Hamburg. Urlaubsreisen kosten in diesem Jahr deutlich mehr. Hamburgs Reisebüros beklagen zu geringe Flugkapazitäten.

Kurz vor dem Beginn der Sommerurlaubszeit ist in Hamburger Reisebüros von der Krisenstimmung der Pandemie-Phase nichts mehr zu spüren. „Der Buchungsstand ist gut bis sehr gut, die Umsätze liegen nur noch leicht unter dem Niveau zur gleichen Zeit des Jahres 2019“, sagt Andreas Folkmann vom Menzell Reisebüro in der Innenstadt. „Bis jetzt ist es gut gelaufen“, sagt auch Cord Gödecke vom Reisebüro ATPI in der Altstadt. Nach seiner Einschätzung erreichen die Erlöse bisher immerhin 80 bis 90 Prozent des im guten Reisejahr 2019 erreichten Stands.

Zwar helfen dabei auch die im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit deutlich gestiegenen Preise für Flüge und Hotels, denn die Anzahl der Buchungen kann da nicht mithalten und liegt noch stärker im Rückstand. „Aber der Appetit auf Urlaub ist da, bei Zielen mit Sonnensicherheit ist man meist bereit, die Verteuerung hinzunehmen“, sagt Gödecke. „Spanien und Italien laufen richtig gut.“

Urlaub: In diesem Jahr sind Last-minute-Schnäppchen schwer zu finden

Allerdings hat diese Bereitschaft auch ihre Grenzen, wie Folkmann beobachtet: „Zum Beispiel ist Griechenland bei uns weniger gefragt als 2022. Dort haben Vier-Sterne-Hotels sehr kräftig auf den Preis aufgeschlagen. Wir hatten Kunden, die für ihre Reise nun 2000 Euro mehr zahlen sollten als für den gleichen Urlaub in früheren Jahren – und so etwas kommt nicht selten vor.“

Untermauert werden die Erfahrungen der Hamburger Reisekaufleute durch Angaben des Touristikkonzerns Tui. Derzeit liege der durchschnittliche Preis der verkauften Reisen fünf Prozent höher als im Vorjahr und 26 Prozent höher als im Sommer 2019, berichtete der Konzern jüngst bei der Vorlage der Zahlen für das zweite Geschäftsquartal. Wie Tui-Chef Sebastian Ebel sagte, gingen 8,3 Millionen Buchungen für den Sommer ein. Das seien fast so viele wie im Vor-Corona-Jahr 2019.

Anders als in früheren Jahren dürfte es aber kurzentschlossenen Hamburgern schwerfallen, „Last minute“-Schnäppchen zu finden. „Dieses Geschäft fehlt uns, auch weil die Fluggesellschaften die Preise sehr hoch ansetzen“, sagt Folkmann. Sie könnten das tun, weil es den Airlines generell nicht gelungen sei, die Kapazitäten nach dem Abflauen der pandemiebedingten Krise schnell genug wieder aufzustocken.

Marokko gehört zu den wenigen preisstabilen Urlaubszielen

„Wer im Sommer noch wegmöchte, kommt auch in den Urlaub“, heißt es dazu beim Deutschen Reiseverband (DRV), der Veranstalter und Reisebüros vertritt. „Allerdings wird die Auswahl wegen noch geringerer Kapazitäten als vor Corona aller Wahrscheinlichkeit nach nicht riesig sein.“ Wer preislich attraktive Angebote suche, sollte nach Angaben von Tui etwa die griechische Insel Korfu, das spanische Festland oder die Kanarischen Inseln ins Auge fassen. Preisstabile Urlaubsziele seien die polnische Ostseeküste, Albanien und Marokko.

Besonders ausgeprägt zeige sich die Flugkapazitätsknappheit bei den Fernreisen, stellt man in den Hamburger Reisebüros fest. „An Ziele wie Mauritius oder die Seychellen denken die Kundinnen und Kunden zwar allmählich wieder“, so Folkmann, aber das Flugangebot auf langen Strecken sei eben zu gering. „Australien-Reisen sind aktuell doppelt so teuer wie früher.“ Gödecke prognostiziert jedoch, dass die Reisepreise im Großen und Ganzen nächstes Jahr wieder sinken werden.

Ein „Gewinner“ in der Gunst der Urlauber werden im Reisejahr 2023 die Kreuzfahrten sein, glaubt Folkmann, denn: „Da gibt es noch viel freie Kapazität.“ Gerade in Hamburg werde sich das Angebot demnächst noch deutlich vergrößern, sagt er mit Blick auf die Flottenpläne der Reederei MSC Cruises. Sie ersetzt hier ihre „Preziosa“ mit Platz für 4345 Passagiere im Oktober durch die erst vor wenigen Tagen getaufte „Euribia“, die bis zu 6237 Gäste aufnehmen kann und damit eines der größten Schiffe im Markt ist. „Das gibt eine Preisschlacht, die nicht gesund ist“, erwartet Folkmann.

All-inclusive-Angebote sind heute noch viel gefragter als vor der Pandemie

Generell aber hätten die hohen Inflationsraten und die Energiekrise nicht zu einem „Billig-Boom“ im Tourismus geführt, sagte Sven Schikarsky, Produktchef des Anbieters Dertour mit weiteren Marken wie ITS und Meiers Weltreisen. Allerdings legten viele Urlauber nun Wert auf Budgetkontrolle – schon 37 Prozent der Reisenden setzten auf All-inclusive-Angebote. Dieser Anteil sei gegenüber dem Vergleichszeitraum von vor drei Jahren um 21 Prozentpunkte gestiegen.

Während die Corona-Pandemie die Buchungszahlen geradezu dramatisch einbrechen ließ, vergrößerte sie zugleich offenbar die Bindung der Urlauber an die Reisebüros. „Wir waren in der Krise immer ansprechbar, auch wenn Veranstalter bei dringenden Fragen schwer zu erreichen waren“, sagt Gödecke. „Unseren Kunden ist es wichtig, einen Gesprächspartner zu haben, wenn sie Rat suchen.“

Urlaub: Hamburger Reisebüros haben auch guten Zulauf von jüngeren Kunden

Auch wenn man sich über Zielgebiete natürlich längst im Internet informieren könne, gebe es doch viele Menschen, die bei der Buchung „ein gewisses Sicherheitsgefühl“ haben wollten und daher lieber auf ein Reisebüro vertrauten, so Folkmann. Gerade bei Fernreisen sei das deutlich erkennbar. „Wir haben durchaus guten Zulauf auch von Menschen zwischen Anfang 20 und Mitte 30“, sagt er.

Schwer sei es jedoch, auch junge Nachwuchsberater für das Reisebüro zu finden, räumt Folkmann ein. „Bei der Berufsberatung wird von dieser Ausbildung nicht selten sogar abgeraten – das ärgert mich.“ Dabei biete die Touristik noch immer „total attraktive“ Beschäftigungsmöglichkeiten, findet Gödecke. Zweifellos müsse man mehr tun als früher, um Nachwuchskräfte für das Reisebüro zu interessieren, und neue Wege gehen. Das könne dann aber zum Erfolg führen: „Wir zum Beispiel bieten jetzt auch ein duales Studium an.“ Eines aber hat sich gerade in den zurückliegenden drei Jahren wieder erwiesen: „Unser Geschäft ist extrem volatil.“