Berlin. Deutschland entwickelt sich zum wichtigen Corona-Impfstandort. Allein Biontech will bis Juni 250 Millionen Dosen in Mainz herstellen.
Impfen, impfen, impfen. Neben Maske tragen, Abstand und Hygiene einhalten gilt Impfen als wichtigster Schlüssel im Kampf gegen die Pandemie. Nicht nur bei der Impfstoffentwicklung spielt Deutschland mit dem mRNA-Vakzin von Biontech weltweit schon eine wichtige Rolle, auch bei der Produktion gibt es große Fortschritte. Mit Biontech/Pfizer, Astrazeneca und Johnson & Johnson werden drei von vier zugelassenen Impfstoffen auch hierzulande produziert.
In einer sonst für die Branche untypisch rasanten Geschwindigkeit wurden in den vergangenen Monaten Pharmawerke umgerüstet und neue Anlagen aufgebaut, um die Impfstoffproduktion zu erweitern, berichtet der Verband der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa). Aktuell gibt es zehn Produktionsstandorte in Deutschland, die an der Herstellung von Covid-19-Impfstoffen beteiligt sind – künftig werden es 18 sein.
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Sichere Versorgung mit Corona-Impfstoffen in Deutschland
Ziel des Impfstoffbeauftragten der Bundesregierung ist es, bis 2022 so viele Produktionskapazitäten in Deutschland aufzubauen, um eine sichere Versorgung mit Corona-Vakzinen zu gewährleisten, kündigte Christoph Krupp an. Dafür soll ein Firmennetzwerk entlang der gesamten Produktionskette sorgen. Allerdings kann kein Impfstoff inklusive aller Zulieferprodukte in nur einem Land hergestellt werden.
Die Corona-Pandemie stellt die weltweite Impfstoffindustrie vor eine gigantische Herausforderung. Wurden vor der Pandemie weltweit jährlich 5,5 Milliarden Impfstoffdosen für verschiedene Krankheiten – von Grippe über Masern bis zu Tollwut – produziert, werden es 2021 mehr als zehn Milliarden Dosen allein gegen Covid-19 sein.
Corona-Vakzin: 50.000 Schritte sind für die Herstellung nötig
Die Impfstoffproduktion ist hochkomplex. „Insgesamt sind 50.000 Schritte erforderlich, von der Herstellung der mRNA bis zur Massensubstanz, die dann für Füllung und Finish übergeben werden kann“, berichtet das Mainzer Unternehmen Biontech, das zu den Pionieren der Corona-Impfstoffentwickler zählt – und mittlerweile mit seinem Partner Pfizer selbst produziert.
Eigentlich in der Krebsforschung aktiv, entwickelte Biontech einen mRNA-Impfstoff (Botenribonukleinsäure) gegen das Coronavirus, der schon 2020 zugelassen wurde. Erstmals stieg Biontech damit auch in die Medikamentenherstellung ein. Auch das Tübinger Start-up Curevac hat ein mRNA-Vakzin entwickelt, das kurz vor der Zulassung steht.
Aktuell produziert Biontech mit seinem Partnerkonzern Pfizer den Impfstoff (Comirnaty) in den USA und Europa und beliefert mehr als 65 Länder. Biontech will mit Pfizer in diesem Jahr 2,5 Milliarden Dosen herstellen. Wie viele davon in Deutschland produziert werden, beziffert Biontech nicht, da es sich um ein „internationales Produktionsnetzwerk“ handelt.
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Größtes Corona-Impfstoffwerk steht in Mainz
Das größte Werk von Biontech steht in Marburg. Es wurde von Novartis übernommen, umgebaut und ist seit März in Betrieb. Künftig wird es einer der größten mRNA-Impfstoffstandorte weltweit mit einer jährlichen Produktionskapazität von bis zu einer Milliarde Dosen, so Biontech. Im ersten Halbjahr 2021 sollen bis zu 250 Millionen Dosen produziert werden. Biontech arbeitet mit 13 Partnern zusammen.
Im Wesentlichen besteht die Produktion aus vier Stufen: Bei Biontech wird das Herzstück des Impfstoffs, die mRNA produziert. Der Wirkstoff muss dann von Produktionsrückständen gereinigt werden. Danach wird der Botenstoff in eine Art Hülle verpackt, sogenannte Lipide. Im letzten Schritt erfolgt die sterile Abfüllung, bevor die Impfstoffe in den Versand gehen.
Für alle Arbeitsschritte gibt es Firmen, die Teilbereiche übernehmen können. Diese sitzen in mehreren Bundesländern – wie Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Hessen. „Wir haben in Sachsen-Anhalt ein ganzes Kompetenzdreieck im Impfstoffbereich. Dazu gehört mit der Biontech-Impfstoffproduktion die Firma Dermapharm in Brehna, das Bernburger Serumwerk und eben IDT in Dessau-Tornau“, sagt Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU).
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Viele Unternehmen arbeiten am Corona-Impfstoff mit
Viele Namen sind für Laien Neuland: So reinigt Rentschler Biopharma (Laupheim) die mRNA, Allergopharma (Reinbek) und Dermapharm (Brehna) betten sie in Lipide, Baxter Biopharma Solutions (Halle in Westfalen) und künftig Siegfried (Hameln) und Sanofi (Frankfurt/Main) sind auf die Abfüllung und Verpackung spezialisiert. Wichtige Lipidlieferanten sind der Pharmakonzern Merck und der Spezialchemiekonzern Evonik.
Andere Impfstoffe wie Moderna, Astrazeneca oder Johnson & Johnson werden heute noch mehrheitlich in den USA oder in Asien produziert, Sputnik V in Russland. Der Vektorvirus-Impfstoff Astrazeneca wird in Deutschland bei R-Pharm in Illertissen hergestellt – allerdings nur für den Export in 35 Nicht-EU-Staaten. Wuxi in Wuppertal will ab Ende 2021 in die Produktion einsteigen, ebenso IDT Biologika.
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Impfstoffproduktionen werden streng überwacht
Die Impfstoffproduktion ist gut überwacht. Jedes Werk muss von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) zugelassen werden. „Die länderübergreifende Zusammenarbeit und große Flexibilität der Firmen hat den Impferfolg erst möglich gemacht“, sagt der Forschungssprecher des vfa, Rolf Hömke. „Allein und autark kann dies Deutschland kaum schaffen, und dies wäre auch nicht sinnvoll. Deutschland wird auch künftig Impfstoffe sowohl exportieren als auch importieren.“
Viele Experten gehen davon aus, dass auch in Zukunft weitere Impfungen gegen Corona notwendig sind, um sich gegen Mutationen des Virus zu schützen. Insofern dürften sich die aktuellen Milliardeninvestitionen in Forschung und Produktionskapazitäten auch wirtschaftlich rechnen. Fast alle am Impfgeschäft beteiligten Unternehmen konnten schon im ersten Corona-Jahr ihre Umsätze erhöhen. Und auch die Kunden profitieren: Je höher die Impfrate in einem Land, desto mehr flacht die Pandemie ab.
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