Nach der Insolvenz des Möbelherstellers müssen Kunden um ihr Geld bangen. Verbraucherzentrale gibt Tipps für Betroffene.

  • Möbelhersteller Holzconnetion stellt Insolvenzantrag
  • Viele Kunden bangen nun um ihr Geld
  • Betroffene schließen sich zusammen und schalten Anwälte ein

Juliane Lau hatte sich alles lange überlegt. Ein Tisch samt Ansteckplatte aus geölter Eiche sollte es sein. Passend dazu die Holzbank „Über Eck“. Knapp zwei Jahre nach der Geburt ihrer Tochter hatten die Lokstedterin und ihr Ehemann große Pläne, um sich die Essecke in der Küche ihres Reihenhauses schön einzurichten. Am 19. November erteilten sie den Auftrag für die neuen Einbaumöbel im Eimsbütteler Büro des Möbelherstellers Holzconnection.

Außerdem auf der Einkaufsliste: eine große Schiebetür mit Spiegel. Insgesamt eine Bestellung im Wert von 5610,86 Euro. Direkt fällig davon eine 80-prozentige Anzahlung von 4400 Euro. „Eigentlich hätten wir bis Ende des Jahres einen Teil der Lieferung erhalten sollen“, sagt die 36-Jährige. Stattdessen kam kurz nach Weihnachten eine Mail, dass das Unternehmen einen Insolvenzantrag gestellt habe.

Holzconnection insolvent: Käuferin verliert Erspartes

„Es kann nicht sein, dass Holzconnection bis kurz vor dem Insolvenzantrag noch neue Verträge mit Kunden abschließt und mehrere Tausend Euro Anzahlung kassiert“, sagt Juliane Lau jetzt. Sie fühlt sich von dem Unternehmen um ihr Geld geprellt und hat sich an unsere Zeitung gewandt.

In der Mail, die an alle Kunden verschickt worden war, heißt es wörtlich: „Wir mussten leider einen Insolvenzantrag stellen und dürfen daher keine Leistungen mehr erbringen. Rückzahlungen sind ebenfalls ausgeschlossen.“ Mit ihren Forderungen müsse sich Lau an den Insolvenzverwalter wenden. Voraussichtlich Anfang März 2023 werde das Insolvenzverfahren eröffnet.

Dass sie möglicherweise weder die bestellten und größtenteils bezahlten Möbel noch ihr Geld zurückbekommen könnte, ist ein Schock für die junge Mutter. „Das sind unsere Ersparnisse“, sagt sie.

Traditioneller Handwerksbetrieb wird zu digitaler Tischlerei

Hinter der Marke Holzconnection steht das Berliner Unternehmen E-Furniture Germany GmbH. Drei Tage vor Weihnachten, am 21. Dezember 2022, hatte das Amtsgericht Charlottenburg auf Antrag von Geschäftsführer Denys Nagel das Insolvenzverfahren eröffnet.

Der Berliner hatte das Unternehmen von seinem Vater Alf Nagel übernommen und aus dem traditionellen Handwerksbetrieb eine digitale Tischlerei mit Direktvermarktung gemacht. Slogan: „The Wood Guys – The Good Guys“. Kunden können online Holzmöbel nach Maß planen und bestellen. Holzconnection als Marke der 2013 gegründeten Dachgesellschaft E-Furni­ture Germany GmbH deckt dabei das stationäre Angebot über bundesweit 13 Planungsbüros ab, davon zwei in Hamburg.

Geschäfte liefen gut – auch während Corona

Die Geschäfte liefen gut. Während der Corona-Pandemie hatte das Unternehmen so viel zu tun, dass man Aufträge kaum bewältigten konnte, lässt sich in Interviews nachlesen. Den Insolvenzantrag begründet Nagel jetzt mit der allgemeinen Wirtschaftslage. „Energie- und Holzpreise sind gestiegen, während gleichzeitig die Konjunktur sank und die Konsumstimmung auf den schlechtesten Wert seit der Nachkriegszeit fiel. Diese Entwicklungen haben auch die Holzconnection getroffen“, teilt er schriftlich auf Anfrage mit. Zum laufenden Verfahren äußert er sich nicht.

Auch Fragen zur Zukunft weiterer Marken unter dem Dach der E-Furniture Deutschland, darunter Audena und Paschen, sowie zum Produktionswerk in Polen, beantwortet er nicht. Allerdings übersteigen die Verluste der Gesellschaft offenbar schon seit mehreren Jahren Einnahmen und Rücklagen. Der im Bundesanzeiger veröffentliche Jahresabschluss 2021 weist einen Fehlbetrag in Höhe von 1.083.457,77 Euro aus. Auch in den Vorjahren lag diese Summe im Millionenbereich.

Holzconnection: Künden wütend und verzweifelt

Die Kunden des Unternehmens hat das kalt erwischt. Auf der Facebook-Seite der Berliner Firma haben Betroffene aus ganz Deutschland ihrer Wut und Verzweiflung in den vergangenen Tagen Luft gemacht. Offenbar hatte es schon länger Lieferprobleme gegeben.

