Hamburg. Das Unternehmen – früher bekannt als Tipp24 – erfreut Anleger mit einer hohen Dividendenrendite und plant digitale Automatenspiele.
Onlinehandelsfirmen tun sich seit gut einem Jahr sehr schwer, mit dem Abschwung nach der Sonderkonjunktur der Corona-Pandemie und mit der Konsumzurückhaltung aufgrund der hohen Inflationsraten umzugehen. Das börsennotierte Hamburger Unternehmen Zeal Network dagegen kann – obwohl es ebenfalls ausschließlich über das Internet verkauft – eine sehr viel bessere Kursentwicklung vorweisen: Seit Oktober hat der Aktienkurs um fast 40 Prozent zugelegt.
Zwar besteht Zeal unter diesem Namen erst seit 2019. Unter dem früheren Firmennamen Tipp24 dürfte die Firma aber vielen Hamburgern ein Begriff sein. Was die Aktie zuletzt so attraktiv macht, ist nicht zuletzt die hohe Dividendenrendite von gut zehn Prozent. Ursächlich dafür ist allerdings vor allem eine einmalige Sonderausschüttung von 2,60 Euro je Aktie. Die reguläre Dividende beträgt unverändert 1,00 Euro.
Lotto: Hamburger Firma startet an der Börse durch
„Wir haben eine Steuerrückerstattung von rund 54 Millionen Euro erhalten, weil in früheren Jahren auf bestimmte Leistungen von uns fälschlicherweise Mehrwertsteuer erhoben wurde“, erklärt der Zeal-Vorstandsvorsitzende Helmut Becker. „Wir benötigen dieses Geld aber nicht, um das weitere Wachstum zu finanzieren, und geben es daher an die Aktionäre weiter.“
Seit 2019 ist Zeal mit den beiden Portalen Tipp24 und Lotto24 in Deutschland als offiziell zugelassener Online-Lotto-Vermittler aktiv. Von den insgesamt rund 200 Beschäftigten sind etwa 160 in Hamburg tätig. Nachdem im Jahr 2022 rund 40 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt wurden, soll die Zahl weiter wachsen.
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Im vergangenen Jahr konnte das Unternehmen das Transaktionsvolumen – das sind die Einsätze der Kunden - um 16 Prozent auf 758 Millionen Euro steigern, wobei der Umsatz, der sich vor allem aus den von den staatlichen Lotteriegesellschaften gezahlten Provisionen ergibt, sogar um 21 Prozent auf 105 Millionen Euro kletterte.
„Die Menschen wollen träumen – auch in schlechten Zeiten“
„Unser Geschäftsmodell erweist sich als sehr krisenfest“, sagt Becker. Seine Vermutung, warum das so ist: „Die Menschen wollen vielleicht gerade auch in schlechten Zeiten ein paar Tage lang von einem Lottogewinn träumen.“ Nach Angaben von Zeal ist im vorigen Jahr die Zahl der pro Monat durchschnittlich aktiven Kundinnen und Kunden um elf Prozent auf 1,07 Millionen gestiegen, der Marktanteil des Unternehmens kletterte von 39 Prozent auf 41 Prozent. Das ließ man sich allerdings einiges kosten: „Um die Kundenbasis gezielt auszubauen“, wurden die Marketingaufwendungen um mehr als die Hälfte auf 34 Millionen Euro ausgeweitet.
In diesem Jahr will der Vorstand sogar noch mehr Geld in die Neukundenakquise investieren, sodass für den operativen Gewinn (Ebitda), der sich zuletzt um 14 Prozent auf 31,7 Millionen Euro verbesserte, ein leichter Rückgang nicht ausgeschlossen wird. Für die Zukunft sieht Becker jedoch noch großes Potenzial. So liege der Online-Anteil des Lotto-Geschäfts in Deutschland erst bei etwa 20 Prozent, während es in Skandinavien deutlich über 40 Prozent seien. Zu diesem Abstand dürfte nach Einschätzung von Becker die Tatsache beitragen, dass Online-Lotto in der Bundesrepublik viele Jahre lang nicht legal war.
Lotto: Behörden gehen stärker gegen unerlaubte Zweitlotterien vor
Selbst Tipp24 agierte bis 2019 als sogenannte Zweitlotterie und damit im Graubereich, in den Jahren 2014 bis 2019 befand sich der Unternehmenssitz in London. Noch immer sind einige Wettbewerber mit diesem Geschäftsmodell, bei dem die Lottospieler nicht wirklich an der staatlich lizensierten Lotterie teilnehmen und damit rein juristisch auch keinen Anspruch auf Gewinnauszahlung hätten, in Deutschland aktiv. „Die zuständige Behörde geht aber immer wirksamer gegen die Zweitlotterien vor, die Luft wird für sie immer dünner – und das ist gut so“, sagt Becker.
