Berlin. Ihre größere Vorsicht macht Frauen zu den erfolgreicheren Anlegern, sie achten auch mehr auf Nachhaltigkeit. Doch es gibt einen Makel.
Als Selbständige weiß Esther schon lange, dass sie sich um ihre Altersvorsorge kümmern muss. Ihre Befürchtung: Als Coach wird die Mittdreißigerin kaum reich werden. Nun lernt sie in einem Workshop die Grundzüge der Vermögensbildung. Damit daraus auch Taten werden, überlistet sich Esther bei unangenehmen Aufgaben gern mit einem kleinen Trick selbst. Statt sie aufzuschieben, lädt sie eine Freundin zu einer „Party“ ein.
So macht sie es auch bei der Auswahl von Finanzprodukten für ihre Altersvorsorge. In diesem Fall wird es eine ETF-Party. Bei Häppchen und Prosecco wählt sie eine Aktienanlage aus. So macht das eigene Finanzmanagement – eine bei vielen Menschen unbeliebte Aktivität – auf einmal Spaß. ETF steht dabei für börsengehandelte Fonds, eine einfache Form der Geldanlage in Aktien.
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Geldangelegenheiten sind längst keine Männersache mehr, auch Frauen investieren mittlerweile kräftig. Auch wenn sie noch längst nicht so aktiv wie Männer vorgehen. Während fast jeder vierte Mann direkt oder indirekt Aktien besitzt, tritt dies auf gerade einmal jede achte Frau zu. Das geht aus einer Studie des Deutschen Aktieninstituts hervor. Und Frauen investieren weniger als Männer. Dafür gibt es mehrere Ursachen.
Darauf legen Frauen bei der Geldanlage viel Wert
Am Monatsende bleibt aufgrund geringerer Einkommen oft weniger Geld zum Sparen übrig. Aber auch eine gewisse Risikoscheu spielt eine Rolle. Einer repräsentativen Umfrage der Anlageplattform Mintos zufolge würden nur vier Prozent der Frauen ein größeres Risiko für hohe Renditen eingehen, aber acht Prozent der Männer. „Wenn Frauen in gleichem Maße investieren würden wie Männer, gäbe es weltweit 3,2 Billionen Dollar, die für Investitionen zur Verfügung stünden“, sagt Caroline Löbhard vom Investmentportal Goldmarie-Finanzen.
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Sie und ihre Mitgründerin Jennifer Rasch sind der Beleg dafür, dass Frauen das früher männlich dominierte Feld erobern. Die beiden Mathematikerinnen haben sich auf nachhaltige Geldanlagen spezialisiert. Damit treffen sie eines der wichtigen Kriterien, an denen sich Frauen orientieren. „84 Prozent der Anlegerinnen legen bei ihren Investments starken Wert auf positiven Impact für Umwelt und Soziales“, ergab auch die Studie „Female Finance – Frauen in der Finanzwelt“.
Nachhaltigkeit ist in der Investmentbranche ein großes Thema geworden. Auch wenn der Krieg in der Ukraine und andere Krisen die Probleme mit dem Klimawandel und dessen Bewältigung etwas in den Hintergrund geraten ließen, fließt seit Jahren immer mehr Geld in saubere Investments. Auch börsennotierte Firmen müssen für die Transformation in eine CO2-neutrale Zukunft viele Milliarden Euro investieren. Kein Wunder, dass die Branche besonders Frauen als Zielgruppe auserkoren hat.
Sicherheitsbedürfnis macht Frauen zu den besseren Anlegern
Mit dem Slogan „Anlegen verdient mehr Frauen-Power“ wirbt zum Beispiel der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock für seine börsengehandelten Fonds (ETFs). Die Fondsgesellschaft Deka lockt die Zielgruppe mit Videos unter dem Motto „Sinnvestieren“ an. Etwas zu bewegen, ist ein Motiv bei der Geldanlage. Darauf hat sich die Auswahl der Investments der beiden Mathematikerinnen auch konzentriert. Sie legen strenge Nachhaltigkeitskriterien für ihre Produkte an und haben nicht nur Frauen als Kunden im Blick.
„Es gibt auch einen großen Anteil von Männern, die sich für Nachhaltigkeit einsetzen“, sagt Löbhard. Auch hier gleichen sich die Unterschiede im Anlageverhalten etwas an. Doch den wohl größten Unterschied im Anlageverhalten sehen Experten beim Thema Sicherheit der Geldanlage. Das ist auch einer der Gründe, warum der Anteil von Frauen an den Aktienbesitzern geringer ist als der der Männer. Dagegen sind die einfachen Sparprodukte bei ihnen weiter verbreitet.
Doch gerade das Sicherheitsbedürfnis macht Frauen zu den besseren Anlegern, wie verschiedene Studien zeigen. So streuen Frauen das Risiko eher breit, etwa durch ETFs mit vielen verschiedenen Einzelaktien. Und sie halten sie lange. Männer kaufen und verkaufen dagegen schneller. Das sei an der Börse kontraproduktiv, meinen Experten der Sparkassen. „Zudem begrenzen Frauen ihre Verluste eher dadurch, dass sie sich Fehler oft besser eingestehen“, heißt es weiter. Unter dem Strich erwirtschaften Frauen so im Durchschnitt eine etwas höhere Rendite als Männer.
Experte: „Nichtstun ist meist mit dem größten Risiko verbunden“
Trotzdem holen Frauen den Rückstand bei der Geldanlage nur langsam auf. Ein Grund für das immer noch geringere Engagement von Frauen bei der Geldanlage ist fehlendes Finanzwissen. Dabei zeigen Umfragen, dass gerade die Altersvorsorge bei ihnen hohe Priorität genießt. „Nichtstun ist meist mit dem größten Risiko verbunden“, warnt Rasch vor zu großer Passivität. Finanzen seien zu wichtig, um das Thema dauerhaft zu ignorieren.
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Ein einfaches Beispiel verdeutlicht diese These. Wenn 10.000 Euro ohne eine Verzinsung auf dem Sparbuch ruhen, verliert das Vermögen binnen zehn Jahren bei zwei Prozent Inflation im Jahr rund 1800 Euro an Kaufkraft. Wird der Betrag hingegen in einem breit streuenden ETF angelegt, der im Durchschnitt sechs Prozent Rendite einbringen kann, erhöht sich das Vermögen auf rund 17.900 Euro.
Dabei lassen sich die Grundlagen der Geldanlage leicht erlernen, wenn der innere Schweinehund erst einmal überwunden ist. Das hat sich Esther nach einem Workshop zur Altersvorsorge fest vorgenommen und schließlich zur Party werden lassen. Gemeinsam lernt es sich auch hier leichter.
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