Hamburg. Geld sicher anlegen und eine ordentliche Rendite bekommen – das ist wieder möglich. Wo es die besten Angebote gibt.

Jahrelang hat sich bei den Zinsen nicht viel bewegt. Doch vor zwei Wochen folgte die Europäische Zentralbank (EZB) dem schon länger aktiven US-Pendant Fed und erhöhte die Leitzinsen deutlich. Das wirkt sich bei der Geldanlage vor allem für das Festgeld aus. Mit etwas zeitlichem Verzug ziehen die Kreditinstitute nach und erhöhen die Rendite für die Anleger. Unsere Redaktion beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema.

Warum werden die Leitzinssätze erhöht?

Die EZB betrieb lange Zeit eine lockere Geldpolitik. Als Reaktion auf die Finanzmarktkrise 2008 und die Staatsschuldenkrise senkte sie die Leitzinsen. Im März 2016 erreichten sie die Marke von null Prozent. Damit wollten die Notenbanker die Wirtschaft in den Euro-Ländern ankurbeln, indem Kredite günstig zu haben waren. In der Corona-Krise konnten so auch hohe Staatsausgaben abgefedert werden. Doch im Laufe des vergangenen Jahres kletterte die Inflationsrate über zwei Prozent – die angestrebte Marke der EZB.

Durch den Krieg in der Ukraine steigen die Preise seit diesem Frühjahr immer stärker, vor allem getrieben von höheren Energie- und auch Nahrungsmittelkosten. Diese Entwicklung wollen die Notenbanker mit der Zinserhöhung bekämpfen. Die Fed erhöhte im März 2022 erstmals nach vier Jahren den Leitzins.

Am Mittwoch folgte die dritte Erhöhung, und zwar um 0,75 Prozentpunkte auf eine Spanne von 3 bis 3,25 Prozent. Die EZB hatte am 8. September zwar die größte Zinserhöhung ihrer Geschichte beschlossen, ihr Leitzins liegt allerdings mit 1,25 Prozent auf einem deutlich geringeren Niveau.

Wie wird die EZB künftig agieren?

„Die EZB muss und wird weitere Zinserhöhungen vornehmen, weil sie nicht zuschauen kann, während die Fed so extrem gegen die Inflation vorgeht“, sagt Max Herbst, Inhaber der FMH-Finanzberatung. Die jüngste Zinsanhebung der US-Notenbanker wirke sich also indirekt auf das Verhalten ihrer Kollegen in Frankfurt aus. In den nächsten Monaten drohen aus Sicht der Bundesbank Preissteigerungsraten von zehn Prozent.

Herbst rechnet damit, dass die EZB auf ihren beiden nächsten Sitzungen um jeweils 0,75 Prozentpunkte erhöht, ansonsten verliere der Euro zu stark an Wert. Und schließlich ist es Aufgabe der EZB, sich um Währungssicherheit und Inflationsbekämpfung zu kümmern. Ohnehin habe die EZB aus seiner Sicht viel zu spät gehandelt.

Was bedeutet das für das Festgeld?

Analog zu den steigenden Leitzinsen werden auch die Konditionen für das Festgeld für Kunden attraktiver werden. „Momentan gehen wir davon aus, dass die Zinsen weitersteigen“, sagt Sandra Klug, Finanzexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg. Der Zinssatz für eine zwölfmonatige Anlage hat sich in den vergangenen vier Monaten etwa vervierfacht und liegt derzeit im Mittel bei 0,8 Prozent.

Vor zehn Jahren sind es noch 1,9 Prozent bei einem EZB-Leitzinssatz von einem Prozent gewesen. „Da ist noch viel Luft nach oben“, sagt Herbst in Bezug auf die heutige Relation. Er hält bei Anlagen mit einem Jahr Laufzeit Renditen von zwei Prozent im Durchschnitt und in der Spitze von 2,75 bis drei Prozent für realistisch.

Welche Banken bieten attraktive Konditionen?

Bei einjähriger Laufzeit und der Anlagesumme von 10.000 Euro bietet die Merkur Privatbank derzeit 1,75 Prozent für Neukunden (siehe Grafik). Neben der gesetzlichen Absicherung bis 100.000 Euro ist das Angebot zusätzlich durch den Einlagensicherungsfonds des Bundesverbands deutscher Banken geschützt. Seit der Leitzinserhöhung der EZB vor zwei Wochen stockten einige Kreditinstitute ihr Angebot fürs Festgeld kräftig auf. So bietet Crédit Agricole nun bei zwei Jahren Laufzeit statt 1,31 Prozent glatt zwei Prozent Zinsen – gut die Hälfte mehr als zuvor.

Zusammen mit Klarna aus Schweden ist das der höchste Zinssatz, den Neukunden laut der FHM-Finanzberatung derzeit direkt bei einer Bank abschließen können. Über Vermittlungsplattformen wie Weltsparen und Zinspilot sind noch höhere Angebote von bis zu fast 2,5 Prozent erhältlich.

