Hamburg. Ein Drittel der Beschäftigen der insolventen Warenhauskette soll entlassen werden. Betriebsrat: „Wir sind total geschockt“.
Nächste Schocknachricht für die Beschäftigten von Galeria Karstadt Kaufhof: Das Hamburger Stammhaus der insolventen Warenhauskette in der Innenstadt ist von einem drastischen Personalabbau betroffen. „Knapp ein Drittel der Belegschaft soll entlassen werden“, bestätigte der Betriebsratsvorsitzende Nils Reinhardt auf Anfrage des Abendblatts. Die Mitarbeiter seien am Dienstag informiert worden. In der nächsten Woche sollen die Kündigungen verschickt werden. Nach seinen Angaben sind vor allem die Bereiche Verkauf und Kassen betroffen. Konkrete Zahlen nannte Reinhardt nicht. Aktuell sind in dem ehemaligen Karstadt-Haus an der Mönckebergstraße etwa 280 Männer und Frauen beschäftigt.
Erst in der vergangenen Woche hat der Handelsriese angekündigt, dass im Rahmen eines Sanierungsprogramms von den bundesweit 129 Filialen 52 geschlossen werden sollen. Später wurde die Zahl um fünf Häuser verringert. In Hamburg stehen die Standorte in Harburg und Wandsbek zum 30. Juni vor dem Aus. Nur die Häuser in der Hamburger Innenstadt, in Eimsbüttel und im Alstertal Einkaufszentrum in Poppenbüttel bleiben geöffnet. Nach Gewerkschaftsangaben verlieren durch die Schließungen 180 Galeria-Beschäftige in Hamburg ihren Arbeitsplatz. Jetzt stellt sich heraus, dass es deutlich mehr sind.
Galeria Karstadt in Hamburg: Entlassungswelle an der Mönckebergstraße
„Wir sind total geschockt“, sagte Betriebsratschef Reinhardt. Zwar seinen bundesweit Stellenstreichungen auch in den sogenannten Fortführungsfilialen angekündigt gewesen. „Aber dieses Ausmaß haben wir nicht erwartet“, so der Arbeitnehmervertreter. Noch in der vergangenen Woche habe die Unternehmensleitung den Standort für die guten Kennzahlen gelobt. „Das hatte bei den Kollegen für Hoffnung gesorgt.“
Tränen bei den Galeria-Mitarbeitern
Jetzt die große Enttäuschung. „Es hat viele Tränen gegeben. Im Haus herrscht Trauerstimmung“, sagt der 54-Jährige, der seit vergangenem Jahr an der Spitze des Betriebsrats steht. Es seien Kollegen dabei, die seit mehreren Jahrzehnten im Unternehmen seien. In einigen Fällen seien die Betroffenen Alleinverdiener oder hätten pflegebedürftige Angehörige. Reinhardt kündigte Widersprüche gegen die Entlassungen an.
Besonders bitter: Weil der Warenhauskonzern in einem Insolvenzverfahren ist, gibt es laut Betriebsrat unabhängig von der Betriebszugehörigkeit nur eine Abfindung in Höhe von zwei Monatsgehältern. Galeria hatte in der vergangenen Woche allerdings die Gründung einer Transfergesellschaft angekündigt. Ob diese auch für die Beschäftigten in den Filialen gilt, die weitergeführt werden, ist noch unklar.
Galeria-Insolvenz: Entscheidung nächste Woche
Auch in den Galeria-Häusern in Eimsbüttel und im AEZ soll Personal abgebaut werden. Nach Abendblatt-Informationen sollen die Stellenstreichungen dort allerdings sehr viel geringer ausfallen. Anders als bei der letzten Schließung- und Entlassungswelle bei Galeria vor drei Jahren sind bislang keine Protestaktionen geplant.
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„Wir können zu diesem Zeitpunkt nichts machen“, sagt Reinhardt. Galeria befindet weiterhin im Insolvenzverfahren. Erst in der nächsten Woche entscheidet der Gläubigerausschuss über den Sanierungsplan. Galeria Karstadt Kaufhof äußerte sich auf Anfrage nicht zu dem geplanten Personalabbau in Hamburg.
Ver.di: "Sterben auf Raten" bei Galeria
„Wir müssen aufpassen, dass der geplante Personalabbau und die Schließung von zwei weiteren Häusern von Galeria Karstadt Kaufhof in Hamburg sich nicht als ,Sterben auf Raten' entpuppt“, erklärt Heike Lattekamp, ver.di Landesfachbereichsleiterin Handel in Hamburg. Sie rechnet zusätzlich zu den 180 Stellen, die durch die Schließung in Harburg und Wandsbek wegfallen, mit weiteren 80 bis 100 Stellen, die im Zuge der Verkleinerung der verbleibenden Filialen beseitigt werden sollen.
„Weniger Personal auf verkleinerter Fläche und mit verringertem Warenangebot könnte die Wettbewerbsfähigkeit der Kaufhäuser nachhaltig in Frage stellen“, so die stellvertretende Ver.di-Landesleiterin. Wer den schleichenden Abschied von Galeria Karstadt Kaufhof aus dem Einzelhandel verhindern wolle, müsse investieren und brauche ausgereifte, vertriebs- und markttaugliche Konzepte – sowie ausreichend Personal, um die Wünsche der Kundinnen und Kunden nach Beratung, Kompetenz im Verkauf und Flexibilität beim Service erfüllen zu können.
Betriebsrat fordert Sozialfonds und Jobnetzwerk
Der Hamburger Betriebsrat fordert jetzt von dem Galeria-Mutterkonzern Signa, der in Hamburg hinter zahlreiche Immobilienprojekten wie etwa dem Elbtower steht, einen Sozialfonds für Härtefälle und die Gründung eines Netzwerks für neue Beschäftigungsangebote. Außerdem hat Reinhardt einen Aufruf an die Arbeitgeber in der Region Hamburg gestartet, sich mit Arbeitsplatzangeboten direkt an ihn zu wenden.