Hamburg. Shoppingcenter-Investor Deutsche EuroShop ist im Aufwind. Nach der Pandemie shoppen wieder mehr Menschen in Einkaufszentren.
Der Auftritt ist äußerst diskret. Ein Backsteinkomplex gegenüber dem Alstertal-Einkaufszentrum in Poppenbüttel. Durch eine Glastür zwischen Block-House-Restaurant und Saturn-Markt geht es in einem schmucklosen Treppenhaus in den ersten Stock. Hier hat die Deutsche EuroShop (DES) ihren Sitz. Den meisten Menschen wird der Firmenname wenig sagen.
Anders sieht es mit den 21 Einkaufszentren im Portfolio „der Shoppingcenter AG“ aus, wie sich der Immobilienkonzern selbst nennt. Dazu gehören glitzernde Konsumtempel wie das Main-Taunus-Zentrum bei Frankfurt, die Altmark-Galerie in Dresden sowie das Phoenix-Center und Billstedt-Center in Hamburg. Mit einer Bilanzsumme von 4,5 Milliarden Euro gehört die Aktiengesellschaft zu den Großen der Branche.
Einzelhandelsinvestor hat sich neu aufgestellt
Nach zwei schwierigen Pandemie-Jahren hat sich der Einzelhandelsinvestor in den vergangenen Monaten neu aufgestellt – und das gleich auf mehreren Ebenen. Im Sommer 2022 hatte der Hamburger Milliardär Alexander Otto, dessen ECE-Gruppe die Einkaufszentren der DES verwaltet, mit dem US-amerikanischen Finanzinvestor Oaktree mit knapp 85 Prozent die Mehrheit übernommen.
Im Oktober war Hans-Peter Kneip als neuer Vorstand in die Führungsetage berufen worden. Anfang 2023 verkündete die Deutsche EuroShop zudem den Kauf weiterer Anteile an ihren Einkaufscentern über eine Kapitalerhöhung – ein Investment von 316,3 Millionen Euro.
Die Kundenfrequenzen liegen bei 90 Prozent des Vor-Corona-Niveaus
Das wirkt überraschend in einer Zeit, in der Schätzungen zufolge in den vergangenen Pandemie-Jahren bundesweit etwa 40.000 Einzelhändler dichtgemacht haben und Experten den Stationärhandel auch in Zukunft im Sinkflug sehen. „Einkaufszentren sind ein sehr stabiles und langfristiges Geschäft“, sagt dagegen DES-Vorstand Kneip. „Wir würden es nicht verstärken, wenn wir nicht an den stationären Handel glauben würden.“ Das gelte vor allem für das sogenannte Omnichannel-Geschäft, also eine Verzahnung von stationärem Handel und Onlinehandel.
Nachdem die Corona-Jahre 2020 und 2021 mit temporären Mietreduzierungen bis zu 50 Prozent die Umsätze der Deutschen EuroShop hatten sinken lassen, ist die Prognose für das Geschäftsjahr 2022 wieder besser. „Die Kundenfrequenzen in unseren Centern haben sich erholt und liegen inzwischen wieder bei etwa 90 Prozent im Vergleich zur Zeit vor Corona“, sagt Kneip.
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Auch bei Umsatz und Ergebnis rechnet der 43 Jahe alte Betriebswirt, der auf Erfahrungen im Finanz- und Bankensektor und im Immobiliengeschäft verweisen kann, zukünftig mit steigenden Zahlen: „Wir gehen davon aus, dass wir wieder nah an die Kundenfrequenzen und Mieterumsätze des Jahres 2019 kommen werden. Unsere Mieteinnahmequote ist bereits wieder auf dem Vor-Pandemie-Niveau.“
2019 hatte Deutsche EuroShop 225,9 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet. Der Gewinn ohne Berücksichtigung von Zinsen und Steuern (Ebit) lag bei 197,5 Millionen Euro. Im Jahr 2021 lagen die Umsatzerlöse bei 211,8 Millionen Euro, das Ebit wird mit 152,5 Millionen angegeben. Die vorläufigen Ergebnisse für 2022 werden am 21. März bekannt gegeben.
Im Zuge der Pandemie hat die Aktie des Unternehmens kräftig nachgegeben
Insgesamt hat das Immobilienunternehmen in den 21 Einkaufszentren in Deutschland, Österreich, Polen, Tschechien und Ungarn 2700 Mieter. Besonders erfolgreich ist den Angaben zufolge das Billstedt-Center, das mit bis zu 40.000 Besuchern die höchste Tagesfrequenz aller deutschen Einkaufszentren der Gruppe aufweist. Ebenfalls zu den Topcentern zählt das Harburger Phoenix-Center, das sehr gut bei der Betrachtung des Quadratmeterumsatzes der Mieter abschneidet.
