Hamburg. Nach 14 Jahren endet die Ära sinkender Zinsen, das hat einige Änderungen zur Folge. Wo und wie Sparer jetzt die besten Angebote finden.

Sparer haben in den vergangenen Jahren ein Wort gefürchtet: Negativzinsen. Wer zu viel Geld auf dem Konto hatte, wurde dafür von seiner Bank mit einer zusätzlichen Gebühr bestraft. Doch das Thema dürfte wohl bald bei allen Geldhäusern der Vergangenheit angehören

Die Kurven bei den Sparzinsen zeigen steil nach oben. Seit Mai hat sich etwa der Durchschnittszins für ein zweijähriges Festgeld vervielfacht: Von 0,20 Prozent noch im Mai 2022 auf aktuell rund 0,80 Prozent. Die monatlichen Meldungen des Branchendienstes Modern-Banking zeigen: Es gibt aktuell fast nur Anhebungen der Zinsen, sowohl beim Tages- wie auch beim Festgeld.

Bei den Zinserhöhungen geht es auch nicht mehr wie in der Vergangenheit lediglich um homöopathische Dosen: So stiegen die Zinsen für ein einjähriges Festgeld bei der Ford-Money-Bank von 0,30 Prozent auf 0,80. Die ABC Bank erhöhte den Zinssatz für ein dreijähriges Festgeld von 0,95 auf 1,40 Prozent. „Bei steigenden Zinsen wird auch das Geschäft mit klassischen Sparprodukten wie Tages- und Festgeld für Banken wieder lukrativ“, sagt Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH.

Zinswende: Das müssen Sparer jetzt wissen

Wo gibt es die besten Zinsangebote? Wie lange soll man sich binden? Wie sicher sind die Sparanlagen? Lohnen die Angebote bei so hoher Inflation? Was leisten Vermittlungsportale? Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen zur Zinswende.

Warum steigen die Zinsen?

Eine Ära stetig sinkender Zinsen geht zu Ende. Seit 2008, als es noch gut vier Prozent für ein zweijähriges Festgeld gab, sind die Zinsen für Spareinlagen kontinuierlich gesunken. Erst seit diesem Frühjahr zeichnet sich die Zinswende ab. Die Zen­tralbanken in Europa und den USA haben ihre ultralockere Geldpolitik beendet, um die Inflation einzudämmen. Nicht nur die Sparzinsen steigen, auch die Negativzinsen wurden abgeschafft.

Nach einer Auswertung des Vergleichsportals Verivox haben das mehr als 80 Prozent aller betroffenen Banken bereits getan. Die Hamburger Sparkasse verlangt seit dem 22. Juli keine Negativzinsen mehr. Die Sparer von Postbank, Norisbank und Deutscher Bank mussten sich bis zum 15. August gedulden. „Das Ende der Negativzinsen ist besiegelt“, sagt Maier.

Für welchen Zeitraum gibt es die höchsten Zinsen?

Das Zinsbarometer (siehe Grafik) zeigt, dass es bei den ausländischen Banken bis zu einem Anlagezeitraum von fünf Jahren die höchsten Zinsen gibt. So entrichtet die italienische Bank Banca CF für fünf Jahre 2,50 Prozent, während für den gleichen Anlagezeitraum die Ford-Money-Bank nur 2,0 Prozent zahlt.

Ab sechs Jahre Anlagedauer nehmen die Zinsen in der Regel bei den ausländischen Banken wieder ab. Bei den Instituten mit deutscher Einlagensicherung werden dagegen die höchsten Zinssätze erst bei einer Anlagedauer von zehn Jahren erreicht: mit einem Festzinsangebot von 2,15 Prozent der Bausparkasse Mainz.

Wie lange sollte man sich binden?

Fünf oder gar zehn Jahre sind ein sehr langer Zeitraum, zumal die Zinsen für diese Anlagezeiträume noch relativ niedrig sind. „Bis zu drei Jahre ist vertretbar, länger würde ich mich nicht binden“, sagt Sandra Klug, Geldexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg. Es komme auch immer darauf an, wann das Geld wieder zur Verfügung stehen soll. In einer wirtschaftlich unsicheren Zeit wie jetzt befürwortet sie eher kürzere Anlagezeiträume.

Denn auch bei einem Anlagezeitraum von drei Jahren liegt der Höchstzins bei ausländischen Banken schon bei 2,50 Prozent. Empfehlenswert ist, das Geld auf mehrere Anlagezeiträume aufzuteilen, etwa ein, zwei und drei Jahre. „Eine solche Zinstreppe ist eine gute Idee“, sagt Klug. Nach zwölf Monaten ist dann das erste Geld schon wieder verfügbar und kann eventuell zu noch höheren Zinsen wieder angelegt werden. Sind die Zinsen bis dahin wieder gesunken – was auch nicht auszuschließen ist –, hat man wenigstens noch zwei längerfristige Anlagen mit höheren Zinsen.

Allerdings müssen Sparer neben der Zinshöhe auch auf die Mindestanlagehöhe achten. Die ausländischen Institute Illimity und Pay Ray verlangen immerhin mindestens 5000 Euro, die deutsche SWK Bank sogar 10.000 Euro Mindestanlage. Weniger Hürden baut in diesem Punkt die Ford-Money-Bank mit einer Mindestanlage von 500 Euro auf.

