Hamburg. Aida, Phoenix oder Cunard bieten ab Hamburg Traumrouten um die ganze Welt an – teilweise überraschend günstig.

In Hamburg an Bord gehen, und damit praktisch vom heimischen Sofa ganz lässig über die Elbe zur ganz großen Reise starten: Kurz ein Abschiedswinken nach Blankenese, dann ein Zwischenstopp in New York zum Weihnachtsshoppen, durch den Panamakanal mit seinen urwüchsigen Tropenwäldern, zu Besuch in San Francisco mit Blick auf die legendäre Golden Gate Bridge, weiter in Richtung Tonga und Samoa, ein Abstecher in Australien und dann zu den Tempeln und Traumstränden auf Bali.

Wer richtig viel Zeit hat, bucht jetzt Weltreisen auf Kreuzfahrtschiffen direkt ab zu Hause: Immer mehr Reedereien setzen auf erdumspannende Trips ab Hamburg.

Kreuzfahrten-Trend: Immer mehr Weltreisen ab Hamburg

Simone Maraschi, Geschäftsführer von Cruise Gate Hamburg, begründet den Trend: „Auch infolge der Pandemie starten mehr Weltreisen ab Hamburg“, sagt der Chef des Kreuzfahrtterminalbetreibers. Dies ermögliche es den Gästen, „ohne Flug ab Hamburg dem Winter zu entfliehen“. Beispiele: Die „Queen Victoria“ startet die Tour „Rund um die Welt“ am 9. Januar kommenden Jahres und kehrt am 25. April 2023 zurück. Auf der „Aidasol“ können Gäste vom 27. Oktober 2023 bis 21. Februar 2024 auf Weltreise gehen. In 143 Tagen einmal die Erde umrunden heißt es mit der MS „Amera“, die am 21. Dezember 2023 in See sticht.

Neben Aida, Phoenix mit Schiffen wie der MS „Amera“ oder Cunard mit der „Queen Victoria“ gehören Hapag-Lloyd Cruises oder Plantours zu den Anbietern, die solche zeitaufwendigen Programme mit Start und Ende in der Hansestadt verkaufen. Und das kommt richtig gut an. „Das Interesse ist groß“, sagt Heike Tielebier vom Reisebüro Koch Übersee in der City. Die Agentur unweit des Hauptbahnhofs bewirbt gleich mehrere dieser Langzeit-Trips im Schaufenster und hat in diesem Bereich auch eine lange Tradition, denn die ersten Tickets, die hier ausgestellt wurden, waren die Überseepassagen der Auswanderer in die „Neue Welt“.

„Weltreisen erfreuen sich großer Beliebtheit“

Heute geht es eher darum, dem ungemütlichen Hamburger Winter zu entfliehen. „Weltreisen gerade ab Deutschland erfreuen sich großer Beliebtheit“, bestätigt Teresa Wischnewski, Geschäftsführerin des Kreuzfahrtspezialisten Oceando.de. Die Nachfrage steige, weil die Generation 60-plus, die Hauptzielgruppe, über viel Geld verfüge. Sie sei zudem agiler, traue sich mehr zu als früher.

Auch Premiumanbieter Cunard be­obachtet und befeuert den Trend: „2023 werden wir so viele deutsche Gäste an Bord begrüßen können, wie noch nie“, sagt Lutz Waage von der Carnival-Tochter. Die aktuellen Weltentdeckerreisen seien bereits „sehr gut gebucht“. Im März 2023 gibt Cunard mit Schiffen wie „Queen Mary“ oder „Queen Victoria“ dann das Weltreisen-Programm 2025 bekannt. „Und auch hier erwarten wir eine weiter starke Nachfrage“, sagt Waage voraus.

Hamburg profitiert von gestiegener Nachfrage

Grundsätzlich sieht der weltweite Kreuzfahrt-Verband CLIA nach den Corona-Einbrüchen das Ende der Krise bei den Schiffsreisen für Feriengäste: Die Nachfrage übertreffe das Niveau von 2019 bereits wieder, hat eine Analyse ergeben. Hamburg profitiert von der Entwicklung: Die Hansestadt verzeichnet in diesem Jahr einen neuen Rekord an Schiffsanläufen. Insgesamt zählt Cruise Gate Hamburg bis zum Jahresende 280 Anläufe von 49 unterschiedlichen Schiffen. Damit übersteigt die Zahl sogar die Höchstmarke aus dem Jahr 2019 vor der Pandemie.

