Frankfurt am Main. Die Europäische Zentralbank hat erneut die Zinsen gesenkt. Eigentlich eine schlechte Nachricht für Sparer. Trotzdem können sie profitieren.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat heute zum dritten Mal in diesem Jahr die Leitzinsen gesenkt. Der am Finanzmarkt maßgebliche Einlagenzins, den Banken für bei der EZB geparkte Gelder erhalten, verringert sich damit um 0,25 Prozentpunkte auf 3,25 Prozent.

Möglich wurde der erwartete dritte Zinsschritt der europäischen Notenbank in diesem Jahr der deutliche Rückgang der Inflation. In Deutschland ging diese im September gegenüber August von 1,9 auf 1,6 Prozent zurück. Damit lag sie erstmals seit März 2021 wieder deutlich unter dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von zwei Prozent. In der Eurozone meldet Eurostat für den gleichen Zeitraum 1,8 Prozent.

Trotz Zinssenkung: Verbrauchern bleibt mehr Geld in der Tasche

Sinkende Zinsen im Zusammenspiel mit einer niedrigeren Inflationsrate lassen Verbrauchern unter dem Strich mehr Geld in der Tasche. Ökonomen rechnen mit einem Kaufkraftgewinn für die privaten Haushalte. „Eine Zinssenkung der EZB dürfte die Finanzierungsbedingungen für Konsumenten etwas verbessern“, prognostiziert Peter Hohlfeld von der Hans-Böckler-Stiftung.

Trotzdem bleiben die Verbraucher bislang eher vorsichtig und legen weiterhin viel Geld beiseite – auch aus Sorge vor neuen Krisen in Politik und Wirtschaft. Es gebe immer noch äußerst sichtbare Preisschübe, welche die Menschen verunsichern, sagt Friedrich Heinemann vom Mannheimer Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung ZEW. Dazu zählt er stark steigende Prämien für Autoversicherungen oder deutlich teurere Handwerksleistungen.

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Warum langfristiges Festgeld derzeit kaum attraktiv ist

Perspektivisch müssten sich Sparer auf ein insgesamt geringeres Zinsniveau einstellen, warnt Katharina Lüth, Finanzexpertin bei WeltSparen. Seit der letzten EZB-Zinsentscheidung im September haben nach Analyse des Vergleichsportals Verivox mindestens 346 Banken und Sparkassen ihre Festgeldzinsen gesenkt. „Bei überregionalen Banken bringen Festgelder mit zwei Jahren Laufzeit aktuell durchschnittlich 2,51 Prozent Zinsen und damit 0,20 Prozentpunkte weniger als im September“, erklärt Verivox Geschäftsführer Oliver Maier. Beim Tagesgeld seien die Zinsen dagegen nur geringfügig gesunken.

Langfristiges Festgeld erscheint den Experten des Portals Biallo derzeit auch deshalb wenig attraktiv, weil lange Laufzeitenverhindern, auf wieder steigende Zinsen zu reagieren. Um sich gegen Zinsschwankungen abzusichern, empfiehlt Biallo eine Kombination langer und kurzer Laufzeiten.

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Moment für Sparer ist günstig – was Verbraucherschützer jetzt raten

Dass der Moment für Sparer dennoch günstig ist, liegt nach Einschätzung von Verivox und Weltsparen an der sinkenden Inflation. Der Realzins, also der Ertrag unter Einrechnung inflationsbedingter Kaufkrafteinbußen, betrage für eine durchschnittlich verzinste zweijährige Festgeldanlage fast ein Prozent. Zum ersten Mal seit der Zinswende im Sommer 2022 liege aber auch der Realzins einer durchschnittlich verzinsten Tagesgeldanlage wieder knapp über der Nulllinie, rechnet Verivox vor.

Verbraucherschützer raten, Angebote sorgfältig zu vergleichen: „Man kann heute nicht wissen, ob es lukrativer ist, jetzt das Geld auf gut verzinsten Tagesgeldkonten zu belassen oder fest anzulegen“, sagt Nils Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Er rät deshalb zu einem pragmatischen Vorgehen: „Wer das Geld ein paar Monate nicht benötigt, kann sich noch Zinsen von über drei Prozent für 12 Monate oder länger sichern“. Ein guter Zins fürs Tagesgeld mit deutscher Einlagensicherung liege aktuell ebenfalls bei etwa drei Prozent.

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Für Bauinteressenten hellt sich der Ausblick auf

Freundlicher geworden ist der Ausblick für Bauinteressenten: In den vergangenen zwei Jahren hatten Inflation und steigende Zinsen den Hauskauf für viele Normalverdiener in kaum erreichbare Ferne gerückt. Inzwischen habe sich das Umfeld wieder aufgehellt, betont die Vorständin des Finanzierungsdienstleisters Interhyp, Miriam Mohr: „Wir erleben momentan einen Käufermarkt“. Vor allem bei Bestandsimmobilien mit niedrigerer Energieeffizienz seien spürbare Abschläge möglich. Laut Statistischem Bundesamt haben die Immobilienpreise im zweiten Quartal gegenüber dem ersten um 1,3 Prozent zugelegt, liegen damit aber immer noch um 2,6 Prozentunter dem Vorjahreswert.

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Mit unter drei Prozent erreichten die Baufinanzierungszinsen in den vergangenen Wochen kurzfristig einen neuen Jahrestiefstwert, analysiert der Finanzierungsberater Dr. Klein: „Bis vor Kurzem rechnete der Markt mit nur einer weiteren Senkung des Leitzinses bis zum Jahresende. Nun sieht es so aus, als würden die Schritte etwas schneller aufeinanderfolgen. Das hat bei den Bauzinsen für einen kleinen Impuls nach unten gesorgt,“ bestätigt der Vorstandsvorsitzende Michael Neumann. Außerdem werde nach wie vor werde wenig neu gebaut, die Mieten steigen: „Ich gehe davon aus, dass sich der Druck im Eigentumsmarkt in den kommenden Jahren sukzessive verstärken wird“, sagt Neumann.