Hamburg. Die Hamburger kämpfen mit hohen Glaspreisen – und haben sich mit einem neuen Co-Geschäftsführer verstärkt.
Vor einem Monat versetzte die Firma Fritz-Kola die Getränkeszene in Aufruhr. Gründer Mirco Wolf Wiegert gab bekannt, dass er einen neuen Co-Geschäftsführer an seine Seite geholt hat: Florian Weins, bisher Geschäftsführer bei der Ratsherrn Brauerei. Von Bier zu Cola. Passt das zusammen? „Sehr gut“, meinen beide im ersten gemeinsamen Gespräch mit unserer Zeitung.
„Beide Getränke haben etwas mit Genuss zu tun. Sie verbinden Menschen miteinander und bieten ihnen eine Alternative: Beim Bier ist es das Alkoholfreie, bei der Cola die Zuckerfreie“, sagt Weins, der sich auch optisch seinem neuen Arbeitgeber angepasst hat: Beide tragen schwarzen Kapuzenpulli mit weißem Fritz-Kola-Aufdruck.
Aber da ist noch etwas anderes, was die Verbindung der beiden verdeutlicht: Die Wahrnehmung des Produkts. Ratsherrn und Fritz-Kola sind typisch Hamburger Getränke die ihr Image als Kultmarken pflegen. Auch insofern passt Weins zu Fritz-Kola. Oder hätte Wiegert sich auch einen Carlsberg-Manager an seine Seite geholt? Er sagt: „Mir war wichtig, jemanden zu finden, der Erfahrung hat, der aber auch im menschlichen Umgang zu uns passt.“ Bei Fritz-Kola ist die Mannschaft wie die Kundenzielgruppe vergleichsweise jung.
Hamburger Unternehmen Fritz-Kola verstärkt sich mit Bier-Managern
Weins sagt: „Mir wurde der Einstieg leicht gemacht, weil die Unternehmen vergleichbar sind: Beide haben eine ähnliche überschaubare Eigentümerstruktur, sind anders als große börsennotierte Konzerne nicht darauf aus, auf Quartalszahlen und schnelle Rendite zu setzen, sondern an einem langfristigen konsistenten Handeln interessiert.“ Weins kennt beide Unternehmensformen: Vor seiner Zeit bei Ratsherrn arbeitete er zwölf Jahre für den Branchenriesen Anheuser-Busch InBev. Und er macht keinen Hehl daraus, dass ihm der Umstieg in kleine mittelständische Betriebe gefiel. „Die Kombination aus Struktur und Organisation auf der einen und visionärem strategischen Handeln auf der anderen Seite liegt mir nahe.“
Zeitlich fällt Weins’ Einstieg bei Fritz-Kola in eine Phase neuer Expansion: Nachdem der Limonaden-Hersteller in der Corona-Pandemie schwer gelitten hatte – die Umsätze waren um 80 Prozent eingebrochen –, läuft es nach den Angaben des Chefs nun wieder rund. „Es läuft sogar besser als vor dem Lockdown“, sagt Wiegert, der vor 20 Jahren seine erste Flasche Fritz-Kola auf den Markt gebracht hat. Zahlen will er nicht nennen, aber an der Entwicklung des Personalstamms zeigt sich der Aufschwung: „Wir haben kräftig eingestellt“, sagt Wiegert. Waren im Lockdown die meisten der damals 240 Mitarbeiter in Kurzarbeit, beschäftigt das Unternehmen nun 315. „Wir haben sofort nach der Wiedereröffnung der Läden unser Gastronomiegeschäft wieder angekurbelt. Anders als die großen Anbieter leben wir von unseren direkten Kundenbeziehungen, an die wir sofort wieder anknüpfen konnten.“
Fritz-Kola verdient das meiste Geld in Clubs
Denn nicht der Einzelhandel ist es, womit Fritz-Kola sein meistes Geld verdient, sondern Clubs, Bars, Restaurants. „Wir sind primär ein Lieferant für die Gastroszene. Andere Getränkehersteller setzen vor allem auf den Einzelhandel.“ Mag der Markt im Gastro-Segment auch kleiner sein, ist für Fritz-Kola noch reichlich Platz für Wachstum.
Mit einem Umsatzmarktanteil von 4,1 Prozent ist der Indie-Getränkehersteller die Nummer drei in der Kategorie Cola im Handel. Bei Getränken ohne zusätzlichen Zuckerzusatz ist Fritz-Kola mit einem Marktanteil von 4,4 Prozent die Nummer zwei im Handel. Ein Wachstumsziel nennt Wiegert nicht, der das Unternehmen einst mit 7000 Euro Startkapital aus einem Studentenwohnheim heraus gründete. Stattdessen sagt er ganz allgemein: „Ich möchte gern alle Bars und Restaurants auf der Welt beliefern, in denen Menschen zusammenkommen, um gemeinsam etwas zu erleben. Da gehören wir hin.“
Deshalb hat das Unternehmen mit Hauptsitz an der Spaldingstraße es bis heute vermieden, eines seiner derzeit 15 Produkte in größeren Gebinden als 0,5-Liter-Glasflaschen zu verkaufen. Wiegert hat eine besondere Einstellung zu seinem Produkt – und eine sozialer Ader, wie in dem Gespräch immer wieder deutlich wird. „Der hohe Zuckeranteil von Limonaden steht in der öffentlichen Kritik.