Der Trend, direkt in Hamburg eine Kreuzfahrt zu starten, ist nach Aussage von Reisebüros zum einen Folge der derzeit nicht immer zuverlässigen Flugverbindungen, die Gäste gerade beim Start einer Schiffsreise arg in Bedrängnis bringen können. „Flüge nach Miami oder Singapur, wo ebenfalls viele Kreuzfahrten starten, sind derzeit zum Flaschenhals geworden“, sagt Teresa Wischnewski vom Weltreise-Spezialisten Oceando.

Gepäckbegrenzungen schrecken ab

Die Kapazitäten bei den Fluggesellschaften hätten noch nicht wieder das Niveau von vor der Pandemie erreicht, außerdem bedeute ein Flug vor der Schiffsreise, dass die Kunden beim Gepäck mit Begrenzungen rechnen müssen. „Und das ist bei einer Weltreise nicht so angenehm.“ Dazu kommen die bei vielen Kreuzfahrten noch immer vorgeschriebenen Corona-Tests, die bei einer längeren Anreise, zumal im Ausland, für Unruhe sorgen können. Insbesondere bei Cunard ist man überzeugt davon, dass die Beliebtheit der Abreise in Hamburg dem stressfreien Beginn des Urlaubs geschuldet ist.

„Gerade auf Weltreisen genießen unsere Gäste den Komfort, mit ihren vielen Gepäckstücken, ganz bequem in Hamburg an oder von Bord gehen zu können“, sagt der Marketingchef des Luxusanbieters. Der Ablauf ist unkompliziert: Alle Gäste, die die volle Weltreise ab Hamburg buchten, erhielten von Cunard eine Einladung zu einem Gala-Event am Vorabend der Abreise sowie eine Übernachtung im Hotel Atlantic.

Auch Aida setzt auf Hamburg

„Das Gepäck wird bereits im Hotel aufgegeben und die Gäste finden es dann auf ihrer Kabine wieder“, beschreibt Waage das Programm. Ein Shuttle bringe die Reisenden bequem vom Hotel zum Hafen – „und dann heißt es Leinen los“.

Auch bei Aida setzt man auf Hamburg, sagt Firmensprecherin Uta Thiele: „Zahlreiche Reisen starten und enden in der Hansestadt, dem Tor zu Welt.“ Schon am 26. Oktober 2022 ist Aidamar ab Hamburg auf die Weltreise 2022/23 gegangen, mit Stationen wie Buenos Aires und Ushuaia in Feuerland, Tahiti, Fidschi (Weihnachten) und Mauritius. Über Südafrika geht es zurück nach Hamburg, wo die Reise am 20. Februar 2023 endet.

Kunden sind oft Rentner

Die Kunden der weltumspannenden Kreuzfahrten sind oft wohlhabende Rentner. „Leute mit Zeit und Geld, also in der Regel ab 60 Jahre“, sagt Heike Tielebier vom Reisebüro Koch. „Meist Menschen, die nicht mehr arbeiten“, bestätigt Teresa Wischnewski von Oceando, nennt aber auch Ausnahmen: „Wir haben schon Familien gehabt mit nicht schulpflichtigen Kindern, die gereist sind. Manchmal sogar mehrere Generationen, mit Oma und Opa“, ergänzt die Reiseexpertin. „Ebenso hatte ich mal eine 32-jährige Frau, die ihr Sabbatical dafür genutzt hat.“

Die Preise variieren stark: Weltreisen ab Hamburg gibt es ab 13.995 Euro, in einer Innenkabine bei Doppelbelegung, sagt Teresa Wischnewski. Mit neuen Anbietern im Markt, etwa Costa mit seinen großen Schiffen, werde die Weltreise allmählich mittelstandstauglich, ergänzt Kreuzfahrtjournalist Franz Neumeier. Bei so einer Costa-Reise müsse man mit Kosten von 80 bis 100 Euro pro Tag rechnen, mit Vollpension. Allerdings verteuerten die Kosten für Ausflüge solch einen Trip erheblich, „die Nebenkosten verdoppeln den Reisepreis schnell“, sagt Neumeier.

Kreuzfahrten: Preise variieren stark

Bei Luxusanbieter Cunard reichen die Preise pro Person bei Doppelbelegung für die nächste Weltreise mit der „Queen Victoria“ ab Hamburg im Januar von gut 19.000 Euro in der Innenkabine bis 181.000 Euro bei Buchung der Queens Grill Suite. Bis April dauert die Tour, auf der „normale“ Menüs und (typisch britisch) der Afternoon Tea inbegriffen sind. Allerdings sind hier etwa Spezialitätenrestaurants oder bestimmte Fitnessangebote nicht inklusive. Wer an Bord etwa einen Fechtkurs mitmachen will, zahlt extra.