Hamburg. In vielen Märkten werden Gutscheine für die Geldanlage angeboten. Dahinter steckt ein junges Unternehmen. Verbraucherschützer warnen.
In vielen Hamburger Märkten des Edeka-Verbunds gibt es jetzt „Altersvorsorge und Geldanlage direkt zum Mitnehmen“: In Kooperation mit dem Berliner Finanz-Start-up Growney werden in den teilnehmenden Supermärkten Gutscheinkarten im Wert von 25 oder 30 Euro angeboten, die an der Kasse bezahlt werden und die man dann innerhalb von drei Jahren per Internet für die „digitale Vermögensverwaltung“ von Growney einlösen kann.
Growney, gegründet von dem Hamburger Gerald Klein, ist seit 2016 in der computergesteuerten Vermögensanlage („Anlageroboter“) tätig. Das Unternehmen setzt ausschließlich auf börsengehandelte Indexfonds (ETF), die vergleichsweise kostengünstig sind. Kunden können aus zehn unterschiedlichen Anlagestrategien (Portfolios) wählen, die auf einen Pool von gut 5000 Aktien aus mehr als als 45 Ländern sowie auf Anleihefonds zur Risikominimierung zurückgreifen.
Geldanlage: Jetzt kann man bei Edeka auch Aktien kaufen
„Die Kooperation mit Edeka ist die Chance, Millionen Menschen eine Altersvorsorge oder Sparpläne direkt zum Mitnehmen anzubieten“, sagt Thimm Blickensdorf, Mitglied der Geschäftsleitung von Growney. „Unser Motto: Geldanlage ist jetzt so einfach wie Obst kaufen.“ Begleitet werde der Verkauf der Gutscheinkarte mit gezielten Werbeaktionen und Aufklärung direkt in vielen Hamburger Edeka-Märkten oder in deren unmittelbarem Umfeld. „Viele Menschen wissen nicht, wie einfach eine Geldanlage sein kann, etwa wenn ein professioneller Vermögensverwalter sich um alles kümmert. Wir zeigen ganz transparent, wie das funktioniert“, so Blickensdorf.
Den Angaben zufolge sind die Gutscheinkarten übertragbar, lassen sich also auch als Geschenk verwenden. Sie können auch für schon bestehende Depots oder Sparpläne von Growney eingesetzt werden. Solche Sparpläne können dort ab einem Anlagebetrag von 25 Euro monatlich eingerichtet werden. Bis zu einem Portfoliowert von 50.000 Euro fallen jährliche Gebühren von 0,68 Prozent sowie Fondskosten von 0,15 bis 0,23 Prozent an.
Hamburger Fondshaus will die Mehrheit an Finanz-Start-up übernehmen
Aus der Sicht von Sandra Klug, Finanzexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg, ist Geldanlage eben doch nicht ganz so einfach wie Obst kaufen: „Ein Problem könnte sein, dass die Anlage nicht zu den Verbrauchern passt. Beratung ist aus unserer Sicht unerlässlich.“ Zudem bestehe die Gefahr, dass die Gutscheine gar nicht eingelöst werden – „das wäre dann echte Geldvernichtung“.
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Seit März ist das Hamburger Emissionshaus Lloyd Fonds mit 17,75 Prozent an Growney beteiligt. Mittels einer im Oktober angekündigten Kapitalerhöhung will man die Mehrheit an dem Berliner Fintech übernehmen. Wie aus Lloyd-Fonds-Unterlagen hervorgeht, liegt das verwaltete Vermögen von Growney bei rund 300 Millionen Euro.
Damit befindet sich das Unternehmen nicht unter den fünf größten Anlageroboter-Anbietern in Deutschland, die alle schon Anlagegelder im Milliardenbereich eingesammelt haben. Nach eigenen Angaben hat Growney in Hamburg mittlerweile eine vierstellige Kundenzahl.