Hamburg. Zwei Geldinstitute aus Hamburg gehören zu den Vorreitern: Sie haben den Negativzins auf Einlagen bereits komplett gestrichen.

Im Herbst 2014 erregte die bis dahin kaum bekannte Deutsche Skatbank bundesweit Aufsehen: Als erstes Geldhaus in Deutschland führte die Online-Tochter der VR-Bank Altenburger Land aus Thüringen einen Negativzins auf Tagesgeld ein. Doch nun gehört sie zu den ersten Instituten, die den Strafzins ganz oder teilweise wieder abschaffen und damit einer entsprechenden Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) vorgreifen: Bei der Deutschen Skatbank muss man jetzt nur noch bei Einlagen von mehr als einer Million Euro ein sogenanntes Verwahrentgelt zahlen.

Andere Finanzhäuser wie die ING, die Degussa Bank oder die Oldenburgische Landesbank haben den Freibetrag oder die Freigrenze auf 500.000 Euro angehoben und damit einen Großteil der bisher betroffenen Sparer entlastet. Laut ING entfallen die Negativzinsen seit dem 1. Juli für 99,9 Prozent der Kunden.

Finanzen: Hamburger Banken haben Strafzinsen abgeschafft

Aber bei einigen anderen Wettbewerbern ist der Strafzins schon komplett weggefallen. Darunter sind zwei genossenschaftlich organisierte Institute aus Hamburg: Die PSD Bank Nord berechnet nach eigenen Angaben keine Negativzinsen mehr, die Sparda-Bank Hamburg auch nicht.

Die Abschaffung des Verwahrentgelts auf Giro- und Tagesgeldkonten zum 1. Juli begründete Stephan Liesegang, der Vorstandsvorsitzende der Sparda-Bank Hamburg, mit diesen Worten: „Wir gehen davon aus, dass die Europäische Zentralbank in Kürze die Leitzinsen erhöhen wird. Im Sinne unseres Förderauftrags als Genossenschaftsbank ist es uns wichtig, unsere Kundinnen und Kunden frühzeitig an dieser positiven Entwicklung teilhaben zu lassen.“ Die Bank hatte den Negativzins auch erst relativ spät – Anfang des Jahres 2021 – für Privatkunden eingeführt.

„Immer mehr Banken verabschieden sich von Negativzinsen"

Erhebungen des Online-Vergleichsportals Verivox zufolge haben per Mitte Juli bereits rund 50 Banken ihre Verwahrentgelte ganz oder teilweise wegfallen lassen. „Immer mehr Banken verabschieden sich von den Negativzinsen, ein historisches Zinsphänomen geht zu Ende“, sagt Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH.

Andererseits weisen laut Verivox noch immer 426 Banken Negativzinsen für Privatkunden aus. Das Verbraucherportal biallo.de nennt sogar eine Zahl von 582 Banken. Im Unterschied etwa zur Volksbank Bremerhaven-Cuxland gehört jedoch die Hamburger Volksbank weiter dazu. „Wir werden uns an den EZB-Zinsentscheidungen orientieren und die Verwahrentgelte entsprechend anpassen“, heißt es dort.

Eine weitere Zinsanhebung steht an

Am Finanzmarkt geht man davon aus, dass die Notenbank an diesem Donnerstag damit beginnt, ihre bereits angekündigte Zinswende konkret umzusetzen: Der wichtigste EZB-Leitzins, der sogenannte Hauptrefinanzierungssatz, dürfte auf 0,25 Prozent hochgesetzt werden. Er steht seit März 2016 bei null Prozent. Auch der sogenannte Einlagenzins, derzeit bei minus 0,5 Prozent, wird voraussichtlich erhöht, aber wohl noch negativ bleiben. Dieser Zins bestimmt, wie viel Geld die Banken bekommen – oder zahlen müssen –, wenn sie überschüssige Liquidität kurzfristig bei der EZB parken. Der negative Einlagenzins dient den Finanzinstituten als Rechtfertigung ihrer eigenen Strafzinsen.

Nach der Sommerpause, im September, steht angesichts der aktuell enorm hohen Inflationsraten eine weitere Zinsanhebung an. Dann dürfte der Einlagensatz mindestens auf Null gesetzt werden. In den USA und Großbritannien hatten die dortigen Notenbanken die Leitzinsen bereits vor Monaten deutlich erhöht.

Haspa will Anhebung der Zinsen an Kunden weitergeben

Wie die Hamburger Volksbank hat auch die Haspa angekündigt, die Beschlüsse der EZB unmittelbar mit Wirkung für die eigenen Kunden nachzuvollziehen. „Die Haspa wird die für den 21. Juli erwartete Anhebung der Zinsen für Einlagen durch die EZB direkt an ihre Kunden weitergeben und ihre Konditionen beim Verwahrentgelt automatisch anpassen“, sagt Stefanie von Carlsburg, Sprecherin der Sparkasse. „Wenn die EZB wie angekündigt im September den Strafzins abschafft, wird auch die Haspa ihre Verwahrentgelte beim Girokonto umgehend ganz abschaffen“, heißt es weiter.

Stephan Liesegang, Vorstand Sparda Bank.
Stephan Liesegang, Vorstand Sparda Bank. © Unbekannt | David Maupilé

Zwar gehört die Haspa beim Abschied vom Strafzins nicht zu den Vorreitern. Im Hinblick auf die Sparkonditionen ist sie aber weit vorn mit dabei. So haben die Hamburger die Zinsen für Festgeldanlagen bereits Ende April spürbar angehoben. Für einen Anlagezeitraum von drei Jahren stiegen die Zinsen von 0,20 auf 0,70 Prozent pro Jahr. Für Fünfjahresfestgeld legte der Zins auf 1,10 Prozent zu – selbst aktuell beträgt der bundesweite Durchschnittswert für vergleichbare Sparanlagen, ermittelt von der FMH-Finanzberatung, erst 0,81 Prozent.

Festgeldzinsen mehr als verdreifacht

Laut Verivox haben sich die Festgeldzinsen seit Anfang April inzwischen mehr als verdreifacht. In der Spitze würden nun bis zu 1,3 Prozent Zinsen für Spargelder mit zwei Jahren Laufzeit gezahlt. Zu Beginn des zweiten Quartals hätten selbst Top­angebote nur 0,41 Prozent gebracht.

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Auch wenn Negativzinsen in absehbarer Zeit kein Thema mehr sein dürften, sollten Bankkundinnen und Bankkunden nicht zu viel Geld auf dem Tagesgeld- oder Girokonto parken, rät Maier. Denn dort bringe das Ersparte wenig oder gar keine Zinsen. Zugleich verliere das Geld durch die „galoppierende Inflation“ massiv an Wert. Für das Gesamtjahr 2022 rechne die Deutsche Bundesbank mit einer Inflationsrate von 7,1 Prozent. Bei dieser Teuerung würden 10.000 Euro unverzinst auf dem Girokonto in einem Jahr um 663 Euro an Wert verlieren.

Finanzen: Inflation ersetzt Negativzinsen

Nach Einschätzung von Horst Biallo, Gründer und Geschäftsführer von biallo.de, haben die Banken bisher die Strafzinsen als eine Art „Hebel“ benutzt, um den Kunden als Alternative lukrative Finanzprodukte zu verkaufen. Nun könnte die Inflation für diesen Zweck an die Stelle der Negativzinsen treten.