 größten Börsenunternehmen, erstmalig über die Marke von 20.000 Punkten. Trotz aller Krisen legten die Kurse im Index in diesem Jahr schon um fast 20 Prozent zu. Und das Jahresende ist noch nicht erreicht.
Es gibt eine Reihe von Erklärungen für das Phänomen. Drei davon werden von Analysten der Finanzhäuser besonders häufig genannt. Da ist vor allem der Wahlsieg Donald Trumps in den USA. Die Aussicht auf eine extrem wirtschaftsfreundliche Politik jenseits des Atlantiks hat an den US-Börsen, aber auch bei der Kryptowährung Bitcoin, einen starken Anstieg anstieg ausgelöst. Nun geraten auch die deutschen Aktien ins Fahrwasser der Börsenoptimisten.
Dax mit Rekord: Börsen sind in Jahresendrally
Eine zweite Erklärung ist die Aussicht auf Zinssenkungen durch die Europäische Zentralbank (EZB). Sinken die Leitzinsen, lohnen sich Investments in Anleihen weniger und Anleger setzen verstärkt wieder auf Aktien. Das kann auch den Dax schon im Vorfeld der nächsten Sitzung der Währungshüter am 12. Dezember antreiben. Zinssenkungen kurbeln längerfristig auch die Wirtschaft an, weil Investitionen wieder günstiger zu finanzieren sind.
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Zudem sprechen Finanzexperten auch von einer Jahresendrally, die den Börsenmarkt erfasst hat. Der Begriff steht dafür, dass Käufer den Trend nach oben nicht verpassen wollen und deshalb weitere Aktien zukaufen. Und Fondsmanager polieren ihre Jahresbilanz zum Ende noch einmal durch besonders gut laufende Investments auf.
SAP hat Dax in diesem Jahr angetrieben
Eine alten Börsenweisheit sagt zudem, dass die Aktienkurse die zukünftige Entwicklung der Wirtschaft vorwegnehmen. Tatsächlich gibt es auch einige Anzeichen für eine Erholung der Konjunktur in Deutschland. So gibt es im Dax auch Unternehmen, die jetzt schon bestens dastehen.
Dazu gehört beispielsweise der Softwarekonzern SAP, der an der Börse so viel wert ist wie noch nie. Siemens steht ebenfalls glänzend da. Auch die Finanztitel profitieren schon eine Weile von der gesunkenen Inflation und von Zinssenkungen.
Handelskrieg zwischen den USA und der EU könnte Kurse belasten
Doch alle Erklärungsansätze können nicht als Indizien für die weitere Entwicklung herangezogen werden. Denn vor allem die künftige Politik der neuen US-Regierung birgt unwägbare Risiken für die exportabhängige deutsche Wirtschaft. Trump will mit Zöllen Druck auf andere Länder ausüben und Unternehmen so dazu bringen, Produktionen in die USA zu verlagern. Das könnte insbesondere die deutsche Wirtschaft treffen. Darauf würde die EU wohl ihrerseits mit Zöllen reagieren. Ein Handelskrieg zum Schaden aller ist nicht ausgeschlossen.
Die Gewinnerwartungen der Unternehmen würden dann wohl deutlich zurückgehen. Sinkende Aktienkurse wären eine Folge. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel warnt schon, dass die Zollpläne Deutschland ein Prozent der Wirtschaftsleistung kosten könnte.
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Warum der Dax weitersteigen könnte
Es gibt mit Blick auf den Dax ein Gegenargument zu pessimistische Prognosen. Für viele der größten deutschen Konzern spielt das internationale Geschäft eine größere Rolle als die Wirtschaftsentwicklung im Heimatland. Sie könnten den sich abzeichnenden Aufschwung in den USA zu Produktionsverlagerungen nutzen und so Trumps Zollfalle und die damit verbundenen Einbußen umgehen.
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Unabhängig von der realwirtschaftlichen Entwicklung spielt auch die Psychologie an den Börsen eine Rolle. Die gute Stimmung kann sich schnell wieder drehen, wenn es wieder abwärts geht. Es ist nur wenige Monate her, da drohte dem Dax ein Absturz unter die Marke von 19.000 Punkten. Angesichts der großen Schwankungen in diesem Jahr ist auch eine rasante Talfahrt nicht auszuschließen, wenn zum Beispiel viele Anleger ihre Gewinne aus Angst vor Kursverlusten in trockene Tücher bringen wollen und gleichzeitig viele Aktien verkaufen.
Auch Analysten können die Zukunft nicht exakt vorhersagen. So prognostizierte die Landesbank Baden-Württemberg noch vor wenigen Tagen für die kommenden Monate einen stabile Entwicklung des Dax bei rund 19.000 Punkten. Erst zum Ende des kommenden Jahres sah die Bank einen Stand von 20.000 Punkten voraus.
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