Hamburg. Der HVV kündigt 28.000 Kunden in Hamburg und Umland ihr bisher preiswerteres Abonnement. Wer betroffen ist und was dahintersteckt.
- Das Deutschlandticket (49-Euro) soll eigentlich den Tarifdschungel im deutschen ÖPNV entschlacken und zugleich eine günstige Alternative sein. Doch für viele Kunden des HVV ist genau das Gegenteil der Fall.
- Rund 28.000 Abonnenten müssen durch das Deutschlandticket jetzt mehr für ihr monatliches Ticket beim HVV zahlen. Eine andere Alternative haben sie nicht, wenn sie den Hamburger ÖPNV benutzen wollen.
Der HVV spricht von einem „Quantensprung“ in der Geschichte des Unternehmens, Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) von einer „fast revolutionären Tarifreform für Deutschland“: Wenn am 1. Mai das Deutschlandticket eingeführt werde, könnten viele Abonnenten des Hamburger Verkehrsverbunds jubeln. Deutlich einfacher, deutlich flexibler und deutlich günstiger werde das Abo dann, versprach Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne).
Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Es gibt nämlich rund 28.000 HVV-Abonnenten, die von der angekündigten Entlastung nichts haben. Im Gegenteil: Sie müssen künftig mehr bezahlen.
Diese Kunden haben bisher ein Abonnement, das zum Teil um bis zu 30 Prozent billiger war als das Deutschlandticket. Und ihnen werden diese Abos zum 31. August gekündigt, sodass sie dann zum teureren 49-Euro-Ticket wechseln müssen.
Deutschlandticket: 28.000 HVV-Kunden bekommen günstigeres Abo nicht mehr
„Wir schreiben die betroffenen Kunden derzeit an und bieten ihnen an, ins 49-Euro-Ticket zu wechseln, weil ihr Abonnement Ende August ausläuft“, bestätigt HVV-Sprecher Rainer Vohl dem Abendblatt. Das betreffe beispielsweise 3200 Abonnenten, die im Hamburger Umland wohnen und derzeit eine Eine-Zone-Karte haben.
Sie bezahlen bisher 46,30 Euro, also 2,70 Euro weniger, als das Deutschlandticket kostet. Richtig teuer wird es aber für rund 22.500 Abonnenten, die Teilzeit-Fahrkarten haben, mit denen man nur außerhalb der Stoßzeiten fahren darf. Diese Abos kosten bislang für eine Zone 33,80 Euro, für drei Zonen 38,90 Euro.
Auch 1000 Azubis, denen ihr Arbeitgeber keinen Zuschuss gewährt, sind betroffen. Sie bezahlen für eine Zone im Umland bisher 34 Euro im Monatstarif, für zwei Zonen 44,50 Euro. Je nach Ticket müssen sie also ohne Arbeitgeber künftig bis zu 15 Euro monatlich mehr an Fahrtkosten aufwenden.
HVV verteidigt das Deutschlandticket
Und dann gibt es auch noch 1400 Seniorenkarten im Umland, die künftig wegfallen. Wer bisher 32,10 Euro für eine Zone im Abonnement zahlte, muss auf das teurere Deutschlandticket wechseln.
Mehreren HVV-Kunden stößt das Vorgehen des Verkehrsverbunds übel auf. „Meine Mutter ist Rentnerin. Jetzt wird ihr einfach das Abo gekündigt, schreibt eine Abendblatt-Leserin.
HVV-Sprecher Vohl verteidigt hingegen die Maßnahme: „Für die allermeisten unserer 710.000 Abonnement-Kunden bringt das Deutschlandticket eine wirkliche Entlastung. Ein kleiner Kreis von Kunden muss dafür etwas mehr zahlen.“
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Ungerecht findet Vohl das Vorgehen nicht: „Mit dem 49-Euro-Ticket kann ich nicht nur eine Zone fahren, sondern deutschlandweit. Und zeitliche Beschränkungen gibt es auch nicht mehr. Wir sind jahrelang nicht ganz zu Unrecht dafür kritisiert worden, dass unser Tarifsystem so kompliziert und schwer durchschaubar sei. Jetzt wird alles ganz einfach.“
Wer sich das Ticket wirklich nicht leisten könne, für den gebe es noch den Sozialrabatt: Personen, die existenzsichernde Leistungen erhalten, könnten so für 19 Euro pro Monat bundesweit den Nahverkehr nutzen, so Vohl.
Auch Beschäftige der Stadt Hamburg schauen erstmal in die Röhre. Denn ihr Arbeitgeber bietet keine Subventionierung des 49-Euro-Tickets an. Dafür gibt es bereits jetzt Kritik von der neuen Chefin der Hamburger ver.di.