Hamburg. Die Entlastungen, die der Staat Reedereien gewährt, führen zu drastischen Mindereinnahmen bei der Stadt. Linke spricht von “Skandal“.

Noch am Wochenende hatte sich Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) im Abendblatt-Interview darüber gefreut, dass die Traditionsreederei Hapag-Lloyd die Stadt finanziell stütze. Denn durch die „herausragende Dividende“ in Höhe von mehr als 800 Millionen Euro, die die Reederei auf den knapp 15-prozentigen Anteil Hamburgs ausschütte, könnten Verluste im Haushalt kompensiert werden. Doch zumindest die Linke in der Bürgerschaft will sich hier nicht so richtig mitfreuen. Sie beklagt vielmehr, dass der Hansestadt fast zwei Milliarden Euro entgangen sind.

Grund sind die hohen Steuerentlastungen, die der Staat Reedereien wie Hapag-Lloyd gewährt. Würde das Schifffahrtsunternehmen nämlich wie andere Wirtschaftsbetriebe besteuert, könnte Hamburg 2,8 Milliarden Euro einnehmen, anstatt nur der 800 aus der Dividende, so die Linke. Sie fordert die Abschaffung der sogenannten Tonnagesteuer für Reedereien.

Hafen Hamburg: Reedereien besonders besteuert

Diese wurde bereits vor mehr als zwei Jahrzehnten eingeführt, um die Branche zu stärken. Seitdem werden Reedereien nicht mehr nach ihren Gewinnen besteuert, sondern nach der Nettoraumzahl, also der Größe ihrer Schiffe. In wirtschaftlich guten Zeiten bedeutet das einen wahren Geldsegen für Reeder. Und Hapag-Lloyd erlebt gerade wirtschaftlich herausragende Zeiten. Das Unternehmen hat aufgrund der hohen Transportpreise im vergangenen Jahr einen Gewinn vor Steuerabzug (Ebit) von 9,4 Milliarden Euro erwirtschaftet, darauf aber nur 61,3 Millionen Euro Steuern bezahlt. Das sind gerade einmal 0,65 Prozent des Gewinns.

„Diese Zahlen offenbaren einen himmelschreienden Skandal“, sagt der Hafenexperte der Linksfraktion, Norbert Hackbusch. Er rechnet vor: „Bei einem in der Hansestadt ansässigen Unternehmen fallen folgende Abgaben an: 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag, 15 Prozent Körperschaftssteuer, 16,5 Prozent Gewerbesteuer. Das macht in Summe knapp 3,5 Milliarden Steuern, davon 2,256 Milliarden Euro für Hamburg.“

Hafen Hamburg: "Tonnagesteuer muss abgeschafft werden"

Die Dividende, die das Unternehmen seinen Anteilseignern zahlt, würde dadurch natürlich geringer ausfallen, aber selbst dann käme die Stadt noch auf Einnahmen in Höhe eben jener 2,8 Milliarden Euro. Da Hapag-Lloyd für 2022 sogar mit einer Verdoppelung des Gewinns rechnet, könnte die Summe der Steuereinnahmen bei einer normalen Besteuerung dann sogar auf vier Milliarden Euro für Hamburg steigen, so Hackbusch. Das sei nur das Beispiel eines Hamburger Schifffahrtsunternehmens. Dabei würden noch andere Betriebe von der Tonnagesteuer profitieren.

„Es ist an der Zeit, in Deutschland und allen anderen europäischen Ländern die ungerechte Tonnagesteuer endgültig abzuschaffen“, so der Hafen- und Finanzexperte Hackbusch. „Derzeit sehen wir leider Tendenzen, die Tonnagesteuer, die ursprünglich nur für Schiffe vorgesehen war, auf Hafenterminals auszuweiten. Der umgekehrte Weg wäre richtig. Hamburg muss sich an die Spitze einer europaweiten Bewegung stellen, um die Tonnagesteuer ganz abzuschaffen.“