Seoul/Jeju. Ostasien wird für Haribo immer wichtiger. Das liegt auch daran, dass der Fruchtgummi-Konzern eine Fankultur in Südkorea aufgebaut hat.
So also sieht ein südkoreanischer Haribo-Superfan aus: Dunkle Haare, runde Goldrandbrille, schwarzes Leinenhemd, Slipper. Mike Lee lächelt. Vielleicht, weil auf dem Unterwasserbild in diesem zehn Meter langen Videotunnel gerade ein Seepferdchen vorbeischwebt, das sehr nach Fruchtgummi aussieht. Sehr wahrscheinlich aber lächelt er, weil die Besucher aus Deutschland so beeindruckt sind. Südkorea ist für Haribo ein Wachstumsmarkt, der Goldbär wohlgelitten. Aber dass jemand aus eigenem Antrieb und auf eigene Rechnung eine Hightech-Ausstellung über den deutschen Süßwarenhersteller organisiert, ist schon einmalig.
Modellbausätze, Bettwäsche, Spiele – eine südkoreanische Firma entfacht Gummibärchen-Hype
Es ist warm auf Jeju und feucht. Wolken verdecken den Vulkankegel, der die beliebte südkoreanische Ferieninsel überragt. Hier, nur eine Flugstunde von der Hauptstadt Seoul entfernt, locken Sandstrände, Wasserfälle, subtropische Sonnenuntergänge mit Zikadengesang und jetzt auch die Happy World of Haribo. Dafür hat das südkoreanische Unternehmen Peopully, für das Mike arbeitet, eine Skate-Halle umgebaut. „Wir haben rund vier Millionen Euro investiert“, sagt er, während er auf der Ausstellungs-App zeigt, wie sich in der gut klimatisierten „Fruchtgummiküche“ virtuelle Goldbären finden und fotografieren lassen. Die Summe ist ein Vielfaches dessen, was Haribo 2022 für die Deutschlandtour zum 100. Geburtstag des Kernprodukts ausgegeben hat.
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Das Geld steckte Peopully nicht nur in die Technik. „Wir haben historisches Material zu Haribo über Ebay gekauft oder Sammler überzeugt, etwas auszuleihen“, sagt Mike – Modellbausätze, Spiele, Bettwäsche, alte Anzeigen. Einiges, was ausgestellt ist, fehlt sogar im Haribo-Archiv. Für Peopully ist das hier ein großes Risiko. Für den deutschen Konzern aus Grafschaft bei Bonn ist es ein Glücksfall.
„Südkorea ist der größte Markt außerhalb Europas und den USA“
Seoul. Im kühlen 35. Stock eines Hotels im Hochhausstadtteil Gangnam sitzt Kostas Vlachos. Er ist bei Haribo für jene Länder zuständig, in denen sich das Geschäft kräftig entwickelt. „Südkorea ist der größte Markt außerhalb Europas und den USA. Innerhalb des Unternehmens liegt er in den Top Ten“, sagt er. Rund 150 Millionen Euro setzten alle Anbieter zuletzt mit Fruchtgummi in Südkorea um. Haribos Marktanteil liegt bei 42 Prozent, Tendenz steigend. Das Geschäft ist noch nicht groß angesichts der geschätzt weit mehr als drei Milliarden Euro Konzernumsatz, aber das hier ist aussichtsreiches Goldbären-Entwicklungsland, Teil der globalen Wachstumsstrategie, gut 52 Millionen Einwohner, sehr viele Fans.
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„Wir haben eine Figur als Markenbotschafter, die die Menschen hier anspricht. Das hilft im Markt schon sehr“, sagt Nikolay Karpuzov, der das Asiengeschäft verantwortet. Vlachos sagt noch: „Wir sind in Südkorea profitabel.“ Es läuft also in diesem Land, in dem sie Comics lieben und Croissants mit Bockwurst, Chili und Käse angeboten werden. In dem Manager im Einkaufszentrum am Werbestand eines Onlinespiels Tischtennisbälle mit Pfannen schlagen und die Hände des Rappers Psi als fünf Meter große Statue in Gold Touristen locken.
