Hamburg. Assekuranzunternehmen aus Hamburg wollen ihren Kunden bei der Zulassung Arbeit abnehmen. Wie das Verfahren funktionieren wird.

Wer ein Auto zulassen möchte, muss schon etwas Geduld mitbringen: In Hamburg betrug die Wartezeit für einen Termin für die Zulassung im vergangenen Jahr in der Regel vier bis sechs Arbeitstage. Aber auch an den Standorten des Landesbetriebs Verkehr nimmt die Prozedur dann noch einmal einige Zeit in Anspruch. Vor allem zu Beginn der Corona-Pandemie hatten sich der Verband der Deutschen Automobilindustrie und der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe über gravierende Engpässe in den Kfz-Zulassungsstellen beklagt.

Künftig soll es nach dem Willen der Bundesregierung wesentlich schneller gehen. Vom 1. September an können Privatpersonen den Pkw auch über ihren Kfz-Versicherer per Internet anmelden – ganz ohne Wartezeit. Zwar können dann auch Autohäuser oder professionelle Zulassungsdienste – wie etwa die Kroschke-Gruppe aus Ahrensburg – die digitale Anmeldung nutzen. Weil aber Autos nur dann zugelassen werden, wenn der Halter eine gültige Kfz-Haftpflichtversicherung nachweist, stehen die Halter nach dem Kauf oder nach einem Umzug ohnehin mit ihrem Versicherer in Kontakt.

Autoversicherung: Versicherer wollen für ihre Kunden das Auto online anmelden

Auch Assekuranzunternehmen mit einem Hauptsitz in Hamburg zeigen sich offen für die neue Dienstleistung. „Natürlich werden auch wir diesen Service unseren Kunden anbieten – schon aus Wettbewerbsgründen, denn das werden voraussichtlich sehr viele tun“, sagt Ulrich Leitermann, der Vorstandsvorsitzende der Signal-Iduna-Gruppe.

Dabei sein wird auch der Hamburger Kfz-Spezialversicherer Kravag, Tochter des Wiesbadener Konzerns R+V: „Wir wollen den Service zur Kfz-Zulassung künftig anbieten. Wie genau der Prozess für die Kundinnen und Kunden aussehen wird, können wir im Detail aber noch nicht sagen.“ Von der HanseMerkur heißt es: „Grundsätzlich ist dieser Schritt, der mit dem Ausbau der onlinebasierten Zulassung einhergeht, sehr zu begrüßen. Denn er vereinfacht für viele Menschen das An- und Ummelden ihres Pkw. Wir prüfen daher aktuell die Möglichkeiten, diesen Service auch unseren Kunden anbieten zu können.“

Die Zulassung soll „schneller, einfacher und unbürokratischer“ werden

Unmittelbar nach der Zustimmung des Bundesrats zu der Verordnung zur Digitalisierung der Fahrzeugzulassung am 31. März hat der Versicherungsverband GDV reagiert: „Die Zulassung über den Kfz-Versicherer wird den Autokauf oder die Ummeldung nach einem Umzug für viele Menschen deutlich schneller, einfacher und unbürokratischer machen“, sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. „Die Digitalisierung der Verwaltung macht damit einen echten Schritt nach vorn – und die Versicherer gehen ihn gerne mit.“

Bei den Versicherungsunternehmen stoße die Möglichkeit, diesen Service anzubieten, auf großes Interesse, beobachtet Anja Käfer-Rohrbach, die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des GDV: „Wir gehen davon aus, dass dies auf breiter Front genutzt wird. Ob das bei allen interessierten Unternehmen gleich zum 1. September sein wird, ist aber noch nicht klar.“

Bisheriges Online-Verfahren der Behörden benötigt elektronischen Personalausweis

Technische Voraussetzung für die Online-Zulassung ist die sogenannte „qualifizierte elektronische Signatur“. Dafür werden die Versicherer das Video-Ident-Verfahren einsetzen. „Damit ist die technische Hürde im Vergleich zum selten genutzten elektronischen Personalausweis für viele erheblich niedriger“, erklärt Käfer-Rohrbach.

