Hamburg. Reiseanbieter Tui will im September neue Angebote für diese Zielgruppe vorstellen. Preise für Urlaub ziehen stark an.
Am Schaufenster des L’Tur Reiseshops in der Hamburger Innenstadt machen Bilder von glücklichen Paaren am von der Sonne beschienenen Strand Lust auf Urlaub. Unter dem Slogan „Nix wie weg“ listet der Last-Minute-Anbieter Preisbeispiele auf. Eine Woche im Doppelzimmer im türkischen Belek kostet 859 Euro. Drei Tage Barcelona mit Unterkunft und Flug ab Fuhlsbüttel werden ab 509 Euro angeboten.
Auch exotische Ziele wie Mexiko oder Indonesien sind nach langer Pandemie-Pause wieder im Programm. Dazu kommt: Viele Anbieter wie Tui, Alltours oder DER legen besondere Angebote für Langzeiturlauber auf – denn immer mehr Kunden überlegen, im wärmeren Süden zu überwintern, um daheim Energiekosten zu sparen.
Urlaub: Hamburger zieht es in die Ferne
Insgesamt ist der Markt geprägt von mehreren Strömungen; die Bedenken wegen Corona schwinden allmählich, der Ärger an den Flughäfen und die Sorgen vor der Inflation lassen aber so manches Fernweh wieder in den Hintergrund treten. Die Frage ist, ob Zuversicht oder Pessimismus in dem Markt überwiegen.
Wie ist die Lage insgesamt in der Reisebranche? Wie entwickelt sich die Lust der Hamburger auf Urlaub? Was buchen die Kunden? Wie entwickeln sich die Preise? Das Abendblatt fragte nach bei Veranstaltern und Reisebüros.
Urlaub: Wie ist die Buchungslage?
„Noch eher gut, aber nicht ausreichend“, sagt Christian Müller von CM-Reisen in Heimfeld. Ukrainekrieg und Inflationsängste verunsicherten viele Reisewillige, das eigentlich gut gestartete Jahr komme ein wenig ins Stocken. „Die meiste Arbeit entsteht durch Flug-Unregelmäßigkeiten und durch immer noch unverhältnismäßig schlechte Erreichbarkeit von Fluglinien und Veranstaltern“, sagt der Geschäftsführer des Reisebüros im Hamburger Süden über seine aktuelle Situation.
„Insbesondere in den vergangenen Wochen ist die Nachfrage weiterhin stark und liegt durchgängig über dem Niveau von 2019“, sagt Aage Dünhaupt, Sprecher des größten deutschen Veranstalters Tui. Es gebe kaum ein Segment oder ein Ziel, das aktuell nicht nachgefragt werde. „Wir holen damit rasant auf und sind mehr als zuversichtlich, dass wir in diesem Jahr ein Sommergeschäft sehen, das an 2019 herankommt“, so Dünhaupt.
„Die Buchungslage liegt bei uns seit Wochen auf einem konstant hohen Niveau“, sagt Murat Kizilsac, Geschäftsführer der Anex Gruppe mit den Marken Bucher, Anex, Neckermann und Öger Tours. „Und wir sehen auch in den vergangenen vier Wochen keinerlei Rückgang bei den Buchungen.“ Beim Lufthansa City Center ist die Buchungslage „sehr gut“, sagt Bettina Heinz von dem Reisebüro im Kontorhausviertel. Es gebe sehr viele kurzfristige Anfragen, da die Kunden noch immer eine langfristige Planung scheuten.
Günstig Urlaub machen? Das sollten Sie beachten
Die Branche rät von spontanen Buchungen ab. „Unsere dringende Empfehlung lautet, längerfristig zu planen“, rät Bettina Heinz vom Lufthansa City Center. „Knappe Verfügbarkeiten, besonders bei den Flügen, machen kurzfristige Buchungen oft schwierig“. Zudem könnten Kunden bei Pauschalreisen sparen. „Aktuell sind viele Veranstalterreisen günstiger als einzelne Flüge oder Hotels, denn es gibt auch jetzt noch Pauschalreisen in den Systemen, deren Preise bereits im vergangenen Jahr ausverhandelt wurden“, berichtet Tui-Sprecher Dünhaupt.
Urlaub und hohe Energiekosten – passt das?
Ja, denn es zeichnet sich ein Trend ab, um womöglich auch die steigenden Gasrechnungen zu umgehen. „Die Langzeitbuchungen ziehen an“, sagt Tui-Sprecher Dünhaupt. Für Menschen, die etliche Wochen oder die gesamte Wintersaison in der Sonne verbringen wollen, plant die Tui dementsprechend neue, eigene Angebote. Die Modelle sollen im September vorgestellt werden. Auch bei DER Touristik ist die Beliebtheit des Langzeiturlaubs gestiegen. „Bereits bei den Sommerbuchungen hat sich gezeigt, dass die Menschen einen immensen Nachholbedarf an Reisen haben. Das wird sich im Winter fortsetzen. Wer es zeitlich einrichten kann, der wird länger im Ausland verweilen und dort Vorteile wie ein mildes Klima und geringere Nebenkosten nutzen“, sagt Ingo Burmester, Chef der DER Touristik Zentraleuropa.