Eine Haribo-Geschmacksrichtung gibt es nur in Asien
Seit 2000 tummelt sich der Goldbär bereits in Südkorea. „Als wir gestartet sind, gab es hier nur wenig Fruchtgummi, sondern Bonbons. Die sind einfacher herzustellen und billiger“, sagt Vlachos. Das Land entwickelte sich, beliefert die Welt heute mit Mobiltelefonen, Computerchips, Bildschirmen, Autos, Containerschiffen, wandelte sich zum Industrieland. Mit der Kaufkraft stieg das Interesse für Neues. „Unser Fruchtgummi lieferte andere Geschmacksrichtungen. Das war aufregender.“ Doch einfach nur Tüten mit Goldbären per Container in den Häfen von Seoul oder Busan anzulanden und auf die Kraft der Marke zu vertrauen, reicht nicht. „Südkorea ist sehr wettbewerbsintensiv. Das sieht man bei Smartphones, Autos und auch bei Fruchtgummi“, sagt Karpuzov. Als der Markt wuchs, witterten plötzlich auch einheimische Anbieter ein Geschäft.
Die Konkurrenten heißen Orion (20 Prozent Marktanteil) oder Lotte (sechs Prozent), sind, wie viele andere große südkoreanische Firmen, Mischkonzerne. Sie verkaufen zum Beispiel halbkugelförmiges Kiwi-Fruchtgummi oder welches mit Traubengeschmack. Der ist in Asien so beliebt, dass auch Haribo entsprechendes Fruchtgummi im Programm hat – sonst ist es nicht zu bekommen.
Südkoreaner Mike Lee hat eine besondere Bindung zu den deutschen Haribos
Wie fast überall in der Haribo-Welt sind auch in Südkorea die klassischen Goldbären am beliebtesten, gefolgt vom Starmix und Fruity Bussi, einem Fruchtgummi mit flüssiger Füllung. Die Produkte kommen aus Fabriken in Deutschland, Österreich, Ungarn und der Türkei. In die Supermärkte und vor allem die rund um die Uhr geöffneten rund 45.000 kleinen Läden im Land liefert ein örtlicher Partner, wie Haribo ein Familienunternehmen.
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Ausstellungsmacher Mike entdeckte die Goldbären 2007 in Deutschland. Damals half er seiner Mutter in Berlin bei einem Kunstprojekt zum Mauerfall. „Wir wohnten in Potsdam, hatten wenig Geld, das Fruchtgummi war günstig“, erinnert er sich, während er in der Ausstellung vor einer mehrere Meter großen Haribo-Tüte steht, aus der sich knallbunte Riesenbären in den Raum ergießen. Im Hintergrund fotografieren Eltern ihre Kinder, die versuchen sich an Videospielen.
Der Haribo-Goldbär ist in Südkorea überaus beliebt
Seit Potsdam ließ ihn Haribo nicht mehr los. „In Korea ändern sich Dinge schnell, auch das Design“, sagt er. „Bei Haribo hat sich nur sehr wenig in mehr als 100 Jahren verändert. Diese Philosophie und das Erbe haben mich interessiert.“ So sehr, dass er eine Ausstellung in Seoul organisieren wollte. Er reiste sogar zur Haribo-Zentrale, blitzte mit seiner Idee aber ab. Die Ausstellung machte er 2023 dennoch, überzeugte auch Haribo. Und dann legte er richtig los.
Das Unternehmen genehmigte, Schriftzug und Produkte zu nutzen, und lizenzierte Nicht-Fruchtgummiprodukte. Und so wartet am Ende der Ausstellung auf Jeju der Shop, denn ohne den Verkauf von Handtüchern mit Bärenmotiv, Eiswürfelformen oder T-Shirts rechnet sich die Ausstellung nicht, trotz der Eintrittspreise. Bisher lief es: In den ersten zweieinhalb Monaten kamen mehr als 100.000 Besucher, wie Mike sagt. Er lächelt. Laufen soll sie drei Jahre.
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