Denn prinzipiell besteht die Möglichkeit der digitalen Kfz-Anmeldung direkt bei den Zulassungsbehörden unter der Bezeichnung „i-Kfz“ schon seit Oktober 2019. Doch die Behörden verlangen dafür den elektronischen Personalausweis in Verbindung mit einem Kartenlesegerät oder der Ausweis-App des Bundes – und diese Ausstattung nutzen einer Studie der Wirtschaftsprüfer PwC zufolge bislang nur sieben Prozent der Deutschen. Außerdem besteht für die Verwendung der internetbasierten Fahrzeugzulassung in Hamburg eine Reihe von Ausschlusskriterien. So sind unter anderem Sonderkennzeichen, darunter „E“-Nummern für Elektroautos, von dem Verfahren ausgeschlossen.

Ausweisfoto wird mit dem Gesicht des Nutzers automatisch abgeglichen

Beim Video-Ident-Verfahren hingegen, das auch Banken bei der Kontoeröffnung einsetzen, genügt ein regulärer Personalausweis oder Reisepass, Letzterer meist in Zusammenhang mit einer Meldebescheinigung. Über die Kamera im Smartphone oder Computer erfolgt ein automatischer Abgleich zwischen dem Ausweisfoto und dem Gesicht des Nutzers.

Auch sonst wollen sich die Versicherungsunternehmen kundenfreundlicher zeigen als die Behörden. „Wir sind bestrebt, die Eingabe der benötigten Daten möglichst komfortabel zu machen“, sagt Käfer-Rohrbach. „Und Daten, die bereits beim Versicherer vorliegen, muss man nicht noch ein zweites Mal eingeben.“ Aber zum Beispiel die Information, wie lange die TÜV-Plakette des Fahrzeugs noch gilt, hat der Versicherer nicht.

Online-Zulassung der Versicherer soll nicht länger als 15 Minuten dauern

„Wenn man alle Informationen griffbereit hat, sollte das Verfahren, wenn alles glattgeht, nicht länger als 15 Minuten dauern“, schätzt Käfer-Rohrbach. Beim Versicherer kann die digitale Zulassung rund um die Uhr, auch am Wochenende, vorgenommen werden. „Ist die entsprechende Zulassungsbehörde gerade online, dann kann der Kunde schon nach zwei oder drei Minuten die Antwort auf den Antrag erhalten“, sagt die GDV-Expertin. „Wenn die Behörde nicht online ist, kann das ein paar Tage dauern. Auf mittlere Sicht sollte das an Wochentagen aber zu einer Ausnahme werden.“

Weil auch Nummernschilder im Internet geordert werden können, sind für die Kfz-Anmeldung künftig keine zeitraubenden Wege mehr nötig. Zwar kommen nach erfolgter digitaler Zulassung die Stempelplaketten für die Kennzeichen von der Behörde im Postversand zum Autofahrer. In der Zwischenzeit reicht aber für bis zu zehn Tage der digitale Bescheid als Nachweis aus. Auch dies ist ein Unterschied zum bisherigen i-Kfz-Verfahren.

Nach Einschätzung des Bundesverkehrsministeriums dürfte perspektivisch jedes zweite Auto nicht mehr persönlich vom Autokäufer, sondern von Kfz-Versicherern oder anderen Dienstleistern internetbasiert zugelassen werden. Allerdings sieht der Bundesrat auch Missbrauchsgefahren aufgrund des neuen Verfahrens und bittet die Bundesregierung um Prüfung, wie sie abgeschwächt werden können. So weisen die Länder auf das Risiko hin, dass Plaketten beim Postversand entwendet werden oder vermehrt Fahrzeuge mit ungestempelten Kennzeichen auf den Straßen sein könnten.