Hamburg. Echte Sorgen machen sich die deutschen Reedereien um den Fachkräftenachwuchs, denn der ist kaum zu finden.

Deutschlands Reedereien sind trotz Pandemie und Ukraine-Krieg weiter fast vollständig ausgelastet, sorgen sich jedoch um Fachkräftenachwuchs. Der Aufschwung sei bis zu den kleinsten Schiffseigentümern vorgedrungen, in 93 Prozent der deutschen Hochseereedereien seien alle Schiffe ausgelastet, heißt es in der 14. Reederstudie, für die PwC Deutschland vom 12. Mai bis zum 13. Juni telefonisch 106 Entscheider und Entscheiderinnen in deutschen Hochseereedereien befragt hat. Auch die Zukunft ist demnach von Zuversicht geprägt: Drei von vier Reedern rechneten mit Wachstum.

Reedereien Deutschland: 74 Prozent rechnen mit Wachstum

„Containerschiffe ohne Beschäftigung sind zu einer absoluten Seltenheit geworden“, sagte der Leiter des Maritimen Kompetenzzentrums bei PwC Deutschland, André Wortmann. Gründe seien Nachholfeffekte beim pandemiebedingten Handelsstau sowie die Strukturveränderungen in der Branche seit der Finanz­krise 2009. „Heute sind nicht mehr Kapazitätsüberhänge bei fehlender Nachfrage das Problem, sondern im Gegenteil mangelnde Transportkapazitäten bei stark gestiegener Nachfrage“, sagte Wortmanns Vize Burkhard Sommer.

74 Prozent der Befragten rechnen in den kommenden zwölf Monaten mit Wachstum – nach nur 33 Prozent im ersten Corona-Jahr 2020. Allerdings gehen nur noch fast zwei Drittel der Reeder davon aus, dass das weltweite Ladungsaufkommen in den kommenden fünf Jahren steigen wird. Im vergangenen Jahr seien dies noch 75 Prozent gewesen. Auch bei den zuletzt massiv gestiegenen Charterraten scheint den Reedern zufolge das Ende der Fahnenstange erreicht. 62 Prozent rechneten mit einer Stagnation, wenngleich auf hohem Niveau.

Der Personalmangel wird zur echten Herausforderung

Die größeren und umsatzstärkeren Reedereien konzentrieren sich der Umfrage zufolge mehrheitlich auf energieeffiziente und umweltfreundliche Schiffsneubauten. Kleinere Reedereien planten vor allem wegen der Finanzierung eher mit Gebrauchtschiffen. „Zudem herrscht Verunsicherung, welche regulatorischen und umweltpolitischen Maßnahmen ab wann wirklich greifen und welche Umwelttechnologien und Antriebe sich auf dem Markt durchsetzen werden“, so Sommer.

Fast drei viertel aller Reeder haben den Angaben zufolge in den vergangenen zwölf Monaten Personal eingestellt – 69 Prozent wollen dies auch im kommenden Jahr tun. Nur 13 Prozent haben Beschäftigte entlassen. „Die Personalanpassungen bis in das Jahr 2021 hinein haben dazu geführt, dass es in vielen Reedereien kaum personellen Spielraum gab, als die Nachfrage nach Transportkapazitäten im vergangenen Jahr plötzlich explodierte“, sagte Wortmann. Nun werde der Mangel zur Herausforderung für die Branche. Bereits jetzt stelle die Personallage für 55 Prozent der Reeder das gravierendste Problem dar.