Berlin. Die Ökonomin warnt vor falschen Anreizen in Zeiten der Energiekrise. Das Gebot laute: „Heizung niedriger stellen, warme Socken kaufen“.
Die Vorsitzende der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, dringt auf eine stärkere Belastung von Gutverdienenden in der Krise. „Wir sollten den Abbau der kalten Steuerprogression, der die mittleren und hohen Einkommen entlastet, um ein Jahr verschieben“, sagte die Münchner Ökonomin dem Hamburger Abendblatt. Sie schlug die Verdopplung des Solidaritätszuschlags vor.
Es gehe darum, diejenigen zu entlasten, die sich die hohen Energiepreise nicht leisten könnten, sagte Schnitzer. „Aber von der Gaspreisbremse profitieren alle – unabhängig vom Einkommen. Anders lässt sich das nicht organisieren.“ Deswegen müssten diejenigen belastet werden, die solche Instrumente nicht bräuchten. „So wird das Paket zielgenauer und kostet weniger.“ Für den Abbau der kalten Progression jetzt einen zweistelligen Milliardenbetrag in die Hand zu nehmen, „finde ich verkehrt“, sagte die Wirtschaftsweise.
Alternative: Erhöhung des Spitzensteuersatzes
Wenn die Ampel-Regierung dies dennoch tue, „dann sollten wir einen Energiesoli einführen – genau für den Zeitraum, in dem die Entlastungsmaßnahmen greifen“. Bei einer Verdopplung des Soli für den Aufbau Ost komme man auf einen zweistelligen Milliardenbetrag im Jahr. „Das bringt schon was und ist verkraftbar für die Leute, die den Soli entrichten müssen.“ Eine Alternative wäre die Erhöhung des Spitzensteuersatzes. Diesen Satz zahlten zehn Prozent der Bestverdienenden in Deutschland – „sie würde ein höherer Spitzensteuersatz nicht in Schwierigkeiten bringen“.
Die Münchner Ökonomieprofessorin warnte vor falschen Anreizen durch die Gaspreisbremse: „Die Politik muss deutlich machen, dass die Verbraucher weiter Energie sparen müssen. Das Gebot lautet: Heizung niedriger stellen, warme Socken kaufen“, sagte sie. „Ich habe meine Zweifel, ob das gut genug kommuniziert wird. Die Übernahme des Dezember-Abschlags darf nicht dazu führen, dass die Leute das als Freibrief verstehen.“
Boni und Dividenden in besonderen Fällen streichen
Forderungen nach Entlastungen auch bei Öl und Pellets wies Schnitzer zurück. „Die Gaskunden landen mit der Preisbremse dort, wo die Kunden mit Öl- oder Pelletheizungen ohnehin sind“, sagte sie. „Spezielle Entlastungen halte ich daher nicht für erforderlich.“
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Sie sprach sich zudem dafür aus, Unternehmen die Auszahlung von Boni und Dividenden zu verbieten, sollten sie von der Gaspreisbremse profitieren. „Ich verstehe den Unmut über Boni- und Dividendenzahlungen, wenn Unternehmen staatlich unterstützt werden“, sagte die Vorsitzende des Sachverständigenrats. „Das zu erlauben, während die Gaspreisbremse greift, wäre nicht plausibel.“
Fracking ist ein Auslaufmodell
Einen Einstieg in die Fracking-Methode zur Förderung von heimischem Schiefergas lehnt Schnitzer ab. „Wir sollten nicht in eine rückwärtsgewandte Technologie investieren. Fracking ist ein Auslaufmodell“, sagte sie. „Das Gas, das wir als Brückentechnologie brauchen, können wir aus Ländern beziehen, in denen bereits gefördert wird.“ In Deutschland gehe es vor allem darum, den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu beschleunigen – mit vereinfachten Verfahren, wie sie sich bei den Flüssiggasterminals bewährt hätten, betonte Schnitzer.