Die Deutsche EuroShop gibt es seit 2000. Der Firmenname erklärt sich aus dem Gründungsgedanken, mit dem die Deutsche Bank das Immobilienunternehmen über ihre Tochterfirma Deutsche Grundbesitzmanagement als Spezialist für Investitionen in Shoppingcenter in Europa etablierte. Seit Januar 2001 wird das Papier der DES an der Börse gehandelt. Bis 2019 war es im MDAX gelistet und bis 2022 im SDAX. Die Aktie, die vor der Corona-Pandemie annähernd 40 Euro kostete, war im Zuge von coronabedingten Einschränkungen und Lockdowns unter Druck geraten und war auf 15 Euro gefallen.
Im Juli 2022 hatten Alexander Otto mit der Cura Vermögensverwaltung, dem Family Office der Familie Otto, und der Finanzinvestor Oaktree gemeinsam den Aktionären in einem freiwilligen Übernahmeangebot 1,4 Milliarden Euro offeriert. Schon vorher war ECE-Chef Otto mit 20 Prozent größerer Einzelaktionär. Offensichtlich will er mit der Übernahme beide Unternehmen enger verknüpfen. Aufsichtsrat und Vorstand hatten sich für die Annahme des Angebots ausgesprochen.
Unsicherheit über die Pläne des neuen Mehrheitseigners macht Bewertung schwierig
Die Baader Bank hatte das Kursziel im August von 22 auf 23 Euro angehoben, aber die Einstufung seitdem auf „Verkaufen“ belassen. Angesichts der noch nicht im Detail bekannten Strategie des neuen Mehrheitsaktionärs sei die Bewertung des Gewerbeimmobilien-Spezialisten nun noch schwieriger, erklärte Analyst Andre Remke damals. Experten anderer Banken bewerteten die Situation ähnlich. Aktuell notiert die Aktie bei 21,60 Euro.
Die neuen Großaktionäre wollen die Deutsche EuroShop jetzt den Angaben zufolge dabei unterstützen, die zukünftige Dividendenfähigkeit zu erhöhen. Im vergangenen Jahr lag diese bei einem Euro. „Wir sind gut abgesichert“, sagt Vorstand Kneip in Bezug auf die Liquidität und Eigenkapitalquote des Immobilienkonzerns.
Auch soll der Vorstand komplettiert werden. Im vergangenen Jahr hatte es einige Unruhen gegeben, nachdem sich zunächst der langjährige und inzwischen verstorbene Vorstandschef Wilhelm Wellner aus Krankheitsgründen zurückgezogen hatte und sein Nachfolger und Finanzvorstand Olaf Borkers ausgeschieden war. Aktuell führt Hans-Peter Kneip das Immobilienunternehmen mit fünf Beschäftigten als Alleinvorstand.
Neue Angebote wie etwa ein Fallschirmsprung-Simulator kommen hinzu
Den Strukturwandel in der Handelslandschaft sieht die DES gelassen. „Handel ist Wandel“, sagt Patrick Kiss, der die Bereiche Investor & Public Relations leitet. Unter dem Strich gehe man nicht davon aus, dass die Mieteinnahmen in den Einkaufszentren sinken.
Allerdings werde es Verschiebungen im Mietermix und Unterschiede bei den Mieten der Einzelhändler geben. „Ein Spielzeugladen ist im Zweifelsfall wichtiger für die Mischung in einem Center als der dritte Juwelier.“ Grundsätzlich werde das Modeangebot zurückgehen und dafür die Gastronomie an Bedeutung gewinnen, so seine Einschätzung.
Dazu kommen ganz neue Mieter. Im Rhein-Neckar-Zentrum bei Mannheim etwa soll nach dem Weggang eines großen Baumarkts ein Jump House einziehen, weitere Flächen wurden an den Fahrradhändler BOC vermietet. Darüber hinaus soll zukünftig ein Erlebnis-Entertainment-Bereich mit Lasertag-Spielen angeboten werden.
Eröffnet werden sollen die Angebote im nächsten Jahr. Bereits eröffnet auf dem Gelände ist eine Indoor-Skydiving-Anlage – ein Windtunnel, in dem durch einen bis zu 250 Kilometer pro Stunde schnellen Luftstrom der freie Fall wie bei einem Fallschirmsprung aus 4000 Metern Höhe simuliert wird.