Der Kunde eröffnet ein Verrechnungskonto bei einer deutschen Bank, mit denen die (mittlerweile fusionierten) Portale zusammenarbeiten. Von dort wird das Geld zur Bank überwiesen, bei der angelegt werden soll. Am Ende der Laufzeit soll es wieder auf das Verrechnungskonto zurücküberwiesen werden.

Was bieten Banken in Hamburg an?

Für manche Hamburger kann aber auch der Weg zur Filialbank um die Ecke attraktiv sein, wie eine Umfrage ergab. Die Sparkasse Holstein bietet ab einem Anlagebetrag von 5000 Euro 1,8 Prozent für ein Jahr und 2,2 Prozent für zwei Jahre. Bei höheren Anlagesummen steigt der Zinssatz noch um bis zu 0,2 Prozentpunkte. Die Hamburger Volksbank bietet immerhin 1,3 Prozent für 24 Monate, die Hamburger Sparkasse ein Prozent.

Wo und wie lange sollte man sein Geld anlegen?

„Festgeld würde ich nicht für mehr als zwei Jahre anlegen, damit man nicht noch höhere Zinsen verpasst“, sagt Verbraucherschützerin Klug. Derzeit werde die Rendite bei längerer Zeitdauer aber auch nicht wesentlich höher, sodass sich das lohne. Für die Anlage bevorzugt sie neben Banken aus Deutschland die Benelux-Staaten, Frankreich und Skandinavien. Dort gebe „es gute Angebote, und wir sehen keine großen Gefahren für die Kundengelder. Anbieter aus ost- und südosteuropäischen Ländern empfehlen wir eher nicht.“ Für sie sei offen, ob die Länder bei einer möglichen Pleite der Institute, die Finanzkraft hätten, die Kundengelder zurückzuzahlen. Eine Aufteilung des Betrages auf verschiedene Laufzeiten – eine Zinstreppe – hält sie für sinnvoll.

Herbst rät hingegen, sich nur für ein Jahr festzulegen. Wer jetzt beispielsweise für ein Jahr zu 1,5 Prozent anlege statt für zwei Prozent für die doppelte Laufzeit, würde in zwölf Monaten profitieren, wenn der Zinssatz bei 2,51 Prozent oder höher läge. Zwar sei das nicht ohne Risiken, aber angesichts der von ihm erwarteten Leitzinserhöhungen und deren Folgen auch nicht unrealistisch.

Bei zwei Jahren sei man zu unflexibel. Für interessant hält er zudem Mischformen aus Fest- und Tagesgeld wie sie die Banken FCA und NIBC anbieten. Beim Kombigeld der Onlinebank NIBC werden bei zwei Jahren Laufzeit 1,45 Prozent gezahlt. Der Vorteil: Die Hälfte des Geldbetrags ist jederzeit verfügbar. Für Tagesgeld gibt es derzeit am Markt keine attraktiven Konditionen.

Wann sollte man einsteigen?

Den richtigen Zeitpunkt für den Einstieg zu erwischen, sei natürlich immer schwierig, sagt Klug. Aber: „Problematisch ist es, wenn man den Absprung nicht schafft, weil man auf ein besseres Angebot wartet, und das Geld auf dem Tagesgeldkonto liegen lässt – denn dann verschenkt man wirklich Geld.“ Die Verbraucherschützerin rät also zum Handeln.

Angesichts der kräftigen Preissteigerungen sollte man aber mindestens zwei bis drei Nettomonatsgehälter als Rücklage haben, so Klug: „Wenn ich an die künftigen Strom- und Heizungsrechnungen denke, sollten es vielleicht auch mehr sein.“ Auch Herbst empfiehlt, in jedem Fall aktiv zu werden. Denn auf dem nicht verzinsten Konto wird der Kaufkraftverlust durch die Preissteigerungen immer höher.

Sollte man nur in Festgeld anlegen?

Generell kommt das stets auf die persönliche Lebenssituation an, wie Alter, Vermögensverhältnisse und wann man das Geld voraussichtlich braucht. Für Anleger sei entscheidend, ob sie mit dem Festgeld die Inflation ausgleichen können. „Das wird auch bei steigenden Zinsen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht der Fall sein“, so Klug: „Das war schon immer das Problem, nur jetzt ist die Schere viel größer geworden.“

Das sehen auch die befragten Banken so. „Als Beimischung ist Festgeld grundsätzlich geeignet, allerdings reicht die Verzinsung bei Weitem nicht aus, um die aktuelle Inflationsrate auszugleichen“, sagt zum Beispiel eine Sprecherin der Hamburger Volksbank. Unterm Strich stehen also real Kapitalverluste.

Daher sollten Anleger mutiger sein als früher und auch mal über Exchange Traded Funds (ETFs) nachdenken, die die Börsenindizes abbilden. „Das Thema Sicherheit muss bei der Geldanlage grundsätzlich neu gedacht werden“, sagt Klug. Sicherheit könne man auch erreichen, indem man sich breit aufstellt und diversifiziert, so Klug: „Auch Beteiligungen an Unternehmen durch gute, günstige Fonds sind eine Art von Sicherheit. Denn die gefühlte Sicherheit auf einem Sparbuch bedeutet einen realen Verlust.“