Im Fall einer Familie aus Alsterdorf beträgt die Gesamtsumme für die Bestellung 7732,44 Euro. Um einen Rabatt von sechs Prozent zu bekommen, hatten sie im Dezember die komplette Summe vorab bezahlt. „Dummerweise“, sagt die 37 Jahre alte Mutter nun unserer Zeitung. Sie hat ihre Überweisung inzwischen über die Bank zurückgefordert.

Andere sollten nach eigenen Angaben sogar noch am 23. Dezember 2022, also nachdem der Insolvenzantrag bereits gestellt worden war, Geld für ausstehende Bestellungen überweisen. Inzwischen haben sich betroffene Kunden zusammengetan und wollen gemeinsam um ihre Ansprüche kämpfen. Einige haben bereits Rechtsanwälte eingeschaltet.

Holzconnection insolvent: Tipps für Verbraucher

Die Lage sieht allerdings nicht gut aus. „In der Regel gilt: Ist der Händler pleite, ist das Geld weg“, sagt Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale Hamburg. Theoretisch hätten die Kunden zwar einen Anspruch auf Rückzahlung, wenn die Lieferung der Ware nicht erfolgt. Praktisch lasse sich dieser allerdings kaum durchsetzen. „Bei Vorkasse besteht immer das Risiko, dass das Geld weg ist“, warnt die Verbraucherschützerin.

Sie rät deshalb, sich bei größeren Beträgen nicht auf Anzahlungen einzulassen, sondern gegebenenfalls bei einem anderen Unternehmen zu kaufen. Denn: Eine Pflicht, das Geld vorzustrecken, gibt es nicht. Trotzdem kommt es immer zu drastischen Fällen. So gehen nach dem Insolvenzantrag des Online-Möbelhändlers Made.com, der auch einen Laden in der Hamburger Innenstadt hat, offenbar mehr als 30.000 Kunden leer aus. Auch der bekannte Nürnberger Küchenhändler Küchenquelle hat gerade Insolvenz angemeldet – ebenfalls mit Tausenden Kunden, die jetzt um ihr Geld bangen müssen.

Extrem belastende Situation für Beschäftigte

Wie es bei Holzconnection weitergeht, wird sich in den nächsten Wochen herausstellen. In Hamburg unterhält das Unternehmen nach der Schließung des Standorts in Winterhude noch zwei Planungsbüros in Eimsbüttel und Eppendorf. Kunden, die in der vergangenen Woche im Laden an der Eppendorfer Landstraße einen Tisch kaufen wollten, wurde mitgeteilt, dass das aufgrund des Insolvenzantrags nicht möglich sei. Aktuell lassen sich online in Hamburg keine Termine vereinbaren.

Für die Beschäftigten sei die Situation extrem belastend, sagt ein Mitarbeiter, der seinen Namen nicht nennen möchte. Offenbar hatte die Geschäftsleitung die Belegschaft nicht über die drohende Zahlungsunfähigkeit des Möbelhändlers informiert. Das sei erst am 23. Dezember bei einer Betriebsversammlung geschehen, heißt es.

Betroffene Kundin fordert Politik zum Handeln auf

Als vorläufiger Insolvenzverwalter wurde Christoph Schulte-Kaubrügger, Partner der Wirtschaftskanzlei White & Case, bestellt. „In dieser meiner Eigenschaft habe ich die Vermögenslage der Schuldnerin zu ermitteln und die vorhandenen Vermögenswerte zu sichern. Das tue ich derzeit. Die Ermittlungen dauern an“, teilte er auf Anfrage schriftlich mit. Die gut 50 Beschäftigten erhalten bis Ende Februar Insolvenzgeld. Konkrete Fragen zu den ausstehenden Bestellungen und möglichen Rückzahlungen blieben unbeantwortet.

Geschäftsführer Nagel sucht jetzt nach eigenen Angaben gemeinsam mit dem Insolvenzverwalter einen Investor. „Mein Team und ich arbeiten intensiv daran, um eine positive Zukunft für unser Unternehmen zu sichern“, sagt er. Der umtriebige Geschäftsmann hat inzwischen weitere Unternehmen gegründet. Unter anderem taucht er im Auskunftsportal Northdata seit September 2021 als Geschäftsführer der E-Homes Europe GmbH mit Sitz im brandenburgischen Eberswalde auf, die auf die Vermietung von möblierten Wohnungen für die temporäre Nutzung zu gehobenen Preisen spezialisiert ist.

Für die Hamburger Holzconnection-Kundin Juliane Lau ist die aktuelle Situation mehr als undurchsichtig. Sie wollte eigentlich nur ihre Familienküche neu einrichten. Hoffnung, ihre Möbel doch noch zu erhalten oder ihr Geld zurückzubekommen, hat sie kaum noch. „Mir geht es jetzt vor allem darum, andere Verbraucher vor den Risiken von Vorauszahlungen zu warnen.“ Und sie sieht die Politik in der Pflicht, Kunden künftig besser zu schützen. „Ähnlich wie bei Pauschalreisen muss es auch für Vorauszahlungen bei Möbelkäufen eine Absicherung geben“, fordert sie.