Wie unterscheiden sich die Zinsangebote in den Tabellen?

Grundsätzlich bieten ausländische Banken höhere Zinsen als Institute mit deutscher Einlagensicherung. Die meisten ausländischen Banken sind nur über die Vermittlungsportale Weltsparen und Zinspilot zu erreichen. Die höchsten Zinsen für einen Anlagezeitraum von drei Jahren mit 2,50 Prozent gibt es bei der litauischen Bank Pay Ray und dem italienischen Institut Illimity. Litauen hat ein deutlich besseres Länderrating als Italien, wenn es um die Sicherheit der Anlage geht. Wer diese Angebote nicht möchte, orientiert sich an den unteren Zinsangeboten, die direkt bei den Banken abgeschlossen werden können und der deutschen Einlagensicherung unterliegen. Die höchsten Zinsen gibt es hier bei der Ford-Money-Bank mit 1,80 Prozent für drei Jahre.

Was ist mit der Sicherheit der Einlagen?

Grundsätzlich greift die europäische Einlagensicherung bei allen Banken, die in Deutschland ihre Sparofferten anbieten. Im Pleitefall einer Bank sind 100.000 Euro pro Anleger geschützt. Banken mit deutscher Niederlassung haben zum Teil noch eine höhere Absicherung, weil sie außerdem dem Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken angehören.

Pro Kunde sind dann Einlagen in Millionenhöhe abgesichert. Grundsätzlich gilt aber: Mit dem Zins steigt auch das Risiko, aber an der Verbesserung der europäischen Einlagensicherung wird stetig gearbeitet. Einen guten Überblick über alle Zinsangebote und die Länderratings gibt es auf den Vergleichsportalen www.fmh.de und www.kritische-anleger.de im Internet.

Ist Tagesgeld wieder attraktiv?

Die Zinsen für Tagesgeld, über das der Sparer jederzeit verfügen kann, orientieren sich stark am Leitzins der EZB, der aktuell bei 0,50 Prozent liegt. Deutsche Institute bieten etwa nur halb so hohe Zinsen. Die Merkur Privatbank zahlt erstmals seit September 2019 wieder einen Guthabenzins von 0,25 Prozent auf das Tagesgeld. Es gibt zwar einige Tagesgeldofferten mit höheren Zinsen wie bei der Consorsbank mit 0,50 Prozent. Aber der Zins gilt nur für sechs Monate und sinkt dann auf null Prozent.

Höhere Konditionen wird es erst mit weiteren Zinserhöhungen der EZB geben, denn die höchsten Tagesgeld-Zinsen liegen jetzt schon bei rund 0,50 Prozent (FMC Bank aus Malta). „Doch gerade jetzt ist ein Tagesgeldkonto zur Liquiditätssicherung wichtig, um unvorhergesehene Ausgaben decken zu können oder für höhere Energierechnungen anzusparen“, sagt Verbraucherschützerin Klug.

Lohnen Sparanlagen bei der hohen Inflation überhaupt?

Trotz steigender Zinsen haben Sparer in der aktuellen Lage keinen Grund zum Jubeln. „Aufgrund der hohen Teuerungsrate verliert das Ersparte auf dem Tages- oder Festgeldkonto kontinuierlich an Wert“, sagt Maier. „Selbst die zinsstärksten Angebote gleichen die Inflation bei Weitem nicht aus.“ Dennoch sollte man sich die Zinserträge nicht entgehen lassen.

Für den Teil der Ersparnisse, der langfristig investiert werden kann, sollten Anleger ergänzend aber auch eine Geldanlage an der Börse in Erwägung ziehen. Wer in einen breit gestreuten Index wie den MSCI World investiert und seine Anteile mindestens 15 Jahre lang gehalten hat, war zumindest am Ende des Anlagezeitraums noch nie im Minus und durfte sich im historischen Durchschnitt über mehr als sieben Prozent Rendite im Jahr freuen.

Wie arbeiten Vermittlerportale?

Einige Angebote aus den Tabellen wie bei der Banco do Brasil mit Niederlassung in Österreich oder der estnischen IN Bank können nicht direkt über die Internetseite der Bank, sondern nur über die Vermittlerportale Weltsparen aus Berlin und Zinspilot aus Hamburg, die fusioniert haben, abgeschlossen werden. Bei diesen Vermittlerplattformen gibt es Tages- und Festgeldangebote von sehr vielen vorwiegend ausländischen Banken aus Europa. Die Zinsen sind deutlich höher als bei Filial- und Direktbanken in Deutschland. Der Kunde muss sich registrieren und eröffnet ein Verrechnungskonto bei einer deutschen Bank, mit denen die Portale zusammenarbeiten.

Von dort wird dann das Geld an die Bank überwiesen, bei der angelegt werden soll – und nach Ablauf fließt es wieder auf das Verrechnungskonto zurück. Der Vorteil ist, dass sich der Kunde nicht für jedes neue Zinsangebot legitimieren muss. „Weltsparen arbeitet ausschließlich mit voll lizenzierten Finanzinstituten zusammen, die der Einlagensicherung unterliegen und sowohl der jeweiligen Bankenaufsicht des Landes, als auch weiteren Kontrollgremien unterliegen“, sagt eine Unternehmenssprecherin.