Die beliebtesten Ziele bei den Gästen der DER Touristik seien die Kanaren, Mallorca, Portugal, die Türkei, Tunesien, Ägypten und Thailand. Hier seien die Hotels und Apartments bestens auf Langzeiturlauber vorbereitet: Viele Unterkünfte böten Varianten wie Zimmer ohne Verpflegung oder All Inclusive mit Langzeit-Vorteilspreisen an. Beispiele: 40 Euro pro Nacht kostet etwa ein Aufenthalt ab 21 Tagen in den Apartments San Nicolas auf Gran Canaria.
Auf der portugiesischen Insel Madeira bieten laut DER die Sentido-Hotels Galosol und Galomar gute Bedingungen für eine längere Auszeit. Die beiden Hotels, die nebeneinander spektakulär auf einer Felsklippe über dem Atlantik liegen, aber auch über einen direkten Zugang zum Meer verfügen, locken Dauergäste mit einer Ermäßigung von 30 Prozent.
„Langzeiturlaub in der Türkei ist ein Reise-Klassiker, der im Vergleich zu den Vorjahren wieder deutlich stärker nachgefragt ist“, berichtet Öger-Tours-Produktchef Altan Tarakci über die Entwicklung.
„Die Türkei bietet auch im Winter eine hohe Hotelqualität, ein mildes, mediterranes Klima, viele Aktivitäten und das alles zu einem unschlagbaren Preis-Leistungs-Verhältnis“, wirbt der Manager für die Destination am Mittelmeer. Bei einem achtwöchigen Aufenthalt koste ein gutes Vier-Sterne-Hotel mit Halbpension umgerechnet 22 Euro am Tag.
Wie sind die Preise grundsätzlich?
Das CM Reisebüro in Heimfeld beobachtet eine starke Verteuerung. „Man hat das Gefühl, dass sich die Fluglinien und Veranstalter gar nicht so unwohl in der Lage fühlen: weniger Angebot, dies aber zu hohen Preisen“, sagt Geschäftsführer Müller und begründet seinen Eindruck: „Die Preise sind seit einigen Wochen hoch, egal, worum es geht. Kaum Last Minute, keine vernünftigen Restplatzangebote. Selbst ein Wochenendflug nach Frankfurt kann schon um die 500 Euro kosten.“
Auch das Reisebüro Lufthansa City Center bestätigt den Trend: „Die Preise sind gestiegen – sowohl für die Flüge als auch in den Hotels. Besonders für Familien wird der Urlaub in diesem Jahr leider teurer“, sagt Bettina Heinz von dem Büro, das auch unter ATPI Hamburg firmiert.
Preiserhöhungen in der Zukunft zu erwarten
Die allgemeinen Preissteigerungen schlügen noch nicht in vollem Umfang auf Pauschalreiseangebote der Tui durch, sagt Firmensprecher Dünhaupt. Der Grund: Die Verträge mit Hotels und Airlines für den Sommer wurden schon vorher unter Dach und Fach gebracht. In Zukunft ändere sich die Lage: Sollten diese Kontingente ausgeschöpft sein, sagt der Tui-Sprecher, werde zu tagesaktuellen Kursen abgerechnet und gestiegene Treibstoff- und Lebensmittelpreise könnten sich entsprechend bemerkbar machen. „Höhere Preise von bis zu zehn Prozent in diesem Segment werden keine Seltenheit sein“, fasst Dünhaupt zusammen.
Beim Veranstalter Anex mit den Marken Bucher, Anex Tour, Neckermann und Öger Tours heißt es, die Preise für den Sommer seien stabil, und es gebe aktuell viele Last-Minute-Angebote. „Für den kommenden Winter sind aber Preiserhöhungen von fünf bis zehn Prozent zu erwarten“, schätzt Chef Murat Kizilsac.
Urlaub: Welche Ziele sind beliebt?
„Spanien rauf und runter, und Griechenland“, sagt Christian Müller von CM-Reisen über begehrte Ziele. „Und endlich wieder die USA, Australien und Neuseeland und natürlich Deutschland, hier meist Nord- und Ostsee.“ Bei Anex, die mit dem Hamburger Veranstalter Öger Tours einen Türkei-Spezialisten im Portfolio haben, ist der Spitzenreiter im Länderranking die Türkei, es folgen Spanien und Griechenland. „Insbesondere die Türkische Riviera, Mallorca und die großen griechischen Inseln, aber auch die Westtürkei und die Costa Brava haben hohe Zuwächse erzielen können“ sagt Kizilsac.
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Bei der Tui ist die Lage ähnlich. „Besonders gefragt sind die etablierten Reiseziele rund ums Mittelmeer“, sagt Dünhaupt. Vor allem die Türkei zünde den Turbo: Antalya habe sich auf Platz zwei hinter Mallorca geschoben. Hier plane Tui mit 1,5 Millionen Gästen konzernweit sogar ein Wachstum im Vergleich zu 2019.