Fritz-Kola will Geschäft mit seiner zuckerfreien, veganen „Superzero“ ausbauen
Das liegt aber nicht zuletzt daran, dass 80 Prozent der Limonaden in Flaschen von mindestens 1,5 Litern verkauft werden. Diese Flaschen werden vom Konsumenten genauso an einem Tag getrunken wie unsere kleinen 0,33-Liter-Flaschen. Nur dass mit den großen Flaschen zu viel Zucker aufgenommen wird. Die kleinen Flaschen sind kein Problem.“, sagt Wiegert und betont: „Wir sind gegen den Massenkonsum. Cola muss ein besonderer Genuss bleiben. Deshalb haben wir uns dagegen entschieden, Fritz-Kola in größeren Flaschen anzubieten. Zucker gehört in Cola hinein, aber dann sollte man sie nicht in Liter-Flaschen verkaufen. Zucker sollte man wie Schokolade nur in Maßen konsumieren.“
Fritz-Kola will zudem das Geschäft mit seiner zuckerfreien, veganen „Superzero“ ausbauen. Zu Ostern plant Fritz-Kola eine spezielle Werbeaktion. Von diesem Monat an wird die Superzero neben der 0,33-Liter- und 0,5-Liter-Mehrwegflaschen auch in der 0,2-Liter-Flasche erhältlich sein. Auch hier wieder speziell für die Gastronomie. Als neues Projekt kämpft Fritz-Kola derzeit gerade mit den großen Handelsgesellschaften an einer zweiten Front: das Unternehmen will eine Erhöhung des Flaschenpfands durchsetzen. Derzeit bekommt man bei der Rückgabe einer 0,33 Liter leeren Pfandflasche von Fritz-Kola acht Cent. „Wir wollen dass das auf 15 oder 25 Cent erhöht wird“, sagt Wiegert.
Sein Unternehmen ist seit Jahren Teil und Treiber der Initiative „Pfand gehört daneben“, die sich für Pfandsammler starkmacht. Während viele Menschen es sich leisten können, ihre leeren Flaschen einfach wegzuwerfen, brauchen andere das Pfandgeld zum Leben. Doch acht Cent seien fürs Einsammeln von Glasflaschen zu wenig. „Wir beobachten, dass unsere Flaschen länger stehen bleiben. Wird das Pfand etwas angehoben, helfen wir denjenigen, die mit einem Mikroeinkommen zurechtkommen müssen.“
Der neue Co-Geschäftsführer soll die Internationalisierung vorantreiben
Zugleich steigert Fritz-Kola die Retourenquote leerer Flaschen. Und das ist derzeit angesichts der Glaspreise, die Weins als „Wahnsinn“ bezeichnet, geboten. „Inzwischen beträgt der Einkaufspreis einer Glasflasche zum Abfüllen von Fritz-Kola mehr als 20 Cent“, kritisiert er. „Nicht zuletzt aufgrund der gestiegenen Energie- und Herstellungskosten sahen wir uns Ende vergangenen Jahres gezwungen, unsere Preise anzuheben.“ Aber auch hier gilt – um wie viel, das wollen die Fritz-Kola-Chefs nicht sagen. „Letztlich liegt es am einzelnen Händler, was er dafür nimmt“, lautet die Begründung. „Wir haben aber nur einen Teil der allgemeinen Preissteigerungen an die Kunden weitergegeben“, sagt Weins. Recherchen unserer Redaktion zeigen: Lag die unverbindliche Preisempfehlung für eine 0,33-Liter-Flasche im vergangenen Jahr noch bei 1,09 Euro nimmt das Unternehmen in seinem eigenen Shop inzwischen 1,15 Euro.
Neben dem Gastronomiegeschäft soll Weins jetzt vor allem die Internationalisierung vorantreiben. „Fritz-Kola ist in 20 Ländern in Europa erhältlich“, sagt er. In dreien davon, nämlich Polen, den Niederlanden und Österreich hat das Unternehmen eigene Vertriebsteams aufgebaut. In anderen Ländern arbeitet Fritz-Kola mit Distributeuren zusammen. „Wir planen aber auch, in weiteren Ländern mit eigenen Vertriebs- und Marketingmannschaften anzutreten“, so Weins. Ein Beispiel sei Spanien. „Dort haben wir seit heute erstmalig vier eigene Leute vor Ort.“
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Um die Nähe zu den Kunden zu halten, sei es essenziell für das Unternehmen gewesen, sich in drei Einheiten zu gliedern: Die erste, „Base Camp“ genannt, garantiert die europaweite Einhaltung der Fritz-Kola-Standards. Das „Camp Germany“ sei zuständig für den deutschen Markt und organisiere die Bereiche On- und Offtrade, Wholesale, E-Commerce sowie Event. Das „Explorer Camp“ führe das internationale Geschäft – und hat mit Moritz Sohler seit Montag einen neuen Chef, der ebenfalls von AB InBev kommt. Wie Weins ist er also ein ehemaliger Bier-Manager.
Alle drei Einheiten dienen dem großen Unternehmensziel. Wiegerts Devise: Egal, wo auf der Welt Menschen zusammenkommen, um zu feiern, soll Fritz-Kola getrunken werden.