Seit Juli 2021 wird der Markt durch einen neuen Glücksspielstaatsvertrag geregelt, der nicht nur den Lotto-Markt umfasst, sondern auch die hier bisher verbotenen virtuellen Automatenspiele, Online-Poker und andere derartige Angebote unter bestimmten Voraussetzungen erlaubnisfähig macht. „Wir begrüßen, dass es jetzt diese Klarheit gibt“, so Becker. „Damit ist Deutschland endlich in der europäischen Realität angekommen.“
Lotto-Anbieter Zeal will nun auch mit Online-Rubbellosen Geschäfte machen
Auch Zeal hat sich um eine Lizenz für solche nun legalen Produkte beworben und hat, wie Becker sagt, von der Behörde bereits signalisiert bekommen, dass sie auch erteilt wird. Es geht dabei unter anderem um Online-Rubbellose, Kreuzworträtsel oder an „Candy Crush“, einem Computer-Puzzle, angelehnte Spiele. Für Zeal sind sie nicht neu, denn derartige Produkte werden schon seit längerer Zeit im Unternehmen entwickelt, bisher durfte man sie aber nur an Anbieter im Ausland – zum Beispiel in Südamerika – verkaufen.
„Wir sind zuversichtlich, dass wir auch auf diesem neuen Feld eine nennenswerte Marktbedeutung erlangen können“, sagt Becker. „Es wird aber sicher eine Weile dauern, bis uns die Spieler da draußen auch für digitale Automatenspiele entdeckt haben.“
Suchtberater warnen vor den Risiken von Online-Spielen
Genau diese Verbindung weckt allerdings Bedenken bei Christiane Lieb, Geschäftsführerin der Informations- und Beratungsstelle Sucht.Hamburg. Zwar habe das bekannte Lotto „6 aus 49“ ein „vergleichsweise geringes Gefährdungspotenzial“, so Lieb. In der Online-Variante könnten die Teilnehmer durch Werbung auf den entsprechenden Websites „ständig angesprochen werden, doch auch andere Glücksspiele auszuprobieren“ – und wahrscheinlich sogar mit einem Startbonus dazu veranlasst werden.
Während Becker im Hinblick auf das Suchtpotenzial keinen wesentlichen Unterschied zwischen dem realen „Daddelautomaten“ und der Internetvariante sieht, schätzt Suchtberaterin Christiane Lieb das ganz anders ein: „Online-Glücksspiele können auf dem Smartphone, über den PC zu Hause und bei der Arbeit, im Internetcafé und so weiter gespielt werden. Da passiert es schnell, dass jemand Tag und Nacht im Internet zockt.“
Gewinnsumme von 120 Millionen Euro im Eurojackpot lockt Spieler
Zudem würden die Einsätze hier nicht bar bezahlt, sondern mit „elektronischem“ Geld – mit Wertpunkten oder der Kreditkarte. Das könne zu größeren Einsätzen führen und diese wiederum verstärkten das Risiko, dass die Nutzer „verloren gegangenem Geld hinterherjagen und ihnen das Spielen außer Kontrolle gerät“, erklärt Lieb. Und schließlich fehle im Internet die soziale Kontrolle durch Eltern oder Partner: Wenn sich jemand „stattdessen allabendlich in die Spielhalle verabschieden würde, fiele das in den meisten Fällen eher auf“.
Becker räumt angesichts der potenziellen Risiken eine Verantwortung ein: „Man muss die Kunden auch schützen.“ Dazu setze Zeal auf Software, die mithilfe von künstlicher Intelligenz wie ein „virtueller Psychologe“ agiere und Limits setze, wenn erkannt werde, dass bei jemandem das „Spielverhalten in die falsche Richtung geht“, so Becker.
Generell gelte aber: „Unsere Zielgruppe sind nicht die Hardcore-Spieler, wir kommen aus dem Massenmarkt.“ In diesem will Zeal auch in diesem Jahr weiter wachsen. So soll der Umsatz auf 110 Millionen bis 120 Millionen Euro klettern. Es habe den Lotto-Markt beflügelt, dass die maximale Gewinnsumme im Eurojackpot im vorigen Jahr von 90 Millionen auf 120 Millionen Euro heraufgesetzt wurde, wobei zwei von vier Rekord-Gewinnern von mehr als 100 Millionen Euro aus der Bundesrepublik über Zeal-Portale getippt hätten: „Seitdem ist Deutschland im